Nach Drohnen-Absturz: Droht eine Eskalation zwischen USA und Russland?

Nach Drohnen-Absturz: Droht eine Eskalation zwischen USA und Russland?

16. März 2023 Aus Von mvp-web

Die erste direkte militärische Konfrontation zwischen den USA und Russland seit Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine hat Sorgen vor einer weiteren Eskalation geweckt. Eine unbemannte US-Militärdrohne war nach Angaben des US-Militärs am Dienstag in internationalem Luftraum über dem Schwarzen Meer mit einem russischen Kampfjet zusammengestoßen.

Moskau und Washington machten danach gegensätzliche Angaben, wie es zu dem Zwischenfall kam. Strittig ist dabei unter anderem, ob der Zusammenstoß in internationalem Luftraum geschah. Washington unterstützt die Ukraine unter anderem mit Waffen und Aufklärung.

Was sagt die US-Regierung zu dem Zwischenfall?

Vom US-Militär hieß es, zwei russische Kampfjets hätten 75 nautische Meilen (rund 139 Kilometer) südwestlich der von Russland besetzten Krim-Halbinsel ein Abfangmanöver mit Drohne vom Typ MQ-9 ausgeführt. Diese sei im internationalen Luftraum über dem Schwarzen Meer geflogen. Einer der Kampfjets habe dabei den Propeller der US-Drohne getroffen. Diese sei danach nicht mehr manövrierfähig gewesen. US-Kräfte hätten sie deshalb vom Himmel holen und ins Meer stürzen lassen müssen. Durch den Crash habe man die Drohne komplett verloren. Die USA haben unter anderem Vorwürfe erhoben, dass russische Kampfflugzeuge Treibstoff auf die Drohne abgelassen hätten.

Kreml sieht Schuld bei US-Militär

Der Kreml hat die Schuld für den Absturz der US-Militärdrohne über dem Schwarzen Meer Washington zugeschoben. «Vielleicht hätten diejenigen, denen es nicht zusteht, dort nicht fliegen sollen, dann wäre alles sauber gewesen», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Mittwoch im russischen Staatsfernsehen. Auch Russlands Verteidigungsministerium wies jede Verantwortung für den Absturz von sich. «Die russischen Kampfflugzeuge haben keine Bordwaffen eingesetzt, sind nicht in Kontakt mit dem unbemannten Flugapparat geraten und kehrten sicher zu ihrem Heimatflughafen zurück», hieß es in einer von der Staatsagentur Tass verbreiteten Mitteilung.

Jets vom Typ Su-27 der Luftwaffe seien aufgestiegen, um einen unbekannten Eindringling über dem Schwarzen Meer zu identifizieren. Der Bordfunk sei ausgeschaltet gewesen und die Drohne habe Kurs auf die russische Grenze genommen, hieß es. Bei einem scharfen Ausweichmanöver habe sie rapide an Höhe verloren und sei abgestürzt.

Der russische Botschafter in Washington, Anatoli Antonow, warf den USA vor, Geheimdienstinformationen zu sammeln, «die später vom Kiewer Regime genutzt werden, um unsere Streitkräfte und unser Territorium anzugreifen».

Russland hatte zu Beginn des Kriegs im Schwarzen Meer einseitig neue Sperrzonen festgelegt und nach eigenen Angaben auch die internationale Gemeinschaft darüber informiert.

Russland will amerikanische Drohne bergen

Russland hat nun erklärt, die im Schwarzen Meer zum Absturz gebrachte US-Drohne finden und bergen zu wollen. «Ich weiß nicht, ob uns das gelingt. Aber man muss das machen. Ich hoffe natürlich auf einen Erfolg», sagte der Sekretär des Nationalen Sicherheitsrates, Nikolai Patruschew, am Mittwoch dem russischen Staatsfernsehen. Zwar würden die USA immer wieder betonen, dass sie nicht Kriegspartei seien, der Fall zeige aber ihre Beteiligung an den Kampfhandlungen. «Das ist eine weitere Bestätigung, dass sie unmittelbar an diesen Maßnahmen, am Krieg, beteiligt sind», sagte Patruschew.

Warum kann der Vorfall zu einer Eskalation führen?

Abfangmanöver haben nicht unbedingt zum Ziel, ein Flugzeug abzudrängen oder zur Landung zu zwingen, sondern dienen oft dazu, um etwa durch Sichtkontakt festzustellen, ob von einem verdächtigen Fluggerät eine Gefahr ausgeht. Der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates der USA, John Kirby, sagte, solche Abfangmanöver seien nicht ungewöhnlich. Dieser Fall steche allerdings heraus durch das unsichere und unprofessionelle Vorgehen der russischen Seite.

Die «Washington Post» schrieb, solche Provokationen könnten zu «Fehlkalkulationen und unbeabsichtigten Eskalationen» zwischen den beiden Mächten führen. Die Konfrontation unterstreiche die hohen Risiken des Konflikts.

Es sei das erste Mal, dass russische und US-Militärflugzeuge in direkten physischen Kontakt geraten seien, seit Russland vor etwas mehr als einem Jahr die Invasion der Ukraine begonnen habe, so der Sender CNN und andere US-Medien. Der Zwischenfall werde wahrscheinlich die Spannungen zwischen den beiden Nationen verschärfen.

Wie reagiert Washington?

Der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates der USA, John Kirby sagte, die US-Regierung erwäge, Bildmaterial zu veröffentlichen, um für Aufklärung zu sorgen. Kirby warnte, ein derart unangemessenes Vorgehen russischer Piloten könnte zu «Fehleinschätzungen» zwischen den Streitkräften beider Länder führen. Mit Blick auf Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine sagte er: «Wir wollen nicht, dass dieser Krieg über das hinaus eskaliert, was er dem ukrainischen Volk bereits angetan hat.»

Was ist über die Drohne bekannt?

Die MQ-9-Drohne wird in erster Linie zur Aufklärung genutzt, kann aber auch Präzisionsangriffe durchführen. Sie wird aus der Ferne gesteuert. Das Pentagon wollte keine genaueren Angaben dazu machen, was genau die Mission der Drohne in diesem Fall gewesen und ob sie bewaffnet gewesen sei oder nicht.

Zu einer möglichen Bergung des Fluggeräts äußerte sich das Pentagon zunächst nicht. Kirby sagte lediglich, die USA hätten Vorkehrungen getroffen, damit die Drohne nicht in fremde Hände gerate. Die USA haben nach Angaben von US-Medien seit Kriegsbeginn keine Kriegsschiffe mehr im Schwarzen Meer. dpa/AB/gut