Hamburger Hafen Kompromiss soll Cosco-Einstieg ermöglichen
25. Oktober 2022Im Streit um den Einstieg des chinesischen Staatskonzerns Cosco bei einem Hamburger Hafen-Terminal bahnt sich eine Lösung an. Die Ministerien haben sich laut Medienberichten darauf verständigt, dass Cosco weniger Anteile und damit weniger Einfluss bekommen soll.
Innerhalb der Bundesregierung zeichnet sich nach übereinstimmenden Medienberichten ein Kompromiss im Streit über die mögliche Beteiligung der staatlichen chinesischen Reederei Cosco an einem Container-Terminal in Hamburg ab.
Demnach sollen sich die beteiligten Bundesministerien darauf verständigt haben, dass Cosco statt der bislang vorgesehenen 35 Prozent nur 24,9 Prozent an der Betreibergesellschaft des Terminals Tollerort, HHLA, übernehmen darf. Der Konzern könnte dann als Minderheitsaktionär formal keinen inhaltlichen Einfluss auf die Geschäftsführung ausüben. So möchte offenbar das Kanzleramt, das den Cosco-Einstieg zuletzt gegen den Widerstand aller Fachministerien befürwortete, die geplante Beteiligung ermöglichen.
Ob das Thema morgen im Kabinett behandelt wird, ist unklar. Ohne Kabinettsbeschluss würde die Prüffrist Ende Oktober auslaufen und Cosco einen 35-Prozent-Anteil kaufen können.
Weiter viele kritische Stimmen
Mehrere Ressorts hatten zuletzt für eine Ablehnung plädiert. Das Wirtschafts- und das Außenministerium sollen gestern nochmal klar gemacht haben, dass sie auch eine kleinere Beteiligung Coscos nicht für eine gute Lösung halten. Auch aus den Ampel-Fraktionen sowie der CDU hagelte es Kritik – unter anderem von Grünen-Chef Omid Nouripour.
„Es müsse eigentlich selbstverständlich sein, dass ein solcher Deal untersagt werde“, so Nouripour. Er bezog sich dabei auf die Erfahrung mit dem Problem beim Gas aus Russland. Es müsse jetzt endlich verstanden werden, dass kritische Infrastruktur nicht einfach an ein Land verkauft werden dürfe, „von dem wir alle wissen, dass es ohne mit der Wimper zu zucken bereit ist, unsere Abhängigkeit auch politisch auszunutzen“, so der Grünen-Chef.
Der Vorsitzende des Europaausschusses im Bundestag, Anton Hofreiter, bestätigte im ARD-Morgenmagazin, dass der Vorschlag mit einer geringeren Cosco-Beteiligung in der Debatte sei – er ihn aber kritisch bewerte. „Wir wissen, dass strategische Investoren selbst mit einem Anteil von zwei oder drei Prozent schon sehr großen Einfluss in Firmen gewinnen können.“ Außerdem ermögliche eine Beteiligung Zugang zu Informationen.
Es sei kritisch, dass ein diktatorisches Regime sich mit Hilfe von Staatskonzernen in Infrakstruktur einkaufe. „Wir sehen beim Hafen von Piräus, der komplett an China verkauft ist, welchen Einfluss China dort nimmt“, so der Grünen-Politiker.
FDP-Vizechef Johannes Vogel sagte der „Wirtschaftswoche“, dass es jetzt nicht zu einer Sperrminorität komme, sei ein Schritt in die richtige Richtung. „Aber wir müssen verstehen, dass wir es im Fall von China mit einem System zu tun haben, das in fundamentalen Fragen anders tickt als wir. Da darf es keine Naivität und keine Schwäche geben.“ Vogel forderte ein „Stoppschild“ für China und eine gemeinsame europäische Hafenstrategie, damit die großen Häfen nicht länger gegeneinander ausgespielt werden könnten.
Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Agnes Strack-Zimmermann, nannte den Kompromiss einen weiteren folgenschweren Fehler in Zeiten großer Ungewissheit. „Der biegsame Rücken gehört ins Hamburg Ballett, nicht in den Hamburger Hafen.“
Hamburg und Schleswig-Holstein hoffen auf Deal
Die Stadt Hamburg und Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther plädieren für einen Einstieg von Cosco. Die mehrheitlich der Hansestadt gehörende HHLA verspricht sich eine Stärkung des größten deutschen Seehafens, der in der Vergangenheit Boden gegenüber den größeren Konkurrenten Rotterdam und Antwerpen verloren hatte.
Cosco betreibt auch die weltweit viertgrößte Reederei, deren Containerschiffe bereits seit 40 Jahren von der HHLA abgefertigt werden. Der Konzern will im Gegenzug zu der Beteiligung das Container-Terminal zu einem bevorzugten Umschlagpunkt in Europa machen.
Bundeskanzler Olaf Scholz plant nächste Woche eine Reise nach China. Er hatte am Freitag beim EU-Gipfel Kritik an einer möglichen chinesischen Beteiligung zurückgewiesen.