Wenn Sie zur Corona-Impfung gehen: 4 Dinge, die Ihr Arzt mit Ihnen bespricht

29. Dezember 2020 Aus Von mvp-web
Die Impfzentren sind einsatzbereit, nun kann im Akkord geimpft werden. Vor dem Pieks erhält jeder Patient wichtige mit Informationen zu Impfschutz und Nebenwirkungen. Was Sie in einem solchen Aufklärungsgespräch erwartet.

Laut Bundesregierung soll ein Arzt 69 Menschen pro Tag gegen Corona impfen. Pro Patient hätte er dann 15 Minuten – für ein aufklärendes Gespräch sowie die Impfung. Nicht viel Zeit, in der ein Patient eine ganze Menge wichtiger Informationen erhält. FOCUS Online hat mit Wolf-Dieter Ludwig darüber gesprochen, welche Punkte ein Arzt in dieser kurzen Zeit ansprechen sollte. Ludwig ist Vorsitzender der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft.

1. Verlauf von Covid-19

Zunächst muss der Arzt über den möglichen Verlauf von Covid-19 aufklären. Was könnte passieren, wenn sich ein Patient doch nicht impfen lässt und an Covid-19 erkrankt? Welche Verläufe sind möglich? „Man muss sagen, dass es durchaus sein kann, dass Sie infiziert werden und überhaupt keine Symptome haben. Es kann aber auch sein, dass Sie eine schwere Lungenentzündung erleiden und beatmet werden müssen“, sagt Wolf-Dieter Ludwig. „Und es kann in einer gewissen Risikogruppe sogar sein, dass Sie daran versterben.“

2. Risiken der Impfung

Außerdem sollten dem Patienten vor dem Pieks die bislang bekannten Risiken der Impfung bewusst sein. „Derzeit wissen wir: Die Nebenwirkungen sind diejenigen, die man von Impfungen gegen andere Viruserkrankungen kennt“, berichtet Ludwig. „Manche bekommen Kopfschmerzen, Fieber, möglicherweise Schüttelfrost oder Schmerzen an der Einstichstelle. Das sind alles keine gravierenden Nebenwirkungen.“

Wichtig sei aber auch der Hinweis, dass noch nicht bekannt ist, welche langfristigen Folgen die Impfung haben kann. „Man muss klar sagen, dass man die langfristige Sicherheit im Augenblick nicht beurteilen kann, weil die Beobachtungsdauer noch viel zu kurz ist. Beim Biontech-Impfstoff waren es beispielsweise nach der zweiten Impfung im Durchschnitt nur zwei Monate“, betont Ludwig

3. Statistische Aussagekraft der Impfstudien

Wie aussagekräftig sind die Studien, die bislang zu den Corona-Impfstoffen durchgeführt wurden? Auch hierzu sollte ein Arzt vor der Impfung aufklären. Die Studie von Biontech und Pfizer umfasste 43.448 Teilnehmer. Bei 36.523 von ihnen wurde zum Zeitpunkt der Impfungen keine existierende oder vorangegangene SARS-CoV-2-Infekion festgestellt. 18.198 davon bekamen den neuen Impfstoff und 18.325 zur Kontrolle ein Placebo. Von den Geimpften erkrankten acht trotzdem an Covid-19. In der Placebo-Gruppe waren es 162. Daraus ergibt sich eine Schutzwirkung von 95 Prozent.

„Die vorliegenden Ergebnisse sprechen dafür, dass durch eine Impfung das Auftreten von Symptomen im Sinne von Covid-19 verhindert werden kann“, erklärt der Vorsitzende der Arzneimittelkommission. Trotzdem brauche es weitere Untersuchungen. „Bislang wissen wir relativ wenig darüber, wie etwa Menschen, die ein geschwächtes Immunsystem haben, auf die Impfung reagiert haben – ob sie tatsächlich ausreichend Antikörper bilden, sodass sie dann immun sind. Und ob bestimmte Begleiterkrankungen die Wirksamkeit der Impfung einschränken oder verstärkte Nebenwirkungen auslösen.“ Diese Informationen gehen aus den Pressemitteilungen und Studien der Konzerne nicht hervor.

4. Langfristige Wirkung der Impfung

Derzeit ist nicht klar, wie lange die Immunität gegen das Coronavirus anhält. Bin ich nach einer Impfung mein Leben lang geschützt gegen Sars-CoV-2? Das können die derzeit vorliegenden Studien nicht versprechen, da Langzeitdaten fehlen. Dramatisch sei das nicht, meint Ludwig. Sollte die Immunität nach ein bis zwei Jahren nachlassen, müssten Patienten die Impfung wiederholen. Eine Auffrischung ist bei vielen gängigen Impfungen nötig. „Derzeit wird man zwei Mal geimpft. Man könnte durchaus später nochmal geimpft werden, wenn die Immunität verschwindet – man nennt dies Auffrischungs- oder Boosterimpfung.“

Ein lebenslanger Schutz ist also nicht garantiert. Ebenso unklar sei, ob die Impfung bei alten Menschen überhaupt die gewünschte Wirkung zeige, meint Ludwig: „Bei Menschen über 80 müssen wir sagen: Wir wissen nicht, ob ihr Immunsystem noch so aktiv ist, dass sie ausreichend Antikörper und zelluläre Immunität durch T-Lymphozyten bilden.“

Es könnte außerdem sein, dass die Impfung nicht gegen alle Mutationen von Sars-CoV-2 wirkt. Biontech-Firmenchef Ugur Sahin geht zwar davon aus, dass sein Impfstoff gegen die kürzlich in Großbritannien entdeckte Mutation wirkt, doch wie sieht es mit anderen Mutationen aus? Wolf-Dieter Ludwig vermutet, dass eine Massenimpfung den Druck auf das Virus möglicherweise erhöht, weiter zu mutieren, um zu überleben: „Durch eine Massenimpfung kann es durchaus sein, dass das Virus seine Merkmale verändert, um der Reaktion des Immunsystems zu entgehen.“ Aber auch das sei noch ungewiss. Er fasst zusammen: „Wir wissen derzeit nicht, wie lange die Immunität anhält.“