Entlastungen ab Januar Warum die Preisbremsen kompliziert sind
18. November 2022Eigentlich wollte das Kabinett die Preisbremsen für Gas und Strom heute auf den Weg bringen. Doch die Gesetzespläne sind komplizierter als gedacht. Welche Fragen sind offen – und warum herrscht Zeitnot?
Wer auf die Bremse tritt, der will die Wirkung spüren, und zwar möglichst sofort. Was beim Autofahren so ist – das sollte auch für die Kostenbremse beim Strom und beim Gas gelten. „Die Sorgen für die Bürgerinnen und Bürger und für die Unternehmen über die hohen Energiepreise sind groß – und deshalb müssen wir etwas tun“, sagt Bundeskanzler Olaf Scholz.
Den Anfang macht die Pauschalzahlung von 300 Euro für Studierende und Rentnerinnen und Rentner. Außerdem will der Bund die Monatsrechnung übernehmen für den Gasverbrauch von Haushalten und Unternehmen. Das ist eine Mammutaufgabe, denn die Regierung muss von mehr als 20 Millionen privaten und etlichen tausend industriellen Kunden den Jahresverbrauch ermitteln und diesen dann durch zwölf teilen.
Ungeklärte Fragen bei der Preisbremse
Richtig kompliziert wird es mit der dauerhaften Preisbremse für Strom und Gas im neuen Jahr. „Da gibt es technische Fragen, die zu lösen sind“, sagt Bundesfinanzminister Christian Lindner. Und die haben es in sich: Wie hoch ist der Grundverbrauch, für den der Bund den Preis subventioniert? Wie können die Zahlungsströme zwischen dem Staat, den Netzbetreibern und den Endkunden organisiert werden?
Zurzeit ist geplant, dass der Gaspreis für Privathaushalte auf zwölf Cent pro Kilowattstunde gedeckelt wird – allerdings nur für 80 Prozent des Verbrauchs. Für die letzten 20 Prozent soll der Versorger den jeweils aktuellen Gaspreis abrechnen. Für Industriekunden soll der Deckelpreis bei sieben Cent pro Kilowattstunde liegen. Dieser subventionierte Preis gilt dann für 70 Prozent des regulären Verbrauchs.
Die Gaspreisbremse soll den Staat im vorgesehenen Zeitraum bis Frühjahr 2024 mehr als 50 Milliarden Euro kosten. Gezahlt wird das Geld aus dem „Wirtschafts-Stabilisierungsfonds“, für den der Bundestag zuletzt Kreditermächtigungen – also neue Schulden – in Höhe von insgesamt 200 Milliarden Euro freigegeben hatte.
Missbrauch von Staatshilfen verhindern
Das Bundeswirtschaftsministerium schreibt jetzt am Gesetzentwurf und will nach den Erfahrungen mit der gescheiterten Gasumlage alles richtig machen. „Die Stadtwerke, die Verteilnetzbetreiber, alle müssen ihre Daten klar haben“, sagt Wirtschaftsminister Robert Habeck. Es dauere im Einzelfall länger, um zu bereden, was gesetzlich vorgeschrieben sei, und ob die Pläne auch in der Form umgesetzt werden könnten.
Den möglichen Missbrauch von Staatshilfen muss Habeck möglichst ausschließen. Unternehmen sollen zum Beispiel nicht in der Lage seien, subventioniertes Gas am Markt einfach weiter zu verkaufen. Für DGB-Chefin Yasmin Fahimi ist es wichtig, „dass diese Wirtschaftshilfen tatsächlich verbunden sind mit Beschäftigungssicherung, mit Sicherung der Standorte und unserer Wirtschaftsstruktur.“
Umstritten war zuletzt auch die Frage, ob Betriebe, die in den Genuss subventionierter Energiepreise kommen, weiterhin Boni an ihr Führungspersonal oder reguläre Dividenden an ihre Aktionäre auszahlen dürfen. Die deutsche Industrie fühlt sich von zu vielen gesetzlichen Vorgaben tendenziell gegängelt. Sie setzt vor allem auf schnelle Hilfen bei den Energiekosten. „Die gestiegenen Preise können von den Unternehmen nicht einfach in den Markt weitergegeben werden“, sagt Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger. Sonst folgten Produktionsverlagerungen. Aber auch im Handwerk und im Dienstleistungsbereich würden Geschäftsmodelle unrentabel.
Habeck will Gas- und Strompreisbremse ab Januar
Die Union setzt die Ampel bei der Gaspreisbremse unter Druck. „Die eine Zahlung im Dezember wird kaum reichen, eine spürbare Entlastung zu bringen – etwa für Familien“, kritisiert der stellvertretende CDU-Vorsitzende Jens Spahn. „Auch für Bäckereien, für Handwerk braucht es deutlich früher – ab Januar, Februar, März – dann auch eine strukturelle Entlastung.“
Bundeswirtschaftsminister Habeck will den Gesetzentwurf zur Gas- und Strompreisbremse noch im November dem Kabinett vorlegen. Dann könnte sich wenige Tage später der Bundestag damit beschäftigen und im Anschluss der Bundesrat. Habecks Ziel ist, „dass wir Mitte Dezember fertig sind und alle Gesetze zum 1.1. wirksam werden.“ Das ist ein guter Vorsatz für das Jahr 2023.