Autobahnbau, Heizungsstreit, Geld: Die Ampel-Koalition hat viel Streit im Gepäck, wenn sie sich in den nächsten zwei Tagen auf das Barockschloss Meseberg in Brandenburg zurückzieht. Ausgeruhte Gespräche hinter verschlossener Tür scheinen nötig, denn eineinhalb Wochen vor einem wichtigen Haushaltsbeschluss ist die Stimmung zwischen SPD, Grünen und FDP gereizt wie lange nicht mehr.
Vor allem die beiden kleineren Koalitionspartner geraten öffentlich immer wieder aneinander, die Schlappe der FDP bei der Berlin-Wahl erhöhte zusätzlich den Druck. Zusammenraufen, das könnte das Motto der Ampel in Meseberg werden.
Auf der Tagesordnung der Kabinettsklausur am Sonntag und Montag ist von den Problemthemen zwar keine Spur. Da finden sich viel mehr Punkte wie «Wirtschaftliche Perspektiven Deutschlands und Europas in der Zeitenwende» mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen oder «Roadmap Energiewende 2030» und die Datenpolitik.
Doch eine solche Klausur mit Übernachtung im Gästehaus der Bundesregierung ist auch eine Gelegenheit, sich in Streitfragen zumindest anzunähern. Klar ist: Meseberg ist eine Art Zwischenstation. Entscheidungen werden eher bei einem Koalitionsausschuss Ende März erwartet.
Streit ums Geld
Ein Grund für das gereizte Klima ist, dass FDP-Chef Christian Lindner am 15. März die Eckpunkte für den Etat des kommenden Jahres vorlegt. Wie üblich wollen seine Kabinettskollegen mehr Geld als der Finanzminister ihnen zugestehen will.
Die Zusatzwünsche sollen sich auf 70 Milliarden Euro summieren. Steigende Zinsen, die wieder einzuhaltende Schuldenbremse und die Weigerung der FDP, die Einnahmen durch Steuererhöhungen aufzupolstern, schränken den Spielraum ein.
Klar ist, dass der neue Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) mehr Geld bekommen soll. Die Grünen sorgen sich, dass für ihre sozialen und klimapolitischen Projekte nicht genügend übrigbleibt. Zuletzt machte ein teils süffisanter Briefwechsel von Lindner und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) die Runde.
Kindergrundsicherung
Der Disput um die im Koalitionsvertrag vereinbarte Kindergrundsicherung wird häufig mit dem Haushaltsstreit vermischt. Dabei geht es hier eigentlich um Geld für 2025, also den Folge-Etat.
Vereinbart haben SPD, Grüne und FDP, dass Leistungen vom Kindergeld über den Kinderzuschlag bis hin zur finanziellen Unterstützung für Klassenfahrten gebündelt werden und besser bei den Berechtigten ankommen sollen. Ob das auch eine milliardenschwere finanzielle Aufstockung bedeuten soll, ist zwischen Grünen und FDP umstritten.
Verbot von Gas- und Ölheizungen?
Der Streit um die Öl- und Gasheizungen ist der wohl frischeste in der Koalition. Dabei hatten die Partner eigentlich bereits im vergangenen Jahr vereinbart, dass möglichst ab 2024 nur noch Heizungen neu eingebaut werden dürfen, die zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden.
Details der Pläne machte das Wirtschaftsministerium jetzt öffentlich – und zog heftige Proteste der FDP auf sich. Die Liberalen fürchten, die Regelung für mehr Klimaschutz werde viele Hausbesitzer finanziell überfordern und Baukosten hochtreiben.
Aus für Diesel und Benziner
Auf Druck der Bundesregierung hat die EU ihre Abstimmung über das Aus für den Verbrennungsmotor für neu zugelassene Autos ab 2035 verschoben. Die FDP fordert von der EU-Kommission einen Vorschlag, wie klimaneutrale synthetische Kraftstoffe eingesetzt werden können. Die SPD ist genervt und wirft den Liberalen vor, den Verbrenner retten zu wollen, während die Industrie schon viel weiter sei. Mit E-Fuels seien die Klimaziele im Verkehr nicht zu erreichen.
Autobahn-Ausbau
Ob Autobahnen schneller gebaut werden sollen, ist ein Dauerstreit in der Koalition. Die FDP fordert das und verweist auf die Prognose, dass der Güterverkehr auf der Straße langfristig stark wächst. Die Grünen lehnen eine Beschleunigung ab und fordern mehr Engagement für die Klimaziele.
Streit zwischen Scholz und Baerbock
Zwischen Kanzler Olaf Scholz (SPD) und seiner Außenministerin Annalena Baerbock ruckelt es. Vielen in der SPD gefällt nicht, dass die Grünen-Politikerin international oft Klartext spricht – während Scholz vieles lieber in Hinterzimmern regelt.
Als Baerbock beim Europarat zum Zusammenhalt der westlichen Verbündeten aufrief, sagte sie: «Wir kämpfen einen Krieg gegen Russland und nicht gegeneinander.» Scholz fühlte sich gezwungen, diese Aussage sofort einzufangen und klarzustellen: «Das ist ein Krieg zwischen Russland und der Ukraine.» Auch die deutsche Strategie zum Umgang mit China kommt kaum voran. dpa/hev