“Kompletter Unsinn”: Drosten widerlegt Labor-Theorie und bügelt Nobelpreisträger nieder

12. Mai 2020 Aus Von mvp-web

Ist das Coronavirus auf natürlichem Wege entstanden oder stammt es womöglich doch aus einem Labor, wo es künstlich erzeugt wurde? Virologe Christian Drosten erklärt, warum es nur eine Antwort darauf geben kann und bügelt dabei sogar einen Nobelpreisträger für dessen These nieder.

Wo liegt der Ursprung des Coronavirus? Diese Frage ist neben der Suche nach einem Impfstoff wohl der zentrale Punkt in den Forschungen rund um den SARS-CoV-2-Erreger. Hartnäckig halten sich Gerüchte und Vermutungen, wonach das Virus nicht natürlichen Ursprungs ist, sondern künstlich in einem Labor erzeugt worden wäre.

Professor Christian Drosten, der Leiter der Virologie der Berliner Charité, kann da nur mit dem Kopf schütteln. Im NDR Podcast “Das Coronavirus-Update” erklärt er, warum diese Vermutungen und Gerüchte falsch sind und führt als Beweis auch einen neuen Befund an, der zwar aus China stammt, aber auch in der Charité bereits bekannt und sogar selbst herausgefunden wurde. “Die Kollegen in China sind uns zuvorgekommen mit dem Publizieren”, wie Drosten schmunzelnd bemerkt.

Drosten: Befund widerlegt Spekulation um künstliches Coronavirus

Es geht um eine bestimmte Eigenschaft des Coronavirus, die man vermeintlich nicht in der Tierwelt vorfindet und die somit nur künstlich erzeugt sein könne, was natürlich Wasser auf die Mühlen der Vertreter der Labor-Theorie ist. Genauer gesagt handelt es sich um eine besondere Schnittstelle in dem Hauptoberflächenprotein des Virus, das verantwortlich ist für den Eintritt in die Zelle.

Nun haben aber sowohl chinesische als auch europäische Wissenschaftler eben eine solche Schnittstelle in Fledermäusen entdeckt. “Sie ist zwar geringfügig anders als die aus dem SARS-CoV-2-Virus des Menschen, aber die ist schon sehr, sehr ähnlich”, erklärt Drosten. Er betont, die Auffassung des künstlich erzeugten Virus “ist damit vom Tisch”.

Er präzisiert: “In der Natur entsteht so etwas unter Selektionsdruck, weil es dem Virus einfach nützt. Das entsteht durch Zufall und da werden mehrere evolutionäre Zufälle aneinandergereiht. Irgendwann kommt dann ein Virus heraus, das nicht nur graduell ein kleines bisschen besser repliziert, sondern einen enormen Replikationsvorteil hat. Da ist dann auch ein enormer Selektionsvorteil in der Evolution gegeben und so ein Virus setzt sich dann durch.”

HIV-Sequenz als Beweis für künstliches Virus? Drosten bügelt Nobelpreisträger nieder

Eine bereits einige Zeit zurückliegende Äußerung von Luc Montagnier, einem französischen Virologen und Nobelpreisträger von 2008, stößt Drosten allerdings übel auf. Dieser hatte in einer TV-Sendung berichtet, dass im Erbgut des Coronavirus auch Sequenzen von HIV zu finden seien und dies könne nur künstlich hergestellt worden sein.

“Es ist schwierig für einen aktiven Wissenschaftler in der Virologie zu sagen, dass ein Nobelpreisträger im Fach Virologie Unsinn verbreitet”, so Drosten, “aber das ist kompletter Unsinn.” Diese Ähnlichkeit sei vollkommen gewöhnlich. “Dieses Thema ist einfach erledigt, auch wenn ein im Ruhestand befindlicher Nobelpreisträger in einer Talkshow darüber redet.”

Top-Virologe Drosten berichtet von Morddrohungen 

Wie viele Personen mittlerweile Halbwahrheiten, falsche Interpretationen oder gar Verschwörungstheorien in die Welt setzen, findet Drosten erschreckend. “Was ich höre, auch von scheinbaren Fachleuten, das entbehrt einfach jeder Grundlage.” Deren Wissensstand ginge “nicht über eine oberflächliche Kenntnis von Studentenlehrbuchwissen hinaus”, poltert er weiter. “Und mit dieser Wissensbasis posaunt man dann Videos in die Öffentlichkeit und stärkt den wirklich gefährlichen Verschwörungstheoretikern, die auch zum Teil politische Agenden haben, den Rücken. Das ist unverantwortlich.”

Drosten empfiehlt: Vermeintliche Experten genau durchleuchten

Doch wie können sich die Bürger sicher sein, dass das, was sie in den Medien lesen und hören, auch der Wahrheit entspricht? Christian Drosten verweist zunächst einmal auf die fachliche Kompetenz, also auf den Titel. Virologen und Bakteriologen seien beispielsweise nicht das gleiche.

Focus Online: Dienstag, 12.05.2020, 18:53