Corona-Impfung: Merkel sauer in interner Runde: „Wenn ich mal auspacke…“
5. Januar 202118:48:55
Im Corona-Gipfel zwischen der Bundesregierung und den Ministerpräsidenten der 16 Bundesländer soll sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verärgert über die Kritik an der Impfstoffbeschaffung der EU gezeigt haben. „Wenn ich mal auspacke, was hier in dieser Runde für Fehler gelaufen sind, wenn ich das mal öffentlich machen würde…“, soll Merkel nach Informationen der „Bild“-Zeitung gesagt haben.
Der Grund für Merkels Zorn: Die Impfstoffbeschaffung der EU war zuletzt auch von Mitgliedern der Koalitionsparteien scharf kritisiert worden. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte der „Bild“, die EU-Kommission habe „zu wenig bestellt und auf die falschen Hersteller gesetzt“. Und Finanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz hatte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sogar einen 24-teiligen Fragekatalog zukommen lassen – was innerhalb der Koalition als Affront verstanden wurde.
„Ich finde uns schon sehr selbstbewusst, wie wir über andere richten“, soll Merkel der „Bild“ zufolge in interner Runde gesagt haben. Sie wünsche sich, dass die Runde sich selbst einmal so kritisch hinterfrage, wie es derzeit mit anderen gemacht werde. Schließlich würden auch hier Fehler gemacht werden.
„Haben Staatsversagen geliefert bekommen“: Linken-Fraktionschefin attackiert Spahn
17.52 Uhr: Die Linken-Fraktionschefin Amira Mohamed Ali hat sich gegenüber FOCUS Online zur Impf-Debatte und der Perfomance der Bundesregierung geäußert: „Die Menschen haben auf das Corona-Krisenmanagement der Bundesregierung vertraut und Staatsversagen geliefert bekommen. Regelmäßig wurden Maßnahmen intransparent, ungenügend oder zu spät ergriffen“, sagt Mohamed Ali. Und weiter: „Die Bundesregierung hat passiv zugeschaut, wie die EU-Kommission im letzten Jahr bei der Beschaffung von genügend Impfstoff versagt hat. Das war unverantwortlich. Sie hätte ihren Einfluss für eine bessere EU-weite Lösung nutzen müssen.“
Für die Linken-Politikerin ist vor allem das Verhalten von Gesundheitsminister Jens Spahn unverständlich. „Statt jetzt wenigstens schnell zu Handeln und für die Herstellung von mehr Corona-Impfstoffs zu sorgen, wie beispielsweise durch die Anordnungen der Lizenzfreigabe zur Ausweitung der Produktion, verspricht der Gesundheitsminister vollmundig und substanzlos Impfgarantien für alle Bürgerinnen und Bürger im zweiten Quartal“, sagt sie und fordert: „Leere Versprechungen darf es aber nicht mehr geben. Wenn Herr Spahn nicht liefert, muss er die Verantwortung übernehmen.“
Sie betont gegenüber FOCUS Online die wichtige Rolle der Regierung und dass sie dieser auch nachkommen müsse: „Die Bundesregierung steht gegenüber der Bevölkerung in der Pflicht einen gesetzlich geregelten Impfplan und eine transparente und tragfähige Corona-Strategie – insbesondere auch für die Schulen – für das Jahr 2021 vorzulegen, die in der nächsten Sitzungswoche im Parlament debattiert werden müssen.“ Mohamed Ali appelliert: „Die Regierung darf nicht länger zögern oder zaudern, damit die Menschen vor den schrecklichen Folgen dieser Pandemie endlich bestmöglich geschützt werden.“
FDP-Generalsekretär fordert Untersuchungsausschuss zum Impf-Start
17.34 Uhr: Wegen des zögerlichen Starts der Corona-Impfungen sind Forderungen nach einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss laut geworden. FDP-Generalsekretär Volker Wissing sagte am Dienstag bei „Bild Live“: „Es muss jetzt aufgeklärt werden, im Zweifel durch einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss.“ Es gehe um keine Kleinigkeit.
Wissing bezog sich auf einen Brief vom Juni 2020, in dem Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) gemeinsam mit Amtskollegen aus drei EU-Staaten das Verhandlungsmandat für Impfstoff an die EU abgetreten hatte. Der Brief kam „Bild“ zufolge auch auf Druck von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zustande. „Es muss alles geklärt werden“, sagte Wissing.
Der FDP-Politiker kritisierte die Bestellmengen des Corona-Impfstoffs durch die EU und die Bundesregierung als zu gering. Dass man darauf verzichte, Impfstoff anzukaufen, obwohl man es könnte, sei sehr erklärungsbedürftig, betonte der FDP-Generalsekretär.