Streit um das Heizungsgesetz Die FDP sieht keine Eile
2. Juni 2023Zu den 77 Fragen der FDP zum umstrittenen Heizungsgesetz gibt es jetzt Antworten – doch wird es noch vor der Sommerpause verabschiedet? Die Grünen fordern ein Ende der Blockade. Doch die Liberalen wehren sich gegen “künstlichen Zeitdruck”.
Bei den Streitigkeiten innerhalb der Ampel-Koalition zum Heizungsgesetz schien es zuletzt Bewegung bei der Suche nach Kompromissen zu geben. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte sich wieder zuversichtlicher gezeigt, dass die Reform des Gebäudeenergiegesetzes vor der Sommerpause verabschiedet werden kann. Auch legte er Antworten auf einen umfassenden Fragenkatalog der FDP vor.
Doch die Liberalen, die wegen grundsätzlicher Bedenken bisher verhindert haben, dass der vom Kabinett bereits beschlossene Gesetzentwurf aller drei Ampel-Koalitionäre zum Heizungstausch erstmals im Bundestag behandelt wird, scheinen es nach wie vor nicht eilig zu haben. Sie wehren sich gegen einen “künstlichen Zeitdruck” beim Heizungsgesetz.
FDP: “Kein schnelles Gesetz, sondern ein gutes”
Fraktionsvize Christoph Meyer sagte, nachdem das Gesetz in Form und Inhalt durch das Habeck-Ministerium mit einem “unglücklichen Einflugwinkel” gestartet sei, komme man nun in einen Arbeitsmodus. Hierbei bilde die Beantwortung der FDP-Fragen eine Grundlage. “Wir brauchen kein schnelles Gesetz, sondern ein gutes”, sagte Meyer. Eine Verabschiedung des Gebäudeenergiegesetzes vor der Sommerpause bleibe damit offen und dürfe kein Selbstzweck sein.
Der FDP-Energiepolitiker Konrad Stockmeier sagte der Nachrichtenagentur dpa: “Für uns gilt: Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit. Die Menschen interessieren sich nicht dafür, wann genau ein Gesetz fertig ist. Sie fordern zu Recht ein gutes, praktikables und finanzierbares Gesetz. Wir Liberale beharren seit Wochen darauf, dass Klimaneutralität im Gebäudesektor nur mit Haushalten, Betrieben und öffentlichen Einrichtungen gelingt und nicht gegen sie.”
Kühnert: Gesetz kann vor der Sommerpause verabschiedet werden
Meyer reagierte damit auf Aussagen von SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert. Kühnert hatte am Donnerstagabend in der ZDF-Sendung “Maybrit Illner” gesagt, er halte es für “absolut realistisch”, dass das Heizungsgesetz vor der Sommerpause vom Bundestag verabschiedet werden kann. “Und ich glaube, auch die Öffentlichkeit hat gemerkt: Viele Einlassungen und Wortmeldungen zu dem Thema haben sich im Tonfall und in der Qualität deutlich verändert.”
Er gehe fest davon aus, dass das Gesetz in der Sitzungswoche des Bundestags in zwei Wochen zur ersten Lesung auf der Tagesordnung stehe. “Das ist die Voraussetzung, damit wir noch vor der Sommerpause – so ist das Bestreben – durchkommen mit dem Gesetz.” Die Sommerpause beginnt nach dem 7. Juli.
Grüne: “Beraten ist schlauer als blockieren”
Derweil forderten die Grünen die FDP auf, den Weg für Beratungen im Bundestag über das umstrittene Heizungsgesetz frei zu machen. “Wir gehen davon aus, dass die FDP ihre Blockade, was die erste Lesung des Gesetzes im Bundestag angeht, aufgeben wird”, sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Julia Verlinden. “Beraten ist schlauer als blockieren.” Wenn man ein Gesetz besser machen wolle, dann tue man das, indem man ein parlamentarisches Verfahren durchführe. “Aber wir sind in Gesprächen in der Ampel, und deswegen gehe ich davon aus, dass der Zeitplan einzuhalten ist. Aber dafür muss eben die FDP auch noch ihren Schritt gehen.”
Absagen für Vorschläge der FDP
Das Wirtschaftsministerium verteidigte indes seinen Kurs. In Antworten auf Fragen der FDP wandte sich das Ressort gegen einen von der FDP vorgeschlagenen Weg – eine Steuerung über den Preis für den Ausstoß des klimaschädlichen Kohlendioxids (CO2). Das Ministerium warnte vor der Gefahr, dass ohne Preisobergrenzen die Energiepreise sprunghaft stark steigen könnten. Dies solle aber vor dem Hintergrund der Erfahrungen der Energiekrise vermieden werden.
Auch erteilte das Wirtschaftsministerium dem Vorschlag aus der FDP eine Absage, für den Verkehr und die Gebäude einen Emissionshandel in Deutschland bereits ab 2024 einzuführen. Derzeit ist bis 2026 eine Einführungsphase mit einem festen Preis für CO2-Emissionen angesetzt. So war die Argumentation des FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler, der perspektivisch steigende CO2-Preis im Emissionshandel sei “der beste Anreiz für die Menschen, um die Emissionen auch beim Heizen und Autofahren zu reduzieren”. Die Einnahmen könnten als Klimageld gleichmäßig an die Menschen zurückgezahlt werden.
“Mix an Instrumenten notwendig”
Dazu schreibt Habecks Haus, die Preisentwicklung beim Emissionshandel und die Entwicklung der Marktpreise für fossile Brennstoffe über längere Zeiträume sei für Eigentümer, die in der Regel keine Erfahrung auf den Energiemärkten hätten, schwer zu prognostizieren und daher bei der Investitionsentscheidung kaum adäquat zu berücksichtigen.
Für die Wärmewende sei ein Mix an Instrumenten notwendig. “Die Entscheidung für eine moderne Heizung auf der Basis von mindestens 65 Prozent erneuerbaren Energien ist häufig noch mit höheren Investitionskosten verbunden, die sich aber gerade unter Berücksichtigung der langfristigen Kostenwirkungen des Emissionshandels amortisieren dürften.”
Auf die Frage, aus welchen Mitteln eine etwaige staatliche Förderung erfolgen solle, nachdem die Mittel des Klima- und Transformationsfonds bereits stark ausgereizt beziehungsweise überzeichnet seien, antwortete das Ministerium: Der Klima- und Transformationsfonds – ein Sondertopf neben dem normalen Bundeshaushalt – sei “auskömmlich”, um die notwendigen finanziellen Mittel bereitzustellen.
2045 soll Deutschland klimaneutral werden
Der Gesetzentwurf sieht vor, dass von Anfang 2024 an möglichst jede neu eingebaute Heizung zu mindestens 65 Prozent mit Öko-Energie betrieben wird. Der Umstieg soll durch eine staatliche Förderung sozial abgefedert werden, außerdem soll es Übergangsfristen und Härtefallregelungen geben. Bis 2045 soll Deutschland klimaneutral werden. Derzeit nutzen nach Branchenangaben rund 1,2 Million Kunden in Deutschland Wärmepumpen.