„Invictus Games“ in Düsseldorf: Hoffen auf mehr Anerkennung
9. September 2023Bis 16. September finden die 6. Invictus Games in Düsseldorf statt. 39 Deutsche nehmen daran teil, darunter Norddeutsche. Afghanistan-Veteranin und Organisatorin Steffi Schenke aus Torgelow hofft auf mehr Anerkennung.
Mit Texten von Claudia Drexel, Juliane Möcklinghoff
Das internationale Sportereignis „Invictus Games“ findet alle zwei Jahre statt. Sie sollen körperlich und seelisch beeinträchtigten Soldatinnen und Soldaten bei der Genesung und Rehabilitation unterstützen. Prinz Harry, The Duke of Sussex, hat die Spiele 2014 ins Leben gerufen, es gilt als eines seiner Herzensprojekte. Er diente selbst als Soldat in Afghanistan. „Sport ist sicherlich der beste Weg, um die Genesung zu unterstützen“, so der 38-Jährige.
Eröffnung am Sonnabend durch Prinz Harry in Düsseldorf
Die nun 6. Ausgabe vom 9. bis 16. September findet erstmals in Deutschland statt, 21 Nationen nehmen daran teil, darunter Großbritannien, Israel, Kolumbien, die Ukraine und Gastgeber Deutschland. Der Duke of Sussex soll die Invictus Games in Düsseldorf eröffnen, seine Frau Meghan wird im Laufe der nächsten Tage ebenfalls beim Event erwartet. Harry wird zudem am Sonnabend ab 23 Uhr im ZDF-Sportstudio zu Gast sein.
Steffi Schenke aus MV: Organisation der Spiele seit 2,5 Jahren
Soldatin Steffi Schenke aus Torgelow in Mecklenburg-Vorpommern organisiert die Spiele „Invictus Games“, früher hat sie selbst in Kanada teilgenommen: als Athletin mit posttraumatischer Belastungsstörung nach zwei Afghanistan-Einsätzen. Deutsche Politik und Öffentlichkeit haben damals keine Notiz genommen von den Spielen. „Das war schon traurig zu sehen, wenn ein Obama oder damals noch Vize Biden im Publikum sitzen, nahbar sind, ihre Mannschaften oder Nationen unterstützen und wir da so ein bisschen leer ausgingen, das war schon traurig.“
Invictus Games: Mehr Öffentlichkeit für das Thema Rehabilitation
Dass es diesmal anders wird, daran arbeitet Steffi Schenke seit zweieinhalb Jahren – gemeinsam mit 120 anderen Soldaten. Und viele haben die Erfahrung gemacht: Langsam ändert sich die Einstellung der Deutschen zum Militär. „Das ist so vor zehn, 15 Jahren der Fall gewesen, wenn ich in Uniform mit der Bahn gefahren bin. Dann ist es mir schon ‚mal passiert, dass mir jemand vor die Füße gespuckt hat und Drecksmörder gesagt hat. Heutzutage hatte ich Erlebnisse, da kommen Schaffner in der Bahn rein und sagen ‚Danke für Deinen Dienst, danke für das, was du tust'“, erzählt Alex Schneider, Verantwortliche für alle Volunteers im Orga-Team.
Die Spiele für Kriegsversehrte nach Deutschland zu holen war auch ein Risiko, meint Steffi Schenke. Sie wünscht sich, dass die Invictus Games etwas in der Öffentlichkeit auslösen: „Wir wollen das Thema Rehabilitation für einsatzgeschädigte, erkrankte, verunfallte Soldaten, nach vorne treiben und hoffen, dass nach den Invictus Games nicht wieder alles abfällt.“
Milan Andresen aus Schleswig Holstein: „Große Chance für mich“
Der 37-jährige Milan Andresen wohnt in Harrieslee, Schleswig-Holstein, Soldat mit besonderen Aufgaben, früher war er Sanitäter. Bei einem Bundeswehr-Einsatz im Indischen Ozean wird er auf seiner Begleitfregatte Zeuge eines Piratenangriffs. Nach dem Einsatz kommt er mit seinem Leben nicht mehr zurecht, lässt sich gehen, macht keinen Sport mehr. Sein Körper gehört nicht mehr ihm.
Erst nach Jahren wurde bei ihm eine posttraumatische Belastungsstörung festgestellt. Durch Therapie und Sport geht es ihm besser. Jetzt nimmt er an den Invictus Games in Düsseldorf teil: an den Disziplinen Schwimmen, Bogenschießen und Rudern. „Die Spiele sind eine große Chance für mich, um auch in der Sporttherapie weiterzukommen“.
Kriegsversehrte waren im Zentrum für Militärgeschichte nie Forschungsthema
Im Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr forscht Timo Graf zur Einstellung der Bevölkerung zum Militär. Seine Daten bestätigen das Bauchgefühl der Soldaten: Die Menschen denken anders, vor allem über die Einsätze der Bundeswehr. Spätestens seit dem Krieg in der Ukraine. „Früher war sie überwiegend engagiert im Bereich des internationalen Krisenmanagements, hier war die überwiegende Zustimmung nicht gegeben. Und sie hatten bisweilen eine kritische Einstellung. Die Einstellung zu Landes- und Bündnisverteidigung ist eine ganz andere. Hier haben sie absolute Zustimmungswerte ab 50 Prozent und höher.“ Kriegsversehrte – wie jetzt bei den „Invictus Games“ – waren im Zentrum für Militärgeschichte noch nie Forschungsthema.
Die Macher der Games hoffen, dass Deutschland die Teams aus aller Welt mit offenen Armen empfängt. Und Steffi Schenke wünscht sich, dass Kriegsversehrte auch nach den Spielen Anerkennung erfahren. Zunächst treten die Kriegsversehrten aus aller Welt gegeneinander an – zum ersten Mal in Deutschland.