Vor Bund-Länder-Treffen Kompromisssignale bei Kostenverteilung

Vor Bund-Länder-Treffen Kompromisssignale bei Kostenverteilung

2. November 2022 Aus Von mvp-web
Stand: 02.11.2022 08:02 Uhr

Gaspreisbremse, 49-Euro-Ticket, Wohngeld oder Flüchtlingsversorgung: Vor dem Bund-Länder-Gipfel ist der Druck groß, diesmal zu einer Einigung zu kommen. Beide Seiten geben sich vorsichtig optimistisch.

Am Vormittag beraten die 16 Regierungschefinnen und -chefs der Länder unter sich, am Nachmittag kommen sie mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zusammen. Einfach dürften die Verhandlungen zwischen Bund und Ländern über milliardenschwere Entlastungen nicht werden. Denn strittige Themen gibt es einige: die Strom- und Gaspreisbremse, die Wohngeldreform, das 49-Euro-Nahverkehrsticket sowie die Kostenverteilung bei der Unterbringung von Flüchtlingen.

Gestern schickte das Kanzleramt eine Beschlussvorlage an die Länder. Beim vorangegangenen Treffen Anfang Oktober waren Bund und Länder ohne Einigung auseinander gegangen. Unmittelbar vor den heutigen Beratungen meldeten sich mehrere Regierungschefs nun mit ihren Forderungen, aber auch mit Kompromisssignalen zu Wort.

 01.11.2022
Beschlussvorlage für die Länder Gaspreisbremse schon ab Februar?

Vor den Beratungen mit den Ländern hat das Kanzleramt vorgeschlagen, die Gaspreisbremse schon ab Februar gelten zu lassen.

 

Wüst: “Krise braucht Klarheit”

“Die Menschen erwarten, dass wir Ergebnisse liefern”, sagte Nordrhein-Westfalens Regierungschef Hendrik Wüst im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF. “Krise braucht Klarheit und ich bin zuversichtlich, dass wir auch Ergebnisse liefern werden”, so der CDU-Politiker. Im Vergleich zu der letzten Runde im Oktober sei man nun gut vorbereitet.

Streitpunkte gebe es aber weiterhin, sagte Wüst, zum Beispiel bei Zuschüssen von Öl- oder Pelletheizungen: “Da erkennt der Bund jetzt immerhin an, dass da ein Problem ist und will Härtefalllösungen. Man muss allerdings nochmal ganz genau hinschauen, wie viele Menschen davon wann profitieren.” Allein in seinem Bundesland NRW habe ein Viertel der Menschen Ölheizungen.

Dreyer: Bund und Länder müssen an einem Strang ziehen

Auch die rheinland-pfälzische Regierungschefin Malu Dreyer schlug diplomatische Töne an: “Die Bundesregierung hat mit drei Entlastungspaketen sowie einem 200 Milliarden Euro schweren Sondervermögen für eine Gaspreisbremse und auch mit den zusätzlichen Mitteln für die Flüchtlingsunterbringung bereits wesentliche Schritte eingeleitet, um die von Russland ausgelösten Belastungen abzumildern”, sagte die SPD-Politikerin dem Redaktionsnezwerk Deutschland (RND): “Maßgeblich ist, dass Bund und Länder hier an einem Strang ziehen.” Sie sei aber zuversichtlich, dass Bund und Länder zu einem tragfähigen Kompromiss bei der Kostenverteilung kommen.

Der hessische Ministerpräsident Boris Rhein sieht dagegen die Ampelkoalition in Berlin in der Pflicht. “Der Bund muss sich am Mittwoch bewegen, damit es eine Einigung geben kann”, sagte CDU-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

FDP-Fraktionsvize Christoph Meyer erwartet dagegen “von den Ministerpräsidenten, dass die Länder ihren Widerstand gegen ihren Anteil an der Finanzierung des dritten Entlastungspakets endlich aufgeben”. Die Länder taktierten und entzögen sich trotz hoher Steuereinnahmen ihrer Verantwortung – während Bürger und Unternehmen dringend auf Entlastungen angewiesen seien, sagte Meyer der Nachrichtenagentur dpa.

 01.11.2022
Bund-Hilfe für Länder und Kommunen Milliarden für die Flüchtlingsversorgung

Das geht aus einem Entwurf für die morgige Ministerpräsidentenkonferenz hervor.

 

 

Bundesweites Ticket für Bus und Bahn rückt näher

Die Bürger dürfte vor allem interessieren, ob sich Bund und Länder endgültig auf ein bundesweites Nahverkehrsticket einigen können. Eigentlich besteht bereits Einigkeit, dass es ein 49-Euro-Ticket geben soll. Doch die Länder machen dauerhaft höhere Zuschüsse vom Bund zur Bedingung. Wie aus der Beschlussvorlage hervorgeht, will der Bund den Ländern nun ein neues Angebot machen.

Kanzler Scholz zeigte sich jedenfalls zuversichtlich. Man habe sich mit den Ländern schon fast auf ein solches “Deutschlandticket” verständigt, sagte der SPD-Politiker gestern bei einem Bürgerdialog im niedersächsischen Gifhorn. Heute sei der Tag, “an dem es dann endgültig gelingen soll.”

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) fordert ein bundesweites Sozialticket für maximal 29 Euro im Monat. “Bundeskanzler und Ministerpräsidenten müssen sich dringend einigen, wie das 49-Euro-Ticket zukünftig finanziert werden soll”, sagte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell zudem. Wichtig sei eine Finanzierungssicherheit bis 2030: Der Ausbau des Öffentlichen Nahverkehrs sei nur mit erheblichen Investitionen in neue Netze, Fahrzeuge und in Personal machbar.

Zankapfel Energiekosten

Kurz vor dem Treffen im Kanzleramt legte die Bundesregierung Pläne für eine Gaspreisbremse vor. Zum einen übernimmt der Staat mit einer Einmalzahlung den Dezember-Abschlag. Außerdem soll der Gaspreis für Privatkunden ab März, möglichst auch rückwirkend zum Februar, gedeckelt werden. Den Ländern ist der März-Termin zu spät – ob es ihnen ausreicht, dass der günstige Preis rückwirkend ab Februar gelten könnte, ist offen.

Thüringens Regierungschef Bodo Ramelow forderte einen Start des Gaspreisdeckels bereits zum 1. Januar. “Gerade bei der Deckelung der Energiekosten ist für die Bürgerinnen und Bürger Verlässlichkeit dringend geboten”, sagte er der “Rheinischen Post” und dem Bonner “General-Anzeiger”. “Es ist unsere gemeinsame Aufgabe, die Sorgen vor Energiearmut zu begrenzen”, so der Linken-Politiker.

Zugleich forderte er eine Regulierung des Ölpreises durch den Bund. “Weder die Spritpreise, noch die Heizölpreise haben irgendwas mit dem Welt-Rohölpreis zu tun. In dieser kriegsbedingten Sondersituation haben auch genügend Konzerne schamlos einfach die Preise erhöht”, sagte Ramelow im rbb24 Inforadio. “Wenn Sie die Quartalszahlen und die Jahresabschlusszahlen der großen Ölkonzerne sich mal anhören, dann kann man doch nur traurig werden, wie schamlos das alles eingesteckt wird.”

Streit auch beim Wohngeld

Strittig ist weiterhin, wie die von der Bundesregierung geplante, deutliche Ausweitung des Wohngelds finanziert werden soll. Bisher wird das Wohngeld je zur Hälfte von Bund und Ländern finanziert, doch die Länder wollen nicht länger mitmachen.

Der Deutsche Städtetag forderte von Bund und Ländern “tragfähige Lösungen, die die Kommunen nicht belasten, sondern entlasten”. “Es geht auch darum, die Leistungskraft der Städte gerade in Krisenzeiten zu erhalten und zu stärken”, sagte der Präsident Markus Lewe dem RND. Er forderte erneut mehr Geld für die Aufnahme von Geflüchteten und den Nahverkehr sowie einen Rettungsschirm für Stadtwerke in Not.

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe: Es brauche eine verbindliche Zusage, dass Bund und Länder den Kommunen “die Kosten für Unterbringung, Versorgung, zusätzliche Kita- und Schulplätze sowie die Integrationsarbeit dauerhaft vollständig finanzieren”.