„Auffälligster Stamm seit Omikron“„Pirola“ erstmals in Deutschland nachgewiesen – was wir wissen
14. September 2023Es war nur eine Frage der Zeit, nun wurde BA.2.86, auch „Pirola“ genannt, erstmals in Deutschland nachgewiesen. Es sei der „auffälligste Sars-CoV-2-Stamm, den die Welt seit der Entstehung von Omikron gesehen hat“, urteilt ein Experte. Was wir wissen – und welche Fragen noch offen sind.
Es ist der „auffälligste Sars-CoV-2-Stamm, den die Welt seit der Entstehung von Omikron gesehen hat“. Mit diesen Worten beschreibt UK-Wissenschaftler Francois Balloux die neue Corona-Variante BA.2.86. Diese hört auch auf den Namen „Pirola“ – und bereitet Forschenden große Sorgen.
In einem Artikel im Fachblatt „The BMJ“ ist die Rede von „mindestens so vielen Mutationen wie bei Omikron“ und von „Alarm“. Vieles ist noch unklar, was die neue Variante angeht – was wir bisher wissen und was nicht.
Corona-Variante „Pirola“ erstmals in Deutschland nachgewiesen
Es war nur eine Frage der Zeit, nun wurde „Pirola“ erstmals auch in Deutschland nachgewiesen. Das berichtet die Arbeitsgemeinschaft Influenza am Robert Koch-Institut (RKI) in ihrem Wochenbericht von Mittwochnachmittag. Datiert wird der Treffer auf die Woche bis 27. August.
Diese Variante steht seit Mitte August unter besonderer Beobachtung der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Sie war schon in einer Reihe anderer Länder gefunden worden.
30 Mutationen am Spike-Protein
Erstmals nachgewiesen wurde „Pirola“ am 24. Juli in Dänemark. Seitdem tauchte die Untervariante von Omikron auch in Großbritannien, den USA und Israel auf. „Keiner der Fälle scheint miteinander verbunden zu sein“, heißt es weiter im Fachblatt.
Die genetische Vielfalt der Variante lege nahe, dass BA.2.86 bereits seit Monaten im Umlauf ist, so Balloux. Interessant sei, dass „Pirola“ 30 Mutationen am Spike-Protein habe. Dieses Protein nutzt das Coronavirus, um menschliche Zellen zu befallen. Es befindet sich an seiner Außenhülle und bindet spezifisch an den ACE2-Rezeptor auf der Oberfläche menschlicher Zellen.
Damit kann das Virus mit der menschlichen Zellmembran verschmelzen und sein Erbgut in das Innere der Zelle schleusen, wo es sich weiter vermehrt. Aus diesem Grund ist das Spike-Protein ein Angriffspunkt für die Corona-Therapien und Impfungen. Weist es jedoch Mutationen auf, erhöht das die Gefahr, dass es die Immunität durch frühere Infektionen und Impfungen umgeht.
Wird sich „Pirola“ verbreiten und wie gefährlich ist das?
Ob sich die Variante deswegen rasant ausbreiten wird, bleibt laut Experten und Expertinnen zwar abzuwarten. Sie habe aber immerhin „alle charakteristischen Merkmale von etwas, das abheben kann“, betonte US-Immunologe Kristian Andersen. Und: Die Variante entweiche wohl „mindestens so vielen Antikörpern“ wie frühere Varianten wie XBB 1.5, schreibt Virologe Jesse Bloom vom Fred Hutchinson Cancer Research Institute in Seattle.
Auch über die Krankheitsschwere der neuen Mutation können Forschende bislang nur spekulieren.
Balloux gibt aber vorerst Entwarnung: „Selbst im schlimmsten Fall, in dem BA.2.86 eine große neue Welle von Fällen auslöste, rechnen wir nicht mit vergleichbar schweren Erkrankungen und Todesfällen wie zu Beginn der Pandemie, als sich Alpha, Delta, oder Omikron verbreiteten.“