Rechnungshof kritisiert höhere Besoldung für Landräte
2. Dezember 2022Die Kritik an den Plänen von Innenminister Christian Pegel (SPD), die sechs Landräte in Mecklenburg-Vorpommern deutlich besser zu bezahlen, reißt nicht ab. Nach dem Städte- und Gemeindetag, dem Beamtenbund und der CDU-Opposition äußert auch Landesrechnungshof-Präsidentin Martina Johannsen Zweifel an dem Sinn und Zweck des Vorhabens.
Rückwirkend zum 1. Oktober sollen die sechs Landräte pauschal eine Besoldungsgruppe nach oben gestuft werden – das heißt rund 500 Euro mehr im Monat – das Grundgehalt steigt auf bis zu knapp 10.800 Euro im Monat, ihre Kollegen in Brandenburg, Thüringen oder Sachsen-Anhalt verdienen weniger. Minister Pegel begründet das mit der gestiegenen Arbeitsbelastung für die Landräte in den Krisenlagen der vergangenen Monaten – die Kreischefs hätten die Alleinverantwortung.
Rechnungshofschefin sieht keinen Grund für höhere Besoldung
Ihre Stellvertreter, die Beigeordneten, aber auch Bürgermeister oder andere Kommunalbeamte bekommen kein Plus. Landesrechnungshof-Präsidentin Johannsen nannte es im Gespräch mit dem NDR „überraschend“ und „verwunderlich“, dass nur die Verwaltungsspitze nach oben gestuft werde. Die eigentlich eher zurückhaltende Wortwahl der obersten Finanzkontrolleurin des Landes lässt allerdings deutlich Kritik erkennen. Johannsen sieht keinen Grund für eine exklusive Behandlung der Landräte. Die angeblich neuen Aufgaben der Kreis-Chefs seinen „eingepreist in das normale Spektrum“, es gebe einen ständigen Wandel bei den Dingen, die erledigt werden müssten. Neue kämen hinzu, alte würde wegfallen, so Johannsen, das sei kein Grund für eine höhere Besoldungsstufe.
Außerdem: die Facharbeit werde in den Abteilungen darunter erledigt – die Mitarbeiter dort aber würden nicht von einem Gehaltsplus profitieren. „Da verwundert es, dass nur die Leitungsebene nach oben gestuft wird.“ Für Stirnrunzeln sorgt auch die Art und Weise, wie Minister Pegel die Besoldungserhöhung regeln wollte. An dem Anhörungsverfahren, der einem neuen Erlass vorausgeht, wurde der Rechnungshof – anders als üblich – bisher nicht beteiligt.
Thomas Beyer: „Erhöhung für alle oder für keinen“
Schon der Städte- und Gemeindetag hatte der rot-roten Landesregierung indirekt Trickserei vorgeworfen. Beim Kommunalgipfel in der vergangenen Woche sei von den Plänen jedenfalls noch keine Rede gewesen. Jetzt entstehe der Eindruck, „dass die Landesregierung die kommunale Basis, die diese Mehrkosten über die Kreisumlage finanzieren wird, einfach außenvorlassen wollte“, ärgerte sich Verbandschef Thomas Beyer (SPD), der im Hauptjob Bürgermeister von Wismar ist. Beyers Appell an Pegel war ebenso eindringlich wie deutlich: „Wir fordern eine Besoldungserhöhung für alle oder für keinen.“
Unterstützung bekommt Minister Pegel aus der eigenen SPD-Fraktion. Die Landräte hätten „in der Riege der kommunalpolitischen Verantwortungsträger in den letzten Jahren hohe Verantwortung“ getragen, teilte die Fraktion auf NDR-Anfrage mit. Über viele Jahre seien Landräte und Bürgermeister allerdings in Besoldungsfragen unterschiedlich behandelt worden – Landräte hätten tendenziell weniger bekommen. Jetzt werde die Besoldung an die Bürgermeistervergütungen angepasst.
Unmut in Kreisverwaltungen wächst
Auch der Koalitionspartner sieht keine Probleme. Der Linken-Abgeordnete Michael Noetzel erklärte auf NDR-Anfrage: „Zweifelsohne sind Landräte, so wie viele andere, in den vielschichtigen Problemlagen – wie Corona-Management, Verantwortung für Geflüchtete und Katastrophenschutz – besonders belastet“, erklärte er. Zudem gebe es seit der Kreisgebietsreform 2011 die Vereinbarung, eine Höherstufung der Landräte vorzunehmen. „Wir haben im Land deutschlandweit die größten Landkreise und entsprechende Mehrbelastungen an der Verwaltungsspitze“, so Noetzel.
Allerdings wächst offenbar der Unmut vor allem in den Leitungsetagen der Kreisverwaltungen, es wird eine Bevorzugung der Landräte beklagt. Auch das „Timing“ der Besoldungspläne gilt selbst innerhalb der Regierungspartei SPD als unglücklich. Nach unbestätigten Informationen soll Staatskanzleichef Patrick Dahlemann (SPD) das Gehaltsplus zuvor lange aufgehalten haben.
Landtag: CDU will Innenminister Pegel befragen
Das Thema spielt am kommenden Dienstag in einer Sondersitzung des Innenausschusses eine Rolle – Minister Pegel hat seine Pläne bisher verteidigt. Die CDU-Fraktion will ihm unangenehme Fragen stellen. Der Unionsabgeordnete Marc Reinhardt meinte, dass Pegel „nur Spitzenposten besser dotieren möchte, zeugt von dessen Unkenntnis über die Verteilung der Arbeitsbelastung in den Kommunen“. Denn die „Kärrnerarbeit“ werde in den Ämtern, von den Bürgermeistern und oft von vielen ehrenamtlichen Kräften vor Ort geleistet. Reinhardt schloss sich der Forderung des Städte- und Gemeindetages an: „Entweder bekommt keiner mehr Geld, oder alle.“