Debatte um Geflüchtete: Länder fordern Begrenzung der Migration

Debatte um Geflüchtete: Länder fordern Begrenzung der Migration

13. Oktober 2023 Aus Von mvp-web
Stand: 13.10.2023 14:51 Uhr

Die Vertreter der Bundesländer haben zum Abschluss ihrer zweitägigen Beratungen ihre Forderung bekräftigt, die Migration zu begrenzen. Asylverfahren müssten beschleunigt werden – und Geflüchtete sollen eine Bezahlkarte bekommen.

„Bund und Länder haben das gemeinsame Ziel, Asylverfahren für Angehörige von Staaten, für die die Anerkennungsquote weniger als fünf Prozent beträgt, zügiger als bisher rechtskräftig abzuschließen“, heißt es in einem Beschluss, auf den sich die Ministerpräsidenten am Freitag in Frankfurt am Main einigten. Dafür wollen alle 16 Regierungschefs der Länder die personellen und organisatorischen Voraussetzungen schaffen.

Ziel sei es, das Asylverfahren und das darauf häufig folgende Klageverfahren jeweils in drei Monaten abzuschließen, betonte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU).

Harmonisierung von Sozialleistungsstandards innerhalb der EU

Bei den Asylverfahren ist der Bund in der Pflicht, genauer gesagt das dem Bundesinnenministerium unterstellte Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Die Verwaltungsgerichtsverfahren betreffen die Justizbehörden der Länder.

Der hessische Regierungschef Boris Rhein (CDU) als amtierender Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz sagte, man wolle „zu einer Harmonisierung von Sozialleistungsstandards“ für Asylbewerber und Flüchtlinge innerhalb der Europäischen Union kommen. Er warnte in diesem Zusammenhang jedoch unter Verweis auf die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zum Asylbewerberleistungsgesetz vor überzogenen Erwartungen.

Länder wollen bundesweit einheitliche Bezahlkarte

Die Bundesländer wollen außerdem eine bundesweit einheitliche Bezahlkarte für Geflüchtete. Die Ministerpräsidenten forderten den Bund auf, „zeitnah“ die Voraussetzungen dafür zu schaffen. Nach dem Willen der Länderregierungschefs sollen die in Erprobung befindlichen Systeme zur Einführung von Bezahlkarten schnellstmöglich hinsichtlich ihrer bundesweiten Einführung geprüft werden.

Die Ministerpräsidenten bekräftigten zudem ihre Forderung nach deutlich mehr Geld für die Versorgung und Unterbringung von Geflüchteten. In ihrem Beschluss verlangen die Länder vom Bund jährlich eine Pauschale von 1,25 Milliarden Euro sowie pro Migrant mindestens 10.500 Euro. Außerdem soll der Bund die Unterkunftskosten vollständig übernehmen.

Heute Abend Spitzentreffen im Kanzleramt

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will sich heute Abend mit Rhein, Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil (SPD) sowie CDU-Chef Friedrich Merz treffen, um über den Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz zu sprechen.

Die Bundesregierung erwartet von dem Treffen aber keine konkreten Beschlüsse. Vielmehr gehe es um „einen Meinungsaustausch“, sagte ein Regierungssprecher. Für Beschlüsse etwa zur stärkeren Beteiligung des Bundes an den Flüchtlingskosten verwies er auf die reguläre Konferenz von Scholz mit den Länder-Spitzen am 6. November.

Vor Treffen im Kanzleramt: Länder fordern Begrenzung der Migration

Vertreter der Bundesländer haben vor dem Treffen mit Kanzler Scholz ihre Forderung nach einer Begrenzung der Zahl neu ankommender Geflüchteter bekräftigt. Mehr bei tagesschau.de.

Auch der Norden an der Belastungsgrenze

Angesichts von immer mehr Schutzsuchenden sehen sich viele Kommunen bei Unterbringung und Integration an der Belastungsgrenze. Auch der Norden scheint am Limit, was Unterbringung und Integration von Geflüchteten angeht. Städte und Gemeinden beklagen, dass es so nicht weiter gehen kann. Darüber wurde am Donnerstag auch bei NDR Info live diskutiert.

Dressel: Der Bund muss mehr für Flüchtlinge zahlen

Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) schätzt, dass die Stadt am Ende dieses Jahres knapp eine Milliarde Euro für Flüchtlinge ausgegeben haben wird. „Für die nächsten Jahre wird es ohne zusätzliche Bundesmittel nicht gehen“, betonte Dressel. Er schätzt, dass die Länder im nächsten Jahr fünf Milliarden Euro brauchen, um Flüchtlinge unterzubringen. Doch der Bund plane, die Zuschüsse für die Flüchtlingskosten drastisch zu kürzen – auf eine Milliarde Euro für alle Bundesländer. Dressel sprach von einem drohenden Desaster.

Dressel: Der Bund muss mehr für Flüchtlinge zahlen

Seit Wochen wird über die Kosten für die Flüchtlingsunterbringung gestritten. Hamburgs Finanzsenator fordert mehr Geld vom Bund.

Günther: Begrenzung von Armutsmigration

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) betonte im Interview auf NDR Info, dass die Zahlen der Geflüchteten zuletzt zu stark gestiegen seien. Er spricht sich für eine Begrenzung der Armutsmigration aus. „Wir müssen eine Abschiebung für Menschen ohne Asylgründe vereinfachen“, sagte Günther.

Schwesig fordert vom Bund einen „Deutschlandplan“

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) fordert inzwischen beschleunigte Rückführungen abgelehnter Asylbewerber, um die Kommunen zu entlasten. Zudem soll die Zahl der Aufnahmeplätze erhöht werden. Das Hauptproblem zum derzeitigen Stand der Migration sieht sie in den „praktischen Kapazitätsgrenzen in den Städten und Gemeinden.“ Das erklärte Schwesig am Rande der Ministerpräsidentenkonferenz und fordert vom Bund einen klaren „Deutschlandplan“.

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Niedersachsen schlägt Arbeitspflicht für Geflüchtete vor

Niedersachsen hat unterdessen auch eine Pflicht für Geflüchtete zur gemeinnützigen Arbeit vorgeschlagen. „Es ist bereits jetzt schon möglich, Menschen zur Arbeit heranzuziehen, aber der Aufwand für Kommunen ist sehr groß. Wir wollen es leichter machen“, erklärte Ministerpräsident Weil im Interview auf NDR Info. Kommunen sollen dafür die Möglichkeit bekommen, geförderte, gemeinnützige Arbeiten auch bereitzustellen. Das könnte vor allem Asylbewerber betreffen, die keine Bleibeperspektive haben. Wer eine Bleibeperspektive hat, der soll einfacheren Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten.

Der niedersächsische Flüchtlingsrat kritisierte den Vorstoß. Sprecher Sigmar Walbrecht nannte das Vorhaben „schäbig“. Es werde das rassistische Bild von faulen Asylsuchenden bedient, die nur wegen der Sozialleistungen kämen.