Vor Legalisierung Ansturm auf Cannabis-Clubs

Vor Legalisierung Ansturm auf Cannabis-Clubs

29. Mai 2023 Aus Von mvp-web

Stand: 29.05.2023 11:42 Uhr

Im April hat Gesundheitsminister Lauterbach sein Eckpunktepapier zur Legalisierung von Cannabis vorgelegt. Seitdem steigen die Mitgliederzahlen von Cannabis-Clubs rasant. Und nun?

Von Paul Jens, SWR

„Bei uns sind die Mitgliederzahlen explodiert. Am ersten Tag nach der Veröffentlichung des Eckpunktpapiers hatten wir 70 Anfragen von neuen Mitgliedern“, erzählt Julen Merino. Er ist der Vereinsvorsitzende des Cannabis Social Clubs (CSC) Stuttgart. Im Ausland – zum Beispiel in Spanien oder Uruguay – organisieren sich Menschen in CSCs, um für den Eigenbedarf Cannabis anzubauen. In Deutschland ist das bisher noch nicht legal. Der Stuttgarter Club hat deshalb bisher Demonstrationen organisiert und sich für die Legalisierung von Cannabis eingesetzt.

Bis April hatte der Verein noch rund 50 Mitglieder. Doch seitdem bekannt ist, dass die Clubs in der Legalisierung von Cannabis eine entscheidende Rolle einnehmen sollen, ist nichts mehr wie zuvor. Jeden Tag kämen neue Mitgliedsanträge an – und das sogar aus ganz Deutschland, sagt Merino. „Die meisten kommen aus der Region Stuttgart, aber teilweise auch Leute aus Bayern oder Leipzig. Und auch bei den Altersgruppen ist alles dabei.“

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Zentrales Element der Legalisierung

Das Interesse an den Clubs ist nicht ohne Grund enorm. Nach den Plänen von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach sollen die Clubs künftig legal Cannabis anbauen und an ihre Mitglieder abgeben dürfen: maximal 25 Gramm am Tag und insgesamt 50 Gramm pro Monat. Gleichzeitig soll die Mitgliederzahl aber auf 500 beschränkt werden. Und so viele Clubs gibt es noch gar nicht in Deutschland. Der Druck ist also groß, sich schon vor der Legalisierung einen Platz zu sichern.

Die Nachfrage ist riesig, doch können die Cannabis Social Clubs sie überhaupt decken? Merino hat daran seine Zweifel: „Die flächendeckende Versorgung durch CSCs wird nicht klappen. Die Mitgliederzahlen sind auf 500 beschränkt und die Vorgaben für neue Clubs sind einfach zu streng.“ Mit den bisherigen Plänen könne man den Schwarzmarkt für Cannabis nicht austrocknen.

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Gestrecktes Cannabis

Dabei zählen die Bekämpfung des Schwarzmarktes und der Gesundheitsschutz zu den wichtigsten Argumenten für eine Legalisierung. Denn die angebotenen Produkte haben sich in den vergangenen Jahren massiv verändert, sagt Franziska Maubach von der juristischen Fakultät der Universität Tübingen: „Gerade gestrecktes und stark verunreinigtes Cannabis – darin können zum Beispiel Glassplitter, Haarspray und Kräuter enthalten sein – ist für den Konsumenten einfach gefährlich.“ Zusätzlich sei die Wirksamkeit des Schwarzmarkt-Cannabis in den vergangenen Jahren massiv gestiegen – mit unberechenbaren Risiken für die Gesundheit der Konsumenten.

Um den gefährlichen Schwarzmarkt einzudämmen, seien die Cannabis Social Clubs durchaus eine gute Lösung, meint Maubach. Allerdings dürfe der Preis von legalem Cannabis nicht höher sein. „Es geht aber auch um einen einfachen Zugang zu legalem Cannabis. Je niedriger die Schwelle ist, desto eher kann der Schwarzmarkt verdrängt werden.“ Daher fordert sie, dass es künftig auch staatlich regulierte Fachgeschäfte für den Vertrieb von Cannabis gibt. Sonst könne das legale Angebot die Nachfrage am Markt kaum decken.

 
Cannabis in der Hand einer Person.

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Modellversuche unter wissenschaftlicher Begleitung

Auch Julen Merino vom Cannabis Social Club Stuttgart wünscht sich staatlich regulierte Verkaufsläden und eine umfassende Legalisierung: „Das Gras auf der Straße ist verunreinigt und das Geld geht in den Schwarzmarkt. Das kann doch nicht die Lösung sein!“

Doch die Fachgeschäfte sind in Lauterbachs Eckpunktepapier nur als Modellversuche unter wissenschaftlicher Begleitung vorgesehen. Ein regulärer Vertrieb über Fachgeschäfte widerspräche Völker- und EU-Recht.

Und so plant der Cannabis Social Club in Stuttgart zunächst nur den Eigenanbau für die Mitglieder. Gemeinsam mit der Stadtverwaltung und der Polizei sind sie gerade auf der Suche nach einem geeigneten Standort. Gar nicht so einfach – denn der Anbau und Vertrieb soll nicht in der Nähe von Schulen, Kindergärten und Spielplätzen stattfinden.