DFB-Team mit klarem Sieg – 6:0 gegen Marokko – Deutsche Gala zum WM-Auftakt

DFB-Team mit klarem Sieg – 6:0 gegen Marokko – Deutsche Gala zum WM-Auftakt

24. Juli 2023 Aus Von mvp-web

Stand: 24.07.2023 14:49 Uhr

Die deutschen Fußballerinen sind mit einem 6:0 (2:0)-Erfolg gegen Marokko in die WM in Australien und Neuseeland gestartet. Die Mannschaft von Trainerin Martina Voss-Tecklenburg zeigte dabei am Montag (24.07.2023) in Melbourne über weite Phasen der Partie eine begeisternde Vorstellung.

Von Hanno Bode

In der im Rectangular Stadium gezeigten Form zählt die Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) gewiss zum engsten Kreis der Titelanwärterinnen. Allerdings war WM-Neuling Marokko auch nicht imstande, den Rekordeuropameister ernsthaft auf Herz und Nieren zu prüfen.

Das aber soll die deutsche Leistung nicht schmälern. Schließlich taten sich einige andere große Nationen in ihren Auftaktpartien beim Ozeanien-Turnier gegen Außenseiter bis dato sehr schwer. Die DFB-Mannschaft entledigte sich ihrer Aufgabe derweil mit bemerkenswerter Leichtigkeit.

Alexandra Popp

FIFA Frauen WM Doppeltorschützin Popp – „So stellt man sich den Start vor“

Kapitänin Alexandra Popp (11., 39.), Klara Bühl (46.), Eigentore von Ait El Haj (54.) und Zineb Redouani (79.) sowie Lea Schüller (90.) sorgten für den Kantersieg des zweimaligen Weltmeisters.

Voss-Tecklenburg: „Werden jetzt nicht abheben“

„Wir sind froh, dass wir so in die WM starten konnten. Das frühe Tor hat natürlich sehr geholfen. Wir haben den Ball sehr gut laufen lassen. Wir können sehr, sehr zufrieden sein“, sagte Popp im Sportschau-Interview. Zuvor war sie vom Weltverband FIFA zur „Spielerin des Spiels“ ausgezeichnet worden.

Voss-Tecklenburg war trotz des bisher höchsten Sieges bei dieser WM bemüht, den Erfolg nicht überzubewerten. „Ja, wir haben sechs Tore gemacht und hätten sogar das eine oder andere noch mehr machen können. Es war wirklich in Ordnung, es war gut in vielen Bereichen heute. Mit einem 6:0 kann man mal nach Hause fahren. Wir können das aber auch einordnen“, erklärte die Bundestrainerin.

Martina Voss-Tecklenburg

FIFA Frauen WM Bundestrainerin Voss-Tecklenburg – „Mit 6:0 kann man mal nach Hause fahren“

Mit Blick auf das zweite Gruppenspiel am kommenden Sonntag (30.07.2023, 11.30 Uhr MESZ) gegen Kolumbien sagte die 55-Jährige: „Wir wissen, dass jetzt auch noch mal etwas anderes mit viel Wucht auf uns zukommt. Wir werden jetzt nicht abheben, sondern komplett bei uns bleiben und uns auf das einstellen, was im nächsten Spiel mit Kolumbien auf uns zukommt.“

Deutsche Startelf ohne Hegering und Oberdorf

Voss-Tecklenburg hatte wie erwartet auf die Startelf-Nominierungen der angeschlagenen Wolfsburgerinnen Marina Hegering und Lena Oberdorf verzichtet. Für Abwehrchefin Hegering rückte die Frankfurterin Sara Doorsoun in die Anfangsformation, England-Legionärin Melanie Leupolz vertrat Oberdorf auf der „Sechs“. Taktisch setzte die Bundestrainerin für das Duell mit dem 72. der FIFA-Weltrangliste auf eine 4-2-1-3-Formation. In Ballbesitz – und davon hatte der Rekordeuropameister von Minute eins ab viel – rückte Rechtsverteidigerin Svenja Huth ins Mittelfeld.

DFB-Team in der Einzelkritik

Popp und Bühl beim Kantersieg gegen Marokko nicht zu stoppen

Die deutsche Nationaltorhüterin Merle Frohms

Merle Frohms – Hatte bei ihrem WM-Debüt einen ruhigen Abend. Erste Aktion in der 23. Minute, als sie einen Fernschuss von Marokkos Kapitänin Ghizlane Chebbak ohne Probleme abfing. Danach mehr mit Warmhalten und dem Anfeuern ihrer Vorderleute beschäftigt.

Die deutsche Nationalspielerin Svenja Huth

Svenja Huth – Die etatmäßige Offensivspielerin drängte als Rechtsverteidigerin häufig nach vorn. In der Defensive aber auch unterbeschäftigt. Brachte die Flanke an den Fünfmeterraum, die zum 4:0 per Eigentor führte (54.).

Die deutsche Nationalspielerin Kathrin Hendrich

Kathrin Hendrich – Glänzender Assist der Innenverteidigerin, als sie Alexandra Popp vor dem 1:0 eine passgenaue Flanke servierte. Agierte in der Defensive trotz ihrer schnellen Partnerin in der Zentrale mitunter zu riskant. Ihr Aufbauspiel bleibt ausbaufähig.

Die deutsche Nationalspielerin Sara Doorsoun

Sara Doorsoun – Der Hegering-Ersatz hielt sich an die klare Order: Safety first! Spielte bei Marokkos wenigen Offensivaktionen ihre Schnelligkeit aus und stellte die Angreiferinnen im 1:1, ohne ein Risiko einzugehen. Quasi keine Akzente im Spielaufbau, aber defensiv sehr solide.

Die deutsche Nationalspielerin Felicitas Rauch (M.) in Aktion.

Felicitas Rauch – Machte ihren Job als Linksverteidigerin gewohnt zuverlässig. Ballsicher, ruhig im Spielaufbau, eine Bank nicht nur bei Standards. Bereitete mit ihrer Ecke das 5:0 vor (79.)

Die deutsche Nationalspielerin Melanie Leupolz

Melanie Leupolz – Nach ihrer Babypause noch mit deutlichen Anpassungsproblemen im defensiven Mittelfeld. Rackerte unermüdlich, spielte aber auch viele Fehlpässe. Hat auf der Sechs bei Weitem nicht die Präsenz und Zweikampfhärte wie die angeschlagene Lena Oberdorf.

Die deutsche Nationalspielerin Sara Däbritz bejubelt einen Treffer.

Sara Däbritz – Stets als Anspielstation präsent, machte wie so häufig viel undankbare Arbeit im Mittelfeld. Wie gut sie auch als Vollstreckerin sein kann, zeigte sie mit ihrem lässigen Schlenzer ins Tor (33.) – leider aus dem Abseits heraus. Unverzichtbar in der Mittelfeld-Zentrale.

Die deutsche Nationalspielerin Jule Brand

Jule Brand – Zog bei Huths Vorstößen häufig nach innen. Brachte vor dem 1:0 Hendrich auf rechts hervorragend in Position zum Flanken. Auch Bühl bediente sie vor dem 3:0 mit viel Übersicht. Bei eigenen Torabschlüssen noch zu zaghaft oder zu hektisch. Das im Training geübte (Gegen-)Pressing setzte sie aber fast perfekt um. Ihre freche Spielweise im Vorwärtsgang begeistert.

Die deutsche Nationalspielerin Lina Magull (M.) und Marokkos Hanane Aït El Haj kämpfen um den Ball.

Lina Magull – War viel unterwegs. Hatte Pech, als sie nach Bühl-Flanke und Brand-Vorarbeit nur den Pfosten traf (46.). Insgesamt eher unscheinbar, aber so wertvoll, weil ballsicher und mit starker Passquote. Drängte mit ihrer Präsenz nach Huth-Flanke Ait El Haj beim 4:0 zum Eigentor (54.).

Die deutsche Nationalspielerin Klara Bühl bejubelt einen Treffer gegen Marokko.

Klara Bühl – Beim Freistoß in der 4. Minute fehlte noch die Präzision, ihrem Kopfball wenige Sekunden vor Popps 1:0 die Wucht (11.). Fand nach ihren energischen Dribblings über links nicht immer die beste Passlösung. Perfekt ihr Eckball auf Popp, der zum 2:0 führte. Unmittelbar vor ihrem Tor zum 3:0 (46.) bereits mit Sahneflanke auf Brand und Magull. Nach einer guten Stunde ausgewechselt. Eine der auffälligsten Spielerinnen zum Auftakt.

Die deutsche Nationalspielerin Alexandra Popp (l.) bejubelt einen Treffer gegen Marokko.

Alexandra Popp – Traumstart für die Kapitänin in ihre vierte WM: Besorgte das 1:0 per Kopf in unnachahmlicher Manier (11.). Geradezu artistisch dann das 2:0 (39.), als sie sich mit dem Kopf Richtung Mittelkreis in Bühls Eckball stürzte und die Kugel trotzdem ins Tor bugsierte. Setzte auch beim Eigentor zum 5:0 energisch nach (Steht jetzt bei 64 Treffern in 129 Länderspielen). Eins mit Sternchen zum Auftakt.

Die deutsche Nationalspielerin Nicole Anyomi

Nicole Anyomi – Kam für Bühl (65.). Rückte auf die rechte Außenbahn, Brand war zuvor bereits nach links gewechselt. Handelte sich noch Gelb ein, als sie – wie zu ihren Verteidigerzeiten – etwas sehr robust grätschte (75.). Offensiv nur wenige Akzente.

Die deutsche Nationalspielerin Lea Schüller (l.) bejubelt einen Treffer.

Lea Schüller – Löste Magull ab (65.). Die Torjägerin rückte in die Spitze für Popp, die die Magull-Position im Mittelfeld übernahm. Baute ihre Wahnsinns-Torquote (32 Treffer in 48 Länderspielen) weiter aus, als sie einen Lattwein-Schuss abstaubte (90.). Spielte eine halbe Stunde lang aber auch sehr mannschaftsdienlich.

Die deutsche Nationalspielerin Lena Lattwein

Lena Lattwein – Wechselte auf die Leupolz-Position (65.) und führte sich sofort mit Ballgewinnen ein. Sehr giftig, hatte immer alles im Blick und ermöglichte mit ihrem strammen Schuss den Abstauber von Schüller zum 6:0. Sammelte Pluspunkte für einen Startelf-Einsatz. – Ohne Bewertung: Laura Freigang (82. für Popp) und Chantal Hagel (89. für Rauch)

DFB-Team angriffslustig und mit früher Führung

Den „Gegner in Bewegung bringen“ und die eigene „Offensivwucht“ zur Geltung bringen – mit diesen Vorgaben hatte „MVT“ ihr Team auf den Rasen geschickt. Und die Spielerinnen hatten der 55-Jährigen offenbar sehr gut zugehört. Passtempo und Passschärfe stimmten ebenso wie die Laufwege.

Mit schnellen Ballstafetten wurde versucht, die kompakte marokkanische Defensive auseinanderzuziehen. Den Außenangreiferinnen Bühl sowie Jule Brand kam dabei ebenso wie der unermüdlich die Seitenlinie rauf und runter laufenden Huth eine ganz besondere Bedeutung zu. Sie wollten Mittelstürmerin Popp mit Bällen von den Flügeln füttern.

Ein Plan, der rasch aufging – allerdings mit freundlicher Unterstützung der „Löwinnen vom Atlas“. Zunächst spielte Yasmin Katie Mrabet Slack den Ball unbedrängt in die Füße von Brand, dann unterlief Keeperin Khadija Errmichi die Flanke der Wolfsburgerin, sodass DFB-Kapitänin Popp in ihrem 129. Länderspiel keine Mühe mehr hatte, den Ball im Gehäuse unterzubringen. Es war ihr 63. Treffer für das Nationalteam.

Popp auch von zwei Gegenspielerinnen nicht zu stoppen

Die Marokkanerinnen, an deren guter Abwehrarbeit sich in der WM-Vorbereitung sowohl die Schweiz als auch Italien die Zähne ausgebissen hatten und nicht über ein 0:0 hinausgekommen waren, zeigten sich keineswegs geschockt vom frühen Rückstand. Die Elf von Coach Reynald Pedros intensivierte anschließend ihre Angriffsbemühungen und zeigte dabei einige gute Ansätze. Im letzten Drittel des Spielfeldes mangelte es dem Weltmeisterschafts-Neuling allerdings an Ideen, Entschlossenheit und Durchschlagskraft.

Eine Alexandra Popp hätte den Nordafrikanerinnen im Sturmzentrum fraglos gutgetan. Aber die gelernte Tierpflegerin läuft sehr zum Leidwesen der „Löwinnen vom Atlas“ eben für Deutschland auf. Denn der Wucht der Wolfsburgerin hatte Marokko kaum etwas entgegenzusetzen. Bei ihrem 2:0 setzte sich die Kapitänin gleich gegen zwei Gegenspielerinnen durch und bugsierte einen Eckstoß von Bühl im Fallen mit der Schulter in die Maschen.

Mit ihrem 64. Länderspiel-Tor zog „Poppi“ in der Liste der deutschen Rekordschützinnen mit der aktuellen Schweizer Nationaltrainerinnen Inka Grings gleich. Vor der Allrounderin liegen nun nur noch die legendären Angreiferinnen Heidi Mohr (83 Treffer) und Birgit Prinz (128.).

Marokkos Zineb Redouani (r.) und die deutsche Nationalspielerin kämpfen um den Ball.

24.07.2023

Tagnaout vertändelt beste Marokko-Chance

Von solchen Torquoten im Nationaldress können die Marokkanerinnen nur träumen. Warum? Das zeigten sie kurz vor der Pause, als es ihnen gelang, die deutsche Abwehr auszuhebeln, Fatima Tagnaout dann jedoch plötzlich stark an Tempo einbüßte und den Ball vor der herausstürmenden Keeperin Merle Frohms verstolperte (41.). Die große Chance zum Anschlusstreffer, der die Statik des Spieles vielleicht verändert hätte, war vertan.

Bühl sorgt für Vorentscheidung

Deutschland war also gewarnt und nach dem Seitenwechsel dementsprechend bemüht, schnell für die Vorentscheidung zu sorgen. Es gelang, weil der Rekordeuropameister vorne weiter mit viel Spaß und noch mehr Geschwindigkeit zu Werke ging. Nachdem Lina Magull noch am Aluminium gescheitert war, sorgte Bühl mit einem Flachschuss ins lange Eck für das 3:0. Marokko freute sich kurz darauf zwar auch über ein Tor – aber nur ein paar Sekunden lang. Denn Anissa Lahmari hatte bei ihrem technisch feinen Schlenzer im Abseits gestanden (53.).

Marokkanerinnen unterlaufen zwei Eigentore

Und so ging wenig später Hanane Ait El Haj unfreiwillig als erste Torschützin der Nordafrikanerinnen bei der WM in die Geschichte ein. Der 28 Jahre alte Verteidigerin sprang der Ball nach einer Huth-Flanke unglücklich ans Bein und von dort aus ins eigene Gehäuse. Dasselbe Schicksal ereilte in der 79. Minute Redouani, deren Klärungsversuch auf der Linie ein Versuch blieb. Zuvor hatte Keeperin Errmichi nach einem Eckstoß von Felicitas Rauch zum wiederholten Male vergeblich versucht, einen Ball festzuhalten.

Die 32-Jährige war der große Schwachpunkt beim Außenseiter, der allerdings mit Ausnahme weniger Offensiv-Szenen ohnehin einen kaum wettbewerbsfähigen Eindruck hinterließ. Auch beim 6:0 durch die eingewechselte Schüller, die am langen Pfosten abstaubte, herrschte in der Hintermannschaft Marokkos erneut Chaos. Die „Löwinnen vom Atlas“ – sie waren für die gefräßigen Deutschen ein gefundenes Fressen.