Landtagswahlen: In MV wird Wählen ab 16 möglich
9. November 2022In Mecklenburg-Vorpommern dürfen bei der nächsten Landtagswahl im Jahr 2026 erstmals alle 16 und 17-Jährigen mitentscheiden. Das Landesparlament hat die Altersuntergrenze für Landtagswahlen am Mittwoch entsprechend gesenkt.
Der Entscheidung waren jahrelange Diskussionen vorausgegangen. Die seit rund einem Jahr regierende rot-rote Landesregierung hatte die Gesetzesänderung schließlich auf den Weg gebracht, die auch in Teilen der Opposition auf Unterstützung stößt. Ziel sei es, jungen Menschen mehr politische Mitsprache zu gewähren, hieß es. FDP und Grüne unterstützten das Vorhaben. Bedenken gegen das Wahlalter mit 16 kamen dagegen von AfD und CDU. Die Volljährigkeit mit 18 sollte an das Wahlrecht gebunden bleiben, so die Christdemokraten. Ein Problem der geplanten Regelung sei, dass 16-Jährige künftig zwar wählen könnten, aber selbst nicht für den Landtag kandidieren dürfen. SPD-Innenminister Christian Pegel (SPD) sagte, man könne der Jugend mehr zutrauen.
Politikwissenschaftler: Keine „Erdrutsch-Veränderungen“
Bei der nächsten Landtagswahl 2026 erhöht sich damit die Zahl der Wahlberechtigten im Nordosten um rund 25.000. Der Politikwissenschaftler Jan Müller von der Universität Rostock geht nicht davon aus, dass dies den Wahlausgang signifikant ändern wird. „Die großen Erdrutsch-Veränderungen werden wir nicht erwarten können“, sagte Müller bei NDR MV Live. Zudem würden nicht alle jungen Menschen auch tatsächlich wählen gehen. Müller sieht in der Herabsetzung des Wahlalters Chancen – für die Jugendlichen, um zu partizipieren und für die Parteien, um mehr auf junge Menschen zuzugehen.
Die Risiken schätzt Müller dagegen als eher gering ein. Das zeigten Erfahrungen aus Argentinien und Österreich, wo Menschen ab 16 bereits wählen können. Eher profitieren dürften laut Müller von der Änderung jene Parteien, die bislang auch schon von jungen Menschen gewählt worden. Das seien in erster Linie die SPD und auch Grüne und die FDP gewesen. CDU und AfD seien dagegen weniger von jungen Menschen gewählt worden. „Aber das wird kaum Einfluss auf veränderte Mehrheiten haben“, so Müller. So homogen würden junge Menschen nicht wählen.
Landesjugendring: Jugendliche können sich als Gestalter verstehen
Johannes Beykirch, der Vorstandssprecher des Landesjugendrings Mecklenburg-Vorpommern, der sich schon seit Jahren für die Herabsetzung des Wahlalters eingesetzt hatte, begrüßte bei NDR MV Live die Entscheidung. „Unsere Hoffnung ist, dass durch die Absenkung des Wahlalters Jugendliche sich als gestaltender Teil der Gesellschaft verstehen. Sie bekommen das Gefühl, Entscheidungen für die Zukunft mittragen zu können“, so Beykirch. Außerdem gebe es ihnen das Gefühl, dass sie und ihre Interessen wahrgenommen würden. „So erfahren sie Selbstwirksamkeit. Und erfahrene oder erlebte Selbstwirksamkeit ist ja grundlegend für die Demokratie-Entwicklung.“
Jugendliche leichter manipulierbar?
Den Einwand, dass 16- und 17-Jährige noch zu unreif seien, um so weitreichende Entscheidungen zu treffen und auch gerade mit Blick auf die sozialen Medien als wesentliche Informationsquelle für Jugendliche, leichter manipulierbar seien, wollte Beykirch nicht gelten lassen. Dies möge auf den ersten flüchtigen Blick ein Argument sein. „Aber wir in der Jugendverbandsarbeit erleben die Jugendlichen ganz anders – als Menschen, die schon durchaus sehr, sehr früh in der Lage sind, eigene Entscheidungen zu treffen, sich zu informieren und Positionen miteinander abzuwägen.“
Wählen ab 16 schon in fünf Bundesländern – weitere wollen folgen
Wählen mit 16 bei Landtagswahlen geht bislang in fünf Bundesländern. Nach Brandenburg, Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein hatte im April Baden-Württemberg das Wahlalter gesenkt. Pläne dazu gibt es auch in Nordrhein-Westfalen, Berlin und Niedersachsen. Die nächste Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern findet turnusmäßig im Herbst 2026 statt. Für Kommunalwahlen liegt im Nordosten – wie in zehn weiteren Bundesländern auch – schon seit längerem das Mindestalter für die Stimmabgabe bei 16 Jahren. Wählbar ist man bei Kommunal-, Landtags- und Bundestagswahlen aber erst mit 18, dem Erreichen der