In der seit Monaten umkämpften Stadt Bachmut im Osten der Ukraine verstärken russische Angreifer den Druck auf die letzten Verteidiger, die Lage bleibt aber unklar. Der Chef der russischen Söldnertruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, sagte am Freitag, seine Kämpfer hätten die Stadt fast vollständig eingekesselt. «Es gibt nur noch eine Straße (hinaus)», behauptete er in einer Videobotschaft.
Seine Angaben waren nicht unabhängig überprüfbar. In dem Propagandavideo zeigte Prigoschin angebliche ukrainische Gefangene, zwei junge Männer und einen alten Mann. Bachmut werde nur noch von «Alten und Kindern» verteidigt, sagte er. «Ihr Leben in Bachmut ist kurz – ein oder zwei Tage.» Er forderte den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj auf, den Verteidigern einen Abzug zu erlauben.
Ukraine will Bachmut nicht aufgeben
Dagegen beharrt die ukrainische Seite darauf, dass die Stadt weiter verteidigt werde. «Ja, es ist schwierig und hart, aber wir wissen, wie wir weiter vorgehen», sagte der Sekretär des Sicherheitsrates, Oleksij Danilow, dem Portal RBK-Ukraina. Einer ukrainischen Aufklärungseinheit, die mit Drohnen arbeitet, wurde indes nach Angaben ihres Kommandeurs befohlen, sich zurückzuziehen.
Nach dem Verlust der Städte Sjewjerodonezk und Lyssytschansk 2022 gehört Bachmut zur nächsten Verteidigungslinie der Ukraine im Donbass. Mit den Stellungskämpfen hat die ukrainische Armee Russland zu möglichst hohen Verlusten an Soldaten und Material gezwungen. Allerdings erlitten auch die Verteidiger hohe Verluste. Die Stadt, die einst 74 000 Einwohner zählte, wurde weitgehend zerstört. Behörden zufolge leben noch 5000 Zivilisten in Bachmut.
Putin berät nach Kämpfen auf russischen Gebiet mit nationalem Sicherheitsrat
Einen Tag nach rätselhaften Angriffen Bewaffneter im russischen Grenzgebiet zur Ukraine hat Russlands Präsident Wladimir Putin mit den ständigen Mitgliedern des nationalen Sicherheitsrates beraten. Putin äußerte sich zu Beginn der Sitzung in Moskau aber nicht zu den Ereignissen. Am Vortag hatte er sie als Terrorakt bezeichnet. Stattdessen nannte Putin den Schutz von Gebäuden russischer Sicherheitsorgane vor Terroranschlägen als Thema der Sitzung.
Der Präsident bat Innenminister Wladimir Kolokolzew, Bericht zu erstatten. Nur diese zwei kurzen Sätze wurden vom Kreml und russischen Medien öffentlich gemacht. Den Angaben nach nahmen die Spitzen der Regierung, des Parlaments, des Militärs und der Sicherheitsbehörden teil.
Russische Nationalisten bekennen sich zu Angriffen
Am Donnerstag hatten Medien die Sitzung von Putins engstem Beratergremium mit den Angriffen im Grenzgebiet Brjansk in Verbindung gebracht. Kremlsprecher Dmitri Peskow bestätigte die Sitzung des Sicherheitsrates, äußerte sich aber nicht zur Tagesordnung. Eine geplante Reise Putins in den Nordkaukasus wurde abgesagt.
Der russische Inlandsgeheimdienst FSB berichtete am Donnerstag von Gefechten mit angeblichen ukrainischen Sabotagetrupps. Nach russischen Angaben töteten die Eindringlinge zwei Männer und verletzten ein Kind. Die Ukraine wies jede Verwicklung zurück. In einem Bekennervideo übernahmen später russische Nationalisten, die aber für die Ukraine kämpfen, die Verantwortung für die Angriffe.
London: Russland kann eigene Hightech-Waffensysteme nicht in Massen produzieren
Die internationalen Sanktionen schwächen nach britischer Einschätzung die russischen Fähigkeiten zur weitreichenden Nutzung moderner Abwehrsysteme in der Ukraine. «Dies ist wahrscheinlich auf das Unvermögen der russischen Industrie zurückzuführen, Hightech-Systeme in großem Maßstab herzustellen», teilte das britische Verteidigungsministerium am Freitag mit. Das Problem werde durch die Auswirkungen der Sanktionen noch verschärft
So gebe es keine Belege, dass Russland eine neue Version seines Selbstschutzsystems Arena, das es auf internationalen Rüstungsmessen anbiete, in der Ukraine einsetzt, hieß es in London unter Berufung auf Geheimdiensterkenntnisse weiter. Dabei hätten die russischen Truppen im Krieg bereits mehr als 5000 gepanzerte Fahrzeuge verloren.
Bundesländer sichern Ukraine weitere Hilfe zu
Die 16 Bundesländer haben der Ukraine ein Jahr nach dem Angriff Russlands weitere Hilfe zugesichert. Die militärische, humanitäre und finanzielle Unterstützung sei notwendig, damit die Menschen dort ihr Recht durchsetzen könnten, in einem freien, demokratischen und selbstbestimmten Land zu leben, heißt es in einem am Freitag vom Bundesrat einstimmig gefassten Beschluss. In ihm wird der russische Angriffskrieg «auf das Schärfste» verurteilt. Wegen der Fortdauer des Krieges und der unverändert hohen Zahl von Flüchtlingen aus der Ukraine fordern die Länder den Bund zu weiterer Unterstützung für sich und die Kommunen auf.
An der Sitzung nahm auch der ukrainische Botschafter Oleksii Makeiev teil. «Es ist uns ein großes Anliegen, die Solidarität der 16 deutschen Länder mit der Ukraine zum Ausdruck zu bringen», sagte Bundesratspräsident Peter Tschentscher (SPD). «Wir stehen an Ihrer Seite, wir nehmen Anteil an Ihrem Leid und trauern mit Ihnen um die Toten.»
Ukraine verurteilt russischen Piloten zu zwölf Jahren Haft
In der von Russland angegriffenen Ukraine ist ein russischer Pilot wegen Kriegsverbrechen zu zwölf Jahren Gefängnis verurteilt worden. Unter anderem sei nachgewiesen worden, dass der Mann vor knapp einem Jahr das Gelände des Fernsehturms von Charkiw bombardiert habe, teilte die Staatsanwaltschaft am Freitag mit.
Das Gelände werde ausschließlich zivil genutzt, hieß es. Insgesamt seien acht Bomben mit einem Gesamtgewicht von 2,5 Tonnen abgeworfen worden. Der Mann sei nach dem Abschuss seines Flugzeugs durch die ukrainische Flugabwehr von der Nationalgarde festgenommen worden. In der Ukraine sind bereits mehrere in Gefangenschaft geratene russische Soldaten wegen Kriegsverbrechen zu langen Gefängnisstrafen verurteilt worden.
Umfrage: Mehrheit befürwortet weiteres Geld für die Bundeswehr
Fast zwei Drittel der Menschen in Deutschland wünschen sich einer Umfrage zufolge weitere Ausgaben für die Bundeswehr – auch wenn dafür Schulden oder Einsparungen nötig wären. Das geht aus dem am Freitag veröffentlichten ZDF-«Politbarometer» hervor. Demnach sind 62 Prozent der Befragten dafür, über das 100-Milliarden-Sondervermögen hinaus mehr Geld in die Bundeswehr zu investieren, selbst wenn sich der Bund dafür verschulden oder in anderen Bereichen sparen müsste.
Wie aus der repräsentativen Umfrage hervorgeht, findet sich zu dieser Forderung unter nahezu allen Parteianhängern eine Mehrheit – lediglich Anhänger der Linkspartei sind mehrheitlich dagegen. Knapp ein Drittel der Befragten (32 Prozent) stellte sich gegen weitere Ausgaben für die Bundeswehr. Sechs Prozent waren unentschlossen.
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hatte zuletzt gefordert, den Wehretat auch über das Sondervermögen hinaus aufzustocken. Auch der Bundeskanzler Olaf Scholz betonte, gemäß dem Nato-Ziel zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Rüstung ausgeben zu wollen. Für das laufende Jahr werden nach internen Berechnungen der Bundesregierung lediglich 1,6 Prozent erwartet. dpa/kzy