Rügener LNG-Terminal-Gegner sprechen vor Petitionsausschuss

Rügener LNG-Terminal-Gegner sprechen vor Petitionsausschuss

8. Mai 2023 Aus Von mvp-web
Stand: 08.05.2023 10:50 Uhr

Das geplante LNG-Terminal vor Rügen beschäftigt heute Mittag den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages in Berlin. Gegner des Projekts hatten mehr als die geforderten 50.000 Unterschriften gesammelt. Nun dürfen die Petenten ihre Einwände vortragen.

Die Petition richtet sich gegen die Aufnahme Rügens als Standort in das LNG-Beschleunigungsgesetz. Damit würde ein dort geplantes Terminal als priorisiertes Vorhaben eingestuft und der Weg für ein schnelleres Genehmigungsverfahren geebnet. Der Student und Binzer SPD-Gemeindevertreter Marvin Müller hatte die Petition gestartet und gemeinsam mit dem Bündnis „Rügen gegen LNG“ in vier Wochen fast 95.000 Unterschriften gesammelt – gut 61.000 haben die Petition unterschrieben, gut 33.000 unterzeichneten online. Die Gegner treibt die Sorge, dass sich ein solches Flüssigerdgas-Terminal rund um Rügen äußerst negativ auf Tourismus und Natur auswirken könnte.

„Es war eher eine Nicht-Kommunikation“

Die Argumente zum Umweltschutz und zum Tourismus-Erhalt seien durch die bundesweit wahrgenommenen Proteste hinlänglich bekannt, hieß es von den Initiatoren im Vorfeld. Ihnen geht es insbesondere darum, die Stimmung und Eindrücke aus der Region wiederzugeben und auf die mangelhafte Kommunikation des Bundes mit den Menschen vor Ort hinzuweisen. „Es war eher eine Nicht-Kommunikation“, sagte Müller dem NDR in MV. „Man wurde mit den Plänen konfrontiert. Es wurde gesagt, wir werden das Mitte Mai bauen und dann war ganz, ganz lange nichts.“ Viele Anfragen auch an Ministerien seien nicht beantwortet worden. Der Unwillen zur Information und Diskussion mit den Menschen vor Ort, schüre Ängste und Unwissenheit. „Auch das hat am Ende mit zu der großen Protestwelle geführt“, so Müller.

„Es geht um Versorgungssicherheit für den Osten Deutschlands“

Bis zum 20. April habe man nichts weiter gehört und wurde im Dunkeln gelassen. Bei dem Termin Ende April in Binz auf Rügen hatten Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in einer Gesprächsrunde mit rund 50 Vertretern aus Politik, Tourismus und Wirtschaft das Projekt verteidigt. Scholz bekräftigte die Notwendigkeit eines LNG-Terminals: „Es geht um Versorgungssicherheit für den Osten Deutschlands.“ Als bevorzugten Standort hatte die Regierung Mukran favorisiert, als Starttermin für den Bau Mitte Mai genannt.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat die Notwendigkeit eines LNG-Terminals bekräftigt. Im Fokus der Planungen steht offenbar Mukran.

LNG-Terminal-Gegner haben Zweifel an Argumenten des Bundes

Dennoch sei Vieles bis heute offen, kritisiert Müller. „Wenn man aber die ganze Zeit mit der akuten Versorgungssicherheit für den nächsten Winter argumentiert, jetzt aber in dieser Zeitnot sich befindet, dann kann man nicht mit einer Versorgungssicherheit im nächsten Winter argumentieren“, meint Müller. Denn wenn jetzt noch gar kein Vorhabenträger benannt sei, könne ein solches Projekt kaum in dieser kurzen Zeitspanne realisiert werden. Und wenn das Projekt sogar erst im übernächsten Winter in Betrieb gehen würde, sorge das für noch mehr Zweifel.

Ziel: Parlamentarische Mehrheit verhindern

Sein Ziel sei es nun, die Parlamentarier von den Argumenten gegen das Projekt zu überzeugen. „In einer zweiten Instanz ist unser Ziel, dass wir am Ende keine parlamentarische Mehrheit für die Aufnahme des Projekts in das LNG-Beschleunigungsgesetz bekommen“, sagt Müller. Er ist in der Sitzung heute einer der ersten, der zu Wort kommen wird – gemeinsam mit dem Binzer Kurdirektor Kai Gadeja. Beide haben fünf Minuten Zeit für ihr Eingangs-Statement.

Petition könnte an Bundestag weitergeleitet werden

 

LNG soll Deutschland aus der Energiekrise helfen. Im Norden entstehen dafür die ersten Terminals. Welche Vor- und Nachteile gibt es?

Danach können die Ausschussmitglieder, also die Bundestagsabgeordneten, Fragen stellen und auch das zuständige Bundeswirtschaftsministerium kann sich zu Wort melden und Stellung beziehen. Ob der Ausschuss die Petition für begründet hält, wird er in einer späteren Sitzung entscheiden. Sollte das der Fall sein, würde sie an den Bundestag weitergeleitet werden. Die Bundesregierung ist allerdings nicht verpflichtet, die Forderung der Petition dann auch umzusetzen.

Binzer Bürgermeister will notfalls vor Gericht ziehen

„Die Anhörung im Deutschen Bundestag hat eine große Signalwirkung, falls das Parlament sich mit der Aufnahme von Rügen in das LNG-Beschleunigungsgesetz befassen sollte“, sagte Mitpetent Kai Gardeja. Der Binzer Bürgermeister Karsten Schneider kündigte gegebenenfalls weitere Schritte an: „Sollte die Politik beim LNG-Beschleunigungsgesetz weiter Fakten schaffen und den Standort Rügen beschließen, werden wir gerichtlich per einstweiliger Anordnung dagegen vorgehen.“ Ende März hatte sich der Haushaltsausschuss des Bundestages skeptisch hinsichtlich der Rügener LNG-Pläne gezeigt. Er hatte zwar Mittel für Planungen freigegeben, weitere Mittel für den Bau hingegen nicht. Stattdessen hatten die Parlamentarier weitere Prüfungen eingefordert.

Seit Monaten Proteste

Die LNG-Pläne sorgen seit Monaten für Kritik. Gegner fürchten um die Umwelt und den für Rügen besonders wichtigen Tourismus. Sie sprechen zudem von nicht benötigten Überkapazitäten und negativen Folgen für das Klima durch den weiteren Aufbau von Infrastruktur für fossile Energieträger. Deutschland treibt den Ausbau von Infrastruktur zum Import von verflüssigtem Gas per Schiff seit vergangenem Jahr energisch voran, und will damit ausbleibende russische Energielieferungen aus Pipelines ausgleichen.

FDP vermisst klaren Kurs der Landesregierung

Die FDP Mecklenburg-Vorpommerns warf der Landesregierung unterdessen vor, dass die Debatte um das LNG-Terminal ohne sie stattfinden würde. „Dabei müsste Schwesig jetzt für unser Land und die Region kämpfen“, sagte der FDP-Landtagsabgeordnete David Wulff. Es wäre die Aufgabe der Landesregierung gewesen, „einen klaren Kurs zu fahren, um die Lebensqualität der Anwohnerinnen und Anwohner zu schützen und – sofern das Terminal entsteht – echte Vorteile für sie zu erstreiten“. Wenn Rügen mit dem LNG-Terminal „einen enormen Nutzen für ganz Deutschland und halb Europa schafft, dann müssen die Menschen vor Ort auch davon profitieren“.