Im Alter von 95 Jahren Ex-DDR-Regierungschef Modrow gestorben

Im Alter von 95 Jahren Ex-DDR-Regierungschef Modrow gestorben

11. Februar 2023 Aus Von mvp-web
Stand: 11.02.2023 11:26 Uhr

Hans Modrow ist tot. Der frühere Regierungschef der DDR starb im Alter von 95 Jahren, wie die Linksfraktion im Bundestag mitteilte. Modrow stand von November 1989 bis April 1990 an der Spitze des DDR-Ministerrats.

Der letzte DDR-Ministerpräsident der Staatspartei SED, Hans Modrow, ist tot. Er starb in der Nacht zum Samstag, wie die Linkspartei im Bundestag mitteilte. „Damit verliert unsere Partei eine bedeutende Persönlichkeit“, erklärten der Fraktionsvorsitzende Dietmar Bartsch und der frühere Fraktionschef Gregor Gysi.

Von November 1989 bis April 1990 lenkte Modrow die Geschicke der DDR. Er verhandelte nach dem Fall der Mauer die ersten Annäherungsschritte mit der Bundesregierung. Der langjährige SED-Funktionär und spätere PDS- und Linke-Politiker galt als überzeugter Sozialist, der sich zu DDR-Zeiten ein kleines Stück kritische Distanz zur allmächtigen SED bewahrt hatte.

 

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Für 150 Tage Vorsitzender des DDR-Ministerrats

In den 1970er-Jahren wurde Modrow deshalb aus der Machtzentrale Berlin als 1. Bezirkssekretär in die Provinz nach Dresden geschickt. Nach dem Fall der Mauer qualifizierte ihn das für Führungsaufgaben in der sich erneuernden SED.

Nur vier Tage danach wurde Modrow am 13. November 1989 zum Vorsitzenden des Ministerrates der DDR als Nachfolger von Willi Stoph gewählt – für rund 150 Tage. Bei den ersten freien Volkskammerwahlen am 18. März 1990 verlor die SED-PDS die Macht und Modrow einen Monat später sein Amt. Ihm folgte als letzter Ministerpräsident der DDR bis zur Wiedervereinigung der CDU-Politiker Lothar de Maizière.

DDR-Ministerpräsident Hans Modrow verkündete am 1. Februar 1990 am Rande des „Zentralen Runden Tisches“ im Schloss Niederschönhausen in Berlin-Pankow seinen Plan zur deutschen Einheit. Bild: picture-alliance/ ZB

Modrows Drei-Stufen-Plan

In seiner fünfmonatigen Amtszeit versuchte Modrow mit seinem Drei-Stufen-Plan noch, ein Stück DDR zu retten. Als Preis für die deutsche Einheit forderte er eine militärische Neutralität des neuen Staates. Im März 1990 gründete seine Regierung die Treuhandanstalt, die den Übergang von der Plan- in die Marktwirtschaft organisieren sollte.

Mit dem sogenannten Modrow-Gesetz ermöglichte der DDR-Ministerpräsident zahlreichen Haus- und Hof-Besitzern, die Grundstücke, auf denen ihre Häuser standen und die oft nach dem Krieg enteignet worden waren, sehr preiswert zu kaufen. Seine Kritiker werfen ihm vor, die Grundstücke seien vor allem an Funktionäre verscherbelt worden.

Bartsch und Gysi schrieben in ihrem Nachruf: „Der gesamte friedliche Verlauf der Herstellung der Deutschen Einheit war gerade ein besonderes Verdienst von ihm. Das wird sein politisches Vermächtnis bleiben.“

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Der günstige Kauf ostdeutscher Grundstücke nach dem so genannten Modrow-Gesetz in den neunziger Jahren ist rechtens gewesen.

Modrow selbst sagte 1989: „Unsere erste Aufgabe wird darin bestehen, dieses Land zu bewahren und dem sollten, ja müssen wir, alles andere unterordnen.“ Dabei war er nicht immer zimperlich. In Dresden ließ er Wochen vor dem Mauerfall hart gegen Demonstranten vorgehen. Ein Gericht verurteilte ihn deswegen Jahre später zu einer Bewährungsstrafe – eine weitere Strafe erging wegen Wahlfälschung. Urteile, die seinen Nachruhm im vereinten Deutschland verblassen ließen.

Ex-DDR-Regierungschef Hans Modrow gestorben

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Martin Krebbers, RBB, tagesschau 12:00 Uhr, 11.2.2023

Mitglied im Europaparlament

Nach der Wiedervereinigung saß Modrow von 1990 bis 1994 für die PDS im Deutschen Bundestag und vertrat sie von 1999 bis 2004 im Europaparlament. Den neuen Staat sah der Sozialist durchaus kritisch. Zu schnell sei die deutsche Einheit vollzogen worden, zu bedingungslos sei die DDR untergegangen, und zu einseitig sei sie als „Unrechtsstaat“ verdammt worden, rügte Modrow immer wieder. „Mit der Wende habe ich eine Verantwortung übernommen, die ständig wuchs, die ständig eine größere Last brachte“, sagte er in einem Interview 2009.

Als Mann der alten Garde trauerte er den einstigen kommunistischen Idealen der DDR hinterher. Bis ins hohe Alter beriet er die Linkspartei als Vorsitzender deren Ältestenrats. Er machte dabei deutlich, dass er sich als früherer Ministerpräsident weiter in Verantwortung auch den ehemaligen DDR-Bürgern gegenüber sehe.