Kanzleramtsminister Helge Braun, CDU, über die Rolle der Corona-Mutation aus England

6. Januar 2021 Aus Von mvp-web

Wie gefährlich sind die Mutationen?

Vor allem der wohl deutlich höhere R-Wert der Corona-Mutationen bereitet Wissenschaftlern große Sorgen. Es droht eine neue Dimension der Ausbreitung. In Deutschland gibt es kaum Daten darüber.

Die verschärften Corona-Schutzmaßnahmen in Deutschland wurden auch mit den neu aufgetauchten Mutationen des Coronavirus begründet. Wie gefährlich die in Großbritannien und in Südafrika entdeckten Varianten tatsächlich sind, lässt sich noch nicht mit Gewissheit sagen. Die bisher vorliegenden Erkenntnisse deuten darauf hin, dass vor allem die schnellere Übertragbarkeit eine große Gefahr darstellt.

Die vor allem in England verbreitete neue Variante namens B.1.1.7 ist nach heutigem Erkenntnisstand nicht tödlicher als die bisher grassierenden Varianten. Aber sie ist wohl deutlich ansteckender. Das heißt, dass ein Infizierter im Schnitt mehr Menschen ansteckt als bisher – je nach Untersuchung um etwa 50 bis 70 Prozent.

Dies mag auf den ersten Blick nicht sonderlich dramatisch klingen, aufgrund des exponentiellen Wachstums droht jedoch in kürzester Zeit eine völlig neue Dimension der Ausbreitung. Die Gefahr durch die neue Virusvariante werde „nicht ernst genommen“, warnte die Virologin Isabella Eckerle auf Twitter. „Es wird wieder abgewartet bis es zu spät ist, und wieder die Stimme der Wissenschaft ignoriert

Zahl der Toten würde sich drastisch erhöhen

Welche Folgen eine 50 Prozent ansteckendere Variante hätte, rechnete Adam Kucharski, Professor an der London School of Hygiene and Tropical Medicine, auf Twitter vor. Der Spezialist für mathematische Analysen und Epidemien stellte den Vergleich mit der bisherigen Coronavirus-Variante an: Bei 10.000 aktiven Infizierten muss man innerhalb eines Monats mit 129 Toten rechnen (bei einem R-Wert von 1,1, einer Inkubationszeit von sechs Tagen und einer Tötungsrate von 0,8 Prozent). Eine 50 Prozent ansteckendere Variante würde die Zahl der Toten innerhalb eines Monats auf 978 katapultieren. Eine Folge des exponentiellen Anstiegs.

Zum Vergleich: Wäre die neue Variante 50 Prozent tödlicher (was sie aber wohl nicht ist), dann wäre das für die Infizierten zwar schlimmer, hätte jedoch für den Verlauf der Pandemie bei weitem nicht so weitreichende Folgen. Dann würde die Zahl der Toten binnen eines Monats von 129 auf 193 steigen. Das ist der Unterschied zwischen linearem und exponentiellem Wachstum, der oft so schwer zu greifen ist.

Hohe Dunkelziffer wahrscheinlich

In Deutschland wurde die britische Variante des Coronavirus bisher nur vereinzelt nachgewiesen. „Das RKI hat bislang Kenntnis von vier Fällen“, erklärte das Robert Koch-Institut auf Anfrage von tagesschau.de. Diese Fälle sind in Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen bekannt. Alle Personen waren kurz zuvor in Großbritannien gewesen.

Allerdings dürfte die Dunkelziffer nach Expertenansicht hoch sein. Denn im Gegensatz zu Großbritannien wird in Deutschland nur ganz selten das Genom aus Virusproben analysiert – womit eine Veränderung des Virus erkennbar wäre. „Es gibt keine zentrale Erfassung der Zahl der Genomsequenzierungen in Deutschland“, so das RKI.