Krieg Tag 270 Di 22.11.2022 ++ Petersburger Dialog vor dem Aus ++
22. November 2022Der Petersburger Dialog – ein Forum zum Austausch zwischen Deutschland und Russland – soll aufgelöst werden. Die Ukraine weist Vorwürfe Moskaus zurück, für Moldau bestimmtes Gas zurückzuhalten.
- Petersburger Dialog steht vor dem Aus
- Moskau: AKW Saporischschja erneut beschossen
- Gazprom droht mit weiterer Drosselung der Gaslieferung
- UNICEF sorgt sich um Situation der Kinder im Winter
- Ukraine hat den Bewohnern von Cherson eine Evakuierung angeboten
19:32 Uhr
Tschechien und Ukraine wollen im Schulbereich enger zusammenarbeiten
Tschechien und die Ukraine wollen in den Bereichen Schule und Wissenschaft künftig enger zusammenarbeiten. Der tschechische Schulminister Vladimir Balas und sein ukrainischer Kollege Serhij Schkarlet unterzeichneten ein entsprechendes Kooperationsabkommen. Konkret geht es unter anderem um die gegenseitige Anerkennung von Schulzeugnissen und -abschlüssen. Zehntausende ukrainische Kinder sind mit ihren Familien ins EU-Land Tschechien geflohen. Mit der gegenseitigen Anerkennung von Abschlüssen soll sichergestellt werden, dass die Kriegsflüchtlinge nach einer eventuellen Rückkehr in die Ukraine reibungslos arbeiten oder ihre Ausbildung fortsetzen können.
Kritik gab es von tschechischer Seite daran, dass viele ukrainische Kinder an Online-Unterricht ihrer Heimatschule teilnehmen. Dies soll künftig reduziert werden. Die Kinder würden damit „mehr Zeit für die soziale Eingliederung haben“, sagte Balas.
Kriegsfolgen: Deutschland darf Firmen mit weiteren Milliarden helfen
Deutschland darf Firmen mit weiteren Milliarden helfen, um die Folgen von Russlands Krieg gegen die Ukraine abzufedern. Die EU-Kommission genehmigte eine entsprechende Änderung bestehender Unterstützungsprogramme, teilte die Brüsseler Behörde mit. Konkret geht es um mehrere Maßnahmen, die angepasst wurden und nun etwa zusätzlich mit bis zu 45 Milliarden Euro ausgestattet werden. Neu ist auch, dass Hilfen künftig bis zum 31. Dezember 2023 gewährt werden können. Bislang waren die Maßnahmen nur bis Jahresende angemeldet. Zudem können vom Krieg betroffene Unternehmen im Rahmen einer der Regelungen künftig mit bis zu zwei Millionen statt 500.000 Euro unterstützt werden.
Viele Firmen ächzen vor allem unter den im Zuge des Kriegs stark steigenden Energiepreisen, aber auch Lieferketten sind gestört. So haben auch die von der EU gegen Russland verhängten Sanktionen Auswirkungen auf deutsche Unternehmen.
Russischer Statthalter meldet Abschuss von Drohnen über der Krim
Die von Russland eingesetzte Regierung auf der Krim meldet den Abschuss von zwei Drohnen über Sewastopol. Die Flugabwehr sei eingesetzt worden, erklärt der Regionalgouverneur im Internet. Russland annektierte die Krim 2014, Sewastopol ist der Heimathafen der russischen Schwarzmeerflotte.
„Kolossale“ Schäden an Stromnetz der Ukraine
Nach den massiven Raketenangriffen auf die Energieinfrastruktur in der Ukraine müssen sich die Bewohner des Landes auf einen entbehrungsreichen Winter einstellen. „Das Ausmaß der Schäden ist kolossal“, sagte der Chef des Energie-Versorgers Ukrenerho, Wolodymyr Kudryzkyj, im ukrainischen Fernsehen. Praktisch kein Wärme- oder Wasserkraftwerk sei noch intakt. Der Chef des Stromversorgers DTEK Yasno, Serhij Kowalenko, schrieb auf Facebook, die Ukrainer müssten vermutlich bis Ende März mit Stromausfällen leben. Er rief die Ukrainer dazu auf, warme Kleidung und Decken und andere Dinge zu bunkern, die bei einem längeren Blackout helfen könnten.
Russischer Gouverneur: Drei Tote bei Explosionen nahe Grenze zur Ukraine
Bei Explosionen in zwei russischen Orten nahe der Grenze zur Ukraine sind russischen Angaben zufolge drei Menschen ums Leben gekommen. In der rund sieben Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernten Stadt Schebekino in der Region Belgorod sei eine Frau durch ukrainischen Beschuss getötet worden, erklärte der örtliche Gouverneur Wjatscheslaw Gladkow auf Telegram. Sie habe durch den Beschuss eine Kopfverletzung erlitten und sei in einem Rettungswagen gestorben. Gladkow zufolge wurde außerdem ein Ehepaar in dem Grenzort Starosselje im Westen der Region durch die Explosion von „nicht identifizierter Munition“ getötet. In dem Ort sei Ende Oktober der Ausnahmezustand verhängt worden. Ermittlungsbehörden untersuchen laut Gladkow den Fall. Die russische Region Belgorod war in den vergangenen Monaten immer wieder beschossen worden.
Konfliktparteien als QuelleAngaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Ukrainische Behörden durchsuchen Kloster in Kiew
Spionageabwehr, Polizei und Nationalgarde haben in der ukrainischen Hauptstadt Kiew eine christlich-orthodoxe Klosteranlage durchsucht. Der ukrainische Inlandsgeheimdienst SBU teilte mit, die Beamten suchten in den Gebäuden des Kiewer Höhlenklosters am Westufer des Dnipro nach Waffen und ausländischen Staatsbürgern. Zuvor hatte sich ein Priester während eines Gottesdienstes wohlwollend über Russland geäußert. Der SBU teilte mit, die Durchsuchung sei Teil der Bekämpfung subversiver russsicher Aktivitäten in der Ukraine. Aufgrund der russischen Invasion steige das Risiko von Terroranschlägen, Sabotage und Geiselnahmen.
Kreml-Sprecher Dmitri Peskow warf den ukrainischen Behörden vor, einen Krieg gegen die russisch-orthodoxe Kirche zu führen. Er bezeichnete die Durchsuchung als ein weiteres Glied in der Kette aggressiver Aktionen gegen die russische Orthodoxie.
Petersburger Dialog vor dem Aus
Der Petersburger Dialog, ein zivilgesellschaftliches Forum zwischen Deutschland und Russland, steht angesichts des Krieges vor dem Aus. Die Mitgliederversammlung habe auf Antrag des Vorstands beschlossen, sich im ersten Quartal 2023 im Rahmen einer außerordentlichen Mitgliederversammlung aufzulösen, teilte das Forum mit. „Angesichts des verbrecherischen Angriffskrieges und der Frontstellung gegen die westlichen Demokratien ist ein Dialog in diesem Format nicht mehr möglich“, hieß es zur Begründung. Den Petersburger Dialog hatten Russlands Präsident Wladimir Putin und der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder 2001 ins Leben gerufen.
Ukraine: Behalten kein Erdgas ein
Die Ukraine hat Vorwürfe aus Russland zurückgewiesen, sie habe für die Republik Moldau bestimmtes Erdgas zurückgehalten. Der Netzbetreiber GTSOU erklärte, die Anschuldigungen des russischen Energiekonzerns Gazprom seien eine „grobe Manipulation der Fakten“. Damit solle eine Begründung geschaffen werden, um die Lieferungen nach Europa weiter einzuschränken. Moldau erhält Erdgas aus Russland, dass durch die Ukraine fließt. Gazprom wirft der Ukraine vor, einen Teil davon einzubehalten. Der russische Staatskonzern drohte deshalb mit einer Drosselung der ohnehin schon reduzierten Lieferungen, von denen auch EU-Länder profitieren.
Ukraine: Alle Wärme- und Wasserkraftwerke weisen Schäden auf
Durch die massiven russischen Raketenangriffe im Oktober und November sind in der Ukraine praktisch alle Wärme- und Wasserkraftwerke beschädigt worden. Dazu seien alle wichtigen Knotenpunkte des Stromnetzes getroffen worden, sagte der Chef des ukrainischen Stromnetzbetreibers Ukrenerho, Wolodymyr Kudryzkyj, auf einer Pressekonferenz in Kiew. „Praktisch jedes wichtige Umspannwerk hat einen Treffer abbekommen.“ Einige Umspannwerke seien sogar mehrmals getroffen worden. „Das Ausmaß der Zerstörungen ist kolossal“, unterstrich Kudryzkyj.
14:18 Uhr
Gazprom droht mit weiterer Drosselung der Gas-Lieferung durch Ukraine
Der russische Energieriese Gazprom hat der Ukraine vorgeworfen, beim Transit durch ihr Staatsgebiet angeblich einen Teil des Gases einzubehalten – und deshalb mit einer Drosselung der ohnehin schon reduzierten Lieferungen gedroht. Die Ukraine habe bislang bereits 52,5 Millionen Kubikmeter russisches Gas nicht weitergeleitet, das eigentlich für die Nachbarrepublik Moldau bestimmt gewesen sei, teilte Gazprom mit. Sollte sich daran nichts ändern, werde der Transit, von dem auch EU-Länder profitieren, ab kommendem Montag um die täglich einbehaltene Menge gekürzt. Ein konkretes Volumen nannte Gazprom nicht. Kiew äußerte sich zunächst nicht zu den Vorwürfen, hatte in der Vergangenheit aber stets betont, seine vertraglichen Verpflichtungen einzuhalten.
Scholz: Müssen Nachschubfähigkeit für Bundeswehr aufbauen
Als Lehre aus dem Krieg in der Ukraine hat Bundeskanzler Olaf Scholz eine krisenfähigere Struktur der Rüstungsindustrie gefordert. Man bemühe sich, für die Ukraine den Nachschub an Munition für gelieferte Waffensysteme zu besorgen, sagte Scholz auf dem Wirtschaftsgipfel der „Süddeutschen Zeitung“ in Berlin. Es sei aber auch für die Bundeswehr nicht sinnvoll, einfach Gerät zu kaufen, um dann festzustellen, dass im Krisenfall Produktionsstätten erst wieder entmottet werden müssten. Das sei kein Weg, der Sicherheit schaffe. „Wir müssen in der Lage sein, dass wir ständig die Unterstützung bekommen, die wir brauchen, und Produktionsnachschub existiert.“
Wladimir Klitschko: „Am Ende werden wir gewinnen“
Wladimir Klitschko, der Bruder des Kiewer Bürgermeisters Vitali Klitschko, fordert mehr Unterstützung für die Ukraine im Abwehrkampf gegen Russland. Er danke Deutschland für die Hilfe, sagt er auf dem SZ-Wirtschaftsgipfel in Berlin: „Aber wir brauchen mehr Unterstützung.“ Man müsse Farbe bekennen. Ein konkreter Wunsch seien mehr Waffen und Munition. In Kiew, von wo er angereist sei, befürchte man, dass die Hauptstadt wieder Ziel eines russischen Angriffs werden könne. Doch trotz der Bedrohung bleibe er optimistisch: „Am Ende werden wir gewinnen.“
Ukraine erhält weitere 2,5 Milliarden Euro EU-Finanzhilfe
Die Ukraine hat nach eigenen Angaben weitere 2,5 Milliarden Euro Unterstützung von der Europäischen Union erhalten. Insgesamt belaufe sich die Summe der sogenannten Makrofinanzhilfe der EU seit 24. Februar damit auf nunmehr 6,7 Milliarden Euro, teilt Finanzminister Serhij Martschenko auf Twitter mit. Ministerpräsident Denys Schmyhal bezeichnet die Untersützung als „einen weiteren Schritt der Solidarität“ und bedankt sich bei der EU.
Moskau: Atomkraftwerk Saporischschja erneut beschossen
Das Gebiet des von russischen Truppen besetzten ukrainischen Atomkraftwerks Saporischschja ist nach Angaben des Moskauer Verteidigungsministeriums erneut mit Granaten beschossen worden. Am Montag – dem Tag einer Sonderinspektion durch die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) – seien acht großkalibrige Granaten auf einen industriellen Teil des Kernkraftwerks gefeuert worden, sagte Ministeriumssprecher Igor Konaschenkow laut der Agentur Interfax. Unabhängig überprüft werden konnten die Angaben zunächst nicht.
Konaschenkow sagte nicht, wann konkret die Anlage beschossen worden sein soll. Er erklärte lediglich, die Strahlung sei weiterhin normal. Von der IAEA hatte es am Montag keine Informationen über einen möglichen erneuten Artillerie-Beschuss des Atomkraftwerks gegeben. Auch aus Kiew kamen keine entsprechenden Informationen.
Konfliktparteien als QuelleAngaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Kreml: Keine wesentlichen Fortschritte bei AKW-Sicherheitszone
Die Einrichtung einer allgemein geforderten Sicherheitszone rund um das russisch-besetzte Atomkraftwerk Saporischschja im Südosten der Ukraine kommt nach Angaben Moskaus nicht wirklich voran. Es seien dahingehend keine substanziellen Fortschritte gemacht worden, erklärt der Kreml. Das AKW wird immer wieder beschossen. Die Ukraine und Russland geben sich dafür gegenseitig die Schuld. Es wird befürchtet, dass es zu einer Atomkatastrophe kommen könnte.
Duma verurteilt mutmaßliche Erschießung russischer Soldaten
Das Parlament in Moskau hat die mutmaßliche Erschießung russischer Soldaten bei der Gefangennahme durch ukrainische Streitkräfte verurteilt. Die Abgeordneten der Duma riefen die Parlamente anderer Länder auf, sich der Verurteilung anzuschließen und dazu beizutragen, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Die Tötung der Soldaten sei ein „eklatanter Verstoß“ der Ukraine gegen das humanitäre Völkerrecht und das Genfer Abkommen zur Behandlung von Kriegsgefangenen, hieß es nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Tass in der Erklärung der Duma. Kiew weist die Vorwürfe zurück.
Kanada kündigt weitere Sanktionen gegen Belarus an
Weil die Regierung des belarusischen Machthabers Alexander Lukaschenko Russlands Krieg gegen die Ukraine unterstützt, will Kanada weitere Sanktionen gegen diese verhängen. Das Außenministerium in Ottawa kündigte an, dass es 22 weitere belarusische Beamte sowie 16 Unternehmen sanktionieren würde, die in den Bereichen Militärproduktion, Technologie, Maschinenbau, Bankwesen und Eisenbahntransport involviert sind.
Unter den Beamten befänden sich auch einige, die „mitschuldig an der Stationierung und dem Transport von russischem Militärpersonal und Ausrüstung sind, die an der Invasion der Ukraine beteiligt waren“, hieß es.
Russisch-orthodoxe Kirche: Dursuchung sei „Akt der Einschüchterung“
Die russisch-orthodoxe Kirche sieht in der Durchsuchung eines orthodoxen Klosters in der Hauptstadt Kiew durch ukrainische Sicherheitsdienste einen „Akt der Einschüchterung“. Wie viele andere Fälle der „Verfolgung von Gläubigen in der Ukraine seit 2014“ bleibe auch dieser „von denen, die sich als internationale Menschenrechtsgemeinschaft bezeichnen, fast unbemerkt“, wie der Sprecher der Kirche, Vladimir Legoida, laut der Nachrichtenagentur Reuters sagte.
Kiew: Polizei durchsucht Kloster wegen Spionageverdacht
In der ukrainischen Hauptstadt haben Polizei und Sicherheitsdienst SBU das berühmte 1000 Jahre alte Kiewer Höhlenkloster durchsucht. Es bestehe der Verdacht „subversiver Aktivitäten seitens russischer Spezialdienste“, teilte der SBU laut der Narichtenagentur Reuters mit. Der weitläufige Petschersk Lawra genannte Komplex ist nicht nur ein wertvoller Kulturschatz, sondern auch der Hauptsitz des von Russland unterstützten Teils der ukrainisch-orthodoxen Kirche – bekannt als als Moskauer Patriarchat.
Der Petschersk Lawra genannte Komplex beherbergt zahlreiche christlich-orthodoxe Kirchen, Klöster und Museen. Das Höhlenkloster gehört seit 1990 zum UNESCO-Weltkulturerbe. Bild: AFP
Der Sicherheitsdienst teilte mit, es werde systematisch gegen destruktive Aktivitäten russischer Spezialdienste in der Ukraine vorgegangen. In diesem Rahmen sei auch das Kloster durchsucht worden. Dies ziele darauf ab, die Nutzung des Höhlenklosters als „Zentrum der russischen Welt“ zu verhindern, teilte der SBU mit. Es bestehe der Verdacht, dass die Räumlichkeiten dazu dienten, Sabotage- und Spionagegruppen und ausländische Bürger unterzubringen sowie Waffen zu lagern. Über das Ergebnis der Durchsuchung äußerte sich der ukrainische Sicherheitsdienst nicht.
Das Moskauer Patriarchat äußerte sich zunächst nicht. Im Mai hatte die sogenannte Ukrainisch-Orthodoxe Kirche Moskauer Patriarchats ihre Verbindungen zur russischen Kirche wegen des Einmarsches gekappt. Sie verurteilte zudem, dass Patriarch Kirill, das Oberhaupt der Russisch-Orthodoxen Kirche, den von Russland so bezeichneten „militärischen Sondereinsatz“ in der Ukraine unterstützt.
UNICEF: Sorge um Situation der Kinder im Winter
Das UN-Kinderhilfswerk UNICEF äußerte sich besorgt über die Situation der Kinder in der Ukraine im Winter. Aufgrund regelmäßiger Stromausfälle, wüssten Familien teils nicht, wie sie ihre Kinder ernähren sollten, berichtet die stellvertretende Pressesprecherin Christine Kahmann im ARD-Morgenmagazin. „Die Lage der Kinder war wirklich erschütternd“, sagte sie. Kahmann sei fast 2000 Kilometer durch die Ukraine gereist, um sich ein Bild von der Situation vor Ort zu machen.
Kein Kind bleibe in der Ukraine von dem Krieg verschont, sagte sie. Man habe den Kindern ihre Sorgen angemerkt. Die erschütterndste Erfahrung sei das Gespräch mit einer 14-Jährigen gewesen. Das Mädchen habe keine Pläne für die Zukunft gehabt. Es sei ihr nur darum gegangen, die nächsten zwei Jahre zu überleben.
Bereits niederschwellige Unterstützungen, wie psychosoziale Betreuung, könnten helfen, dass die Kinder wieder „nach vorne schauen und den Krieg für zumindest einen Moment hinter sich lassen“. Zudem bräuchten die Menschen dringend Winterkleidung, Decken, Trinkwasser sowie Generatoren.
Britischer Geheimdienst sieht russische Flotte als verwundbar
Ein mutmaßlicher ukrainischer Angriff auf Öldepots nahe des russischen Hafens Noworossijsk zeigt nach britischer Einschätzung die Verwundbarkeit der russischen Schwarzmeerflotte. Das britische Verteidigungsministerium verwies in seinem täglichen Geheimdienst-Update auf russische und ukrainische Medienberichte, laut denen es am 18. November an einem Ölterminal, das nahe der russischen Marinebasis liege, zu einem Angriff kam. „Noch sind nicht alle Einzelheiten dieses Vorfalls bekannt“, betonte das Ministerium.
Dunkelgrün: Vormarsch der russischen Armee. Schraffiert: Von Russland annektierte Gebiete. Bild: ISW/21.11.2022
Medien hatten berichtet, dass wahrscheinlich eine ukrainische Drohne in der Nacht zum 18. November ein Terminal des Ölkonzerns Transneft angegriffen habe. Das Unternehmen wies die Berichte zurück. Nachdem die Ukraine den russischen Stützpunkt Sewastopol auf der annektierten Halbinsel Krim offenbar attackiert hatte, verlegte die russische Marine mehrere U-Boote nach Noworossijsk. Dass nun auch dieser Hafen für die Ukrainer erreichbar sei, sei auch eine Bedrohung für russische Landungsschiffe, die dort stationiert seien, hieß es in London weiter. Diese Schiffe hätten seit der Beschädigung der Kertsch-Brücke im Oktober eine wichtigere Rolle bei der Versorgung der russischen Streitkräfte in der Ukraine übernommen.
Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seit dem Beginn des Kriegs gegen die Ukraine unter Berufung auf Geheimdienstinformationen täglich Informationen zum Kriegsverlauf. Damit will die britische Regierung sowohl der russischen Darstellung entgegentreten als auch Verbündete halten. Moskau wirft London eine gezielte Desinformationskampagne vor.
Konfliktparteien als QuelleAngaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Weitere Stromabschaltungen geplant
Der ukrainische Stromnetzbetreiber Ukrenerho hat weitere Stromabschaltungen geplant. Bereits am Montag waren vierstündige Abschaltungen in 15 der 27 Regionen des Landes angesetzt worden, wie Ukrenerho-Chef Wolodymyr Kudrytsky laut der Nachrichtenagentur AP mitteilte. Die Energieinfrastruktur des Landes ist durch wochenlange gezielte russische Luftangriffe schwer beschädigt. Nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj wurden mehr als die Hälfte der Energieeinrichtungen des Landes beschädigt.
06:56 Uhr
Nach Kiew-Besuch: Hofreiter fordert neue Militärhilfen
Laut des Grünen-Bundestagsabgeordneten Anton Hofreiter bereitet sich die Ukraine auf neue mögliche Angriffe Russlands auf die Hauptstadt Kiew nach dem Winter vor. „Die Botschaft der Ukrainer war: Wir haben Erkenntnisse, dass Russland keines seiner Kriegsziele aufgegeben hat“, sagte der Vorsitzende des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) nach einem Besuch in Kiew.
Die Ukraine befürchte eine massive Verstärkung der russischen Truppen bis zum Frühjahr, sagte er. Bis dahin brauche das Land wieder mehr Munition und gepanzerte Fahrzeuge. Daher sprach Hofreiter sich gegenüber dem RND erneut für die Lieferung von Schützenpanzern vom Typ Marder und von Kampfpanzern vom Typ Leopard 2 aus.
05:03 Uhr
Bewohnern von Cherson Evakuierung angeboten
Die ukrainische Regierung bietet den Bewohnern der Stadt Cherson an, in Regionen mit besserer Infrastruktur umzuziehen. Die Unterkunft sei kostenfrei. Grund ist, dass die Stadt nach dem Abzug der russischen Besatzer weiterhin größtenteils ohne Strom und fließendes Wasser ist.
„Angesichts der schwierigen Sicherheitslage in der Stadt und der Infrastrukturprobleme können Sie für den Winter in sicherere Regionen des Landes evakuiert werden“, schreibt die stellvertretende Ministerpräsidentin Iryna Wereschtschuk auf Telegram.
Ukrainer müssen mit langen Stromausfällen rechnen
Die Ukrainer müssen sich laut einem großen Energieversorger wegen der beschädigten Infrastruktur auf Stromausfälle bis Ende März einstellen. „Ich möchte, dass jeder versteht: Die Ukrainer werden höchstwahrscheinlich bis mindestens Ende März mit Stromausfällen leben müssen“, schreibt Sergei Kowalenko, Chef des großen privaten Energieversorgers Yasno in Kiew, auf seiner Facebook-Seite.
„Legen Sie sich einen Vorrat an warmer Kleidung und Decken an und überlegen Sie, wie Sie auch einen längeren Stromausfall überstehen können.“ Der Netzbetreiber habe neue Beschränkungen für die Stromverteilung angekündigt, was dazu geführt habe, dass mehr als 950.000 Kunden vom Stromnetz getrennt seien.
In einigen Regionen der Ukraine sind die Temperaturen bereits unter den Gefrierpunkt gefallen, auch in der Hauptstadt Kiew.