Bund einigt sich – alle Geschäfte dürfen wieder öffnen

6. Mai 2020 Aus Von mvp-web

Länder übernehmen Verantwortung – Kontaktbeschränkungen werden gelockert

  • Die Ministerpräsidenten und Angela Merkel haben sich geeinigt: Die Kontaktbeschränkungen werden grundsätzlich verlängert – aber gelockert. Künftig dürfen sich auch Personen aus zwei Haushalten treffen
  • Wenn in einem Landkreis mehr als 50 Neuinfizierte pro 100.000 Einwohnern gemeldet werden, müssen wieder Maßnahmen eingeführt werden.
  • Dabei dürfen die Kreise aber selbst entscheiden, welche Maßnahmen wieder eingeführt werden.
  • Alle Geschäfte dürfen wieder öffnen

Topmeldung (13.49 Uhr): Die Bundesländer übernehmen Verantwortung für weitere Lockerungen der Corona-Beschränkungen, müssen aber auch auf mögliche negative Folgen sofort reagieren. Bund und Länder verständigten sich am Mittwoch darauf, dass die Länder sicherstellen, dass in Landkreisen oder kreisfreien Städten mit mehr als 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern innerhalb der letzten sieben Tage sofort wieder ein konsequentes Beschränkungskonzept umgesetzt werden muss. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Teilnehmerkreisen der Schalte von Kanzlerin Angela Merkel mit den Regierungschefs der Länder.

Allerdings strichen Bund und Länder den im Entwurf noch genannten Punkt, die Beschränkungskonzepte müssten sich daran orientieren, was ab dem 20. April bundesweit gegolten hatte. Somit entscheiden die Länder nun selbst, wie die Auflagen konkret aussehen müssen.

Alle Geschäfte dürfen öffnen

Auch bei einem anderen Punkt wurden sich Bund und Länder einig: Alle Geschäfte in Deutschland sollen unter Auflagen wieder öffnen dürfen. Die bisherige Öffnungsbeschränkung auf eine Verkaufsfläche von 800 Quadratmetern soll aufgehoben werden.

Kontaktbeschränkungen werden bis 5. Juni verlängert – mit Lockerung

Bund und Länder haben derweil die coronabedingten Kontaktbeschränkungen in Deutschland grundsätzlich bis 5. Juni verlängert. Allerdings einigten sich Kanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten der Länder bei ihrer Schalte am Mittwoch auch auf eine Lockerung. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur aus Teilnehmerkreisen sollen sich künftig auch Angehörige von zwei Haushalten treffen dürfen.

Angesichts der niedrigen Infektionszahlen soll der Aufenthalt im öffentlichen Raum nun nicht nur allein mit den Angehörigen des eigenen Hausstandes oder einer weiteren Person, sondern auch mit den Personen eines weiteren Hausstandes gestattet sein, wie es hieß. Dies soll durch eine Maskenpflicht in bestimmten öffentlichen Bereichen ergänzt werden. Generell gilt auch die Vorgabe, mindestens einen Abstand von 1,50 Metern zu anderen Menschen zu halten. Einzelne Länder hatten bereits Lockerungen der Kontaktbeschränkungen beschlossen.

Nur Sachsen-Anhalt lehnt ab

Bund und Länder hatten über die Zukunft der Kontaktbeschränkungen intensiv gerungen. Merkel hatte dabei das Vorgehen aus dem Saarland bevorzugt, wonach sich zwei Hausstände treffen können. Dies sei ein guter Vorschlag, wurde die Kanzlerin von Teilnehmern der Sitzung am Mittwochnachmittag zitiert. Im Saarland geht die Regelung auf ein Gerichtsurteil zurück, wonach sich Angehörige von zwei Haushalten treffen dürfen.

Der Vorschlag wurde dem Vernehmen nach auch von Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) und Bayerns Regierungschef Markus Söder (CSU) unterstützt. Er könne gut damit leben, weil es der Lebenswirklichkeit der Menschen entspreche, sagte Söder nach Teilnehmerangaben.

Einzig Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Rainer Haseloff (CDU) soll sich ablehnend geäußert haben. In seinem Bundesland dürfen sich seit Montag bis zu fünf Personen aus unterschiedlichen Haushalten treffen.

„Sonst öffnen wir ohne jede Sicherung“

In der Schalte hatte es zuvor heftige Diskussionen beim Thema Infektions-Limit gegeben, weil vor allem die Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen diese Obergrenze nicht akzeptieren wollten. Die Kritiker der Zahlenvorgabe warnten davor, dass dann möglicherweise aus Angst vor neuen Beschränkungen einfach weniger getestet werde, um nicht in die Gefahr zu geraten, am Ende über dem Grenzwert zu liegen.

Merkel habe sich jedoch schließlich mit ihrem Vorschlag durchgesetzt, hieß es. Dem Vernehmen nach warnte die Kanzlerin dringend davor, Infektionen zu ignorieren. So habe es in Italien und Frankreich auch begonnen. Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder unterstützte die Obergrenze für Neuinfektionen als „zentralen Bestandteil des Beschlusses. Sonst öffnen wir ohne jede Sicherung“, sagte er laut Teilnehmern.

Das war jedoch nicht der einzige Streitpunkt: Laut „Spiegel“-Reporter Florian Gathmann gab es auch Zoff um die Frage, ob zusätzlich zu den 1,5 Metern Sicherheitsabstand eine Regel eingeführt werden müsse, ob sich insgesamt fünf Personen treffen dürfen. Insbesondere Merkel und Söder seien dagegen gewesen.

Gerade bei weitreichenden Öffnungen steige wieder die Gefahr einer dynamischen Entwicklung, die schon zu Beginn der Pandemie häufig von
lokalen Ereignissen ausging und dann weiterverbreitet wurde, hieß es. Deshalb müsse ab einer gewissen Relevanz auf eine regionale Dynamik mit hohen Neuinfektionszahlen und einem schnellem Anstieg der Infektionsrate sofort vor Ort mit Beschränkungen reagiert werden.
Focus Online: Mittwoch, 06.05.2020, 14:10