Nach Erdbeben in Türkei und Syrien Rettung nach mehr als 100 Stunden

Nach Erdbeben in Türkei und Syrien Rettung nach mehr als 100 Stunden

10. Februar 2023 Aus Von mvp-web
Stand: 10.02.2023 11:45 Uhr

Es sind Momente der Hoffnung: Auch mehr als 100 Stunden nach den schweren Beben im syrisch-türkischen Grenzgebiet können Verschüttete gerettet werden. Aus Deutschland gelangen heute erneut Tonnen von Hilfsgütern in die Türkei.

In Syrien und der Türkei dauert die Suche nach den Opfern der schweren Erdbeben mittlerweile seit vier Tagen an. Die Chancen, Verschüttete noch lebend zu finden, werden immer geringer. Und doch gelingt es Helfern, auch etwa 100 Stunden nach der Katastrophe noch Überlebende zu retten.

Über eine dieser Rettungen berichtete die Nachrichtenagentur AP: In der türkischen Stadt Iskenderun konnten demnach sechs Menschen aus den Trümmern eines zusammengestürzten Wohnhauses gerettet werden. Der Agentur zufolge soll es sich um Mitglieder derselben Familie handeln, die sich etwa 100 Stunden lang unter dem Schutt in einem Hohlraum zusammengedrängt hatten. Etwa genauso lange hat in der Stadt Kirikhan eine Frau unter Trümmern überlebt. Rettungskräfte brauchten mehr als 50 Stunden, um sie aus dem Schutt zu befreien.

In der türkischen Provinz Hatay kämpften Helfer zehn Stunden lang, um einen Mann unter einem Betonblock zu befreien. CNN Türk zufolge hatte auch dieser Bewohner mehr als 100 Stunden bis zu seiner Rettung ausharren müssen. Nach 104 Stunden konnten Rettungskräfte im türkischen Adiyaman einen Mann in Sicherheit bringen.

Bereits in der Nacht hatten Medien über die erfolgreiche Rettung von mehreren Kindern und einem Jugendlichen berichtet: In der türkischen Provinz Kahramanmaras konnte demnach ein fünf Jahre altes Mädchen aus dem Schutt befreit werden, und in der Provinz Hatay sei nach 88 Stunden die Rettung einer Zweijährigen gelungen. Ein 17-Jähriger wurde in Gaziantep lebend gefunden.

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Zahl der Todesopfer steigt auf mehr als 21.000

Insgesamt sind in der Türkei bislang mehr als 8000 Menschen gerettet worden, die unter Trümmern verschüttet gewesen waren, teilte der türkische Vizepräsident Fuat Oktay mit. Mehr als 100.000 Helfer seien bei der Suche in den Erdbebenregionen im Einsatz. 75 Länder weltweit hätten Rettungsteams zur Unterstützung entsandt. In der Türkei gilt in diesen Gebieten für drei Monate ein Ausnahmezustand. Am Donnerstagabend hatte das Parlament des Landes entsprechenden Plänen von Erdogan zugestimmt.

Die Zahl der Todesopfer in den türkischen Erdbebengebieten bezifferte Oktay am Morgen mit mindestens 18.342. Hinzu kämen fast 73.000 Verletzte. In Syrien wurden bisher mehr als 3300 Tote registriert. Damit kamen infolge der Erdbeben nach derzeitigem Stand mehr als 21.000 Menschen ums Leben.

Assad besucht Aleppo

Zum ersten Mal nach der verheerenden Katastrophe ist der syrische Machthaber Baschar al-Assad in die Erdbebenregion gereist. Gemeinsam mit seiner Frau Asmaa besuchte er ein Krankenhaus in Aleppo, wo verletzte Opfer der Beben versorgt werden.

Gerade in den betroffenen syrischen Gebieten im Nordwesten des Landes, der großteils von Rebellen kontrolliert wird, ist die Notversorgung besonders kritisch. Hilfsgüter gelangen lediglich über einen Grenzübergang von der Türkei aus in diese Regionen. Am Donnerstag trafen sechs Lastwagen mit Hilfsgütern der Vereinten Nationen ein. Allerdings berichteten Aktivisten, es handele sich um Hilfslieferungen, die schon vor dem Erdbeben geplant waren. Dringend benötigte Hilfsgüter seien deshalb nicht angekommen, stattdessen wurden Güter wie etwa Waschmittel geliefert.

Die in Syrien agierende verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), die von der Türkei als Terrororganisation eingestuft wird, kündigte nun an, vorläufig „alle Operationen“ im Nachbarland stoppen zu wollen. „Stoppt die Operationen in den Städten in der Türkei. Wir haben entschieden, keine Operationen auszuführen, solange uns der türkische Staat nicht angreift“, zitierte die der PKK nahestehende Nachrichtenagentur Firat einen Aufruf der Miliz.

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Deutschland setzt Hilfslieferungen fort

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius stellte weitere Hilfslieferungen für Syrien und die Türkei in Aussicht. Zusammen mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser hatte er am Morgen den Militärflughafen Wunstorf nahe Hannover besucht. Von dort sollen im Laufe des Tages erneut Flugzeuge mit etwa 40 Tonnen an Hilfsgütern in Richtung Türkei starten Ziel sei der dortige NATO-Flugplatz Incirlik.

„Das wird jetzt in den nächsten Tagen so weitergehen“, betonte Pistorius. „Wir fliegen so lange wie nötig.“ Schon am Donnerstag hatten drei Maschinen des Typs A400M rund 50 Tonnen an Hilfsgütern wie Zelte, Heizgeräte oder Schlafsäcke in die Türkei gebracht.

Als symbolisches Zeichen der Anteilnahme hängen heute an den obersten Bundesbehörden in Berlin und Bonn Flaggen auf halbmast. Mehrere Bundesländer hatten ebenfalls Trauerbeflaggung an öffentlichen Gebäuden angekündigt.

USA kündigen Millionen-Hilfen an

Auch andere Staaten weiten ihre Hilfsprogramme für die Erdbebengebiete aus. Die USA wollen umgerechnet rund 79 Millionen Euro bereitstellen, um Nothilfen für die beiden Länder zu finanzieren.

In dieser Summe enthalten seien auch Hilfsgüter wie Lebensmittel, Notunterkünfte und Medikamente, kündigte US-Präsident Joe Biden auf Twitter an. Damit solle der in den betroffenen Regionen lebenden Bevölkerung geholfen werden, „der Kälte zu trotzen“ und „Leben zu retten“.

Generallizenz soll reibungslose Hilfe garantieren

Um zu gewährleisten, dass die Hilfe im vollen Umfang in Syrien ankommt, erließ das US-Finanzministerium kurz darauf eine pauschale Generallizenz, die für sechs Monate gültig sein soll, wie der stellvertretende US-Finanzminister Wally Adeyemo mitteilte. Diese soll sicherstellen, dass die Bereitstellung der Nothilfen nicht durch Strafmaßnahmen, die gegen Syrien in Kraft sind, blockiert wird. Nach dem Ausbruch des dortigen Bürgerkriegs hatten sowohl die USA als auch die EU Sanktionen gegen das syrische Regime unter Machthaber Baschar al-Assad erlassen.

Die in Washington D.C. ansässige Weltbank kündigte ebenfalls umfassende Hilfe an: Sie will umgerechnet 1,65 Milliarden Euro an Finanzmitteln zur Verfügung stellen, um die Hilfs- und Wiederaufbaumaßnahmen in den Erdbebengebieten zu unterstützen.

Die EU hatte in einem ersten Schritt angekündigt, im Rahmen des EU-Katastrophenschutzes 6,5 Millionen Euro an Soforthilfen bereitstellen zu wollen. Zudem plant die EU Anfang März eine Geberkonferenz, um langfristige Unterstützung auf den Weg zu bringen.

Bei einem EU-Gipfel in Brüssel unterzeichneten die Regierungschefs aller Mitgliedsstaaten einen Brief an den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Darin versicherte die EU abermals versicherte, sie werde angesichts dieser „Tragödie“ mit „voller Solidarität“ an der Seite der Türkei und Syriens stehen.