Schwarzbuch: Fünf Fälle mutmaßlicher Steuerverschwendung in MV
17. Oktober 2023Prädikat „unnötig“ oder „zu teuer“: Der Bund der Steuerzahler hat sein neues Schwarzbuch vorgelegt, in dem er bundesweit Fälle von vermeintlicher Steuerverschwendung listet. Mecklenburg-Vorpommern ist fünf Mal vertreten – einmal weniger als noch 2022 und 2021.
PR-Aktionen des Landes, teure Fahrradständer und der Traum vom Welterbe: Das sind einige der Fälle aus Mecklenburg-Vorpommern, die der Bund der Steuerzahler in seiner aktuellen Ausgabe des Schwarzbuches nennt. Jedes Jahr prangert der Verein darin vermeintliche Fälle der Steuerverschwendung durch Bund, Länder und Kommunen an. Die gedruckte Variante umfasst 100 Fälle aus ganz Deutschland; fünf Mal werden Ausgaben in Mecklenburg-Vorpommern kritisiert.
Millionen für die Öffentlichkeitsarbeit der Landesregierung
Der kostenintensivste Schwarzbuchfall aus dem Nordosten ist in diesem Jahr die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Landesregierung. Pressemitteilungen und -anfragen, Social Media Auftritte, Videos und Fotos – damit all das rund läuft, gibt es laut Bund der Steuerzahler in den acht Ministerien und der Staatskanzlei in Summe mehr als 50 Stellen. Somit lägen die Personal- und Sachkosten für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Landes bei mindestens 5,3 Millionen Euro in diesem Jahr. „Ja, Politik soll sich erklären. Politik soll erzählen, was sie macht, aber dann bitte allgemeingültig. Es darf nicht dazu kommen, dass einzelne Politiker Steuergeld dafür verwenden, um sich ein besseres Image zu verpassen“, meint Sascha Mummenhoff, Pressesprecher vom Bund der Steuerzahler in MV. Negativ stößt den Schwarzbuchautoren dabei auch auf, dass die Landesregierung sich in Sachen Reichweiten auf Nachfrage eher zugeknöpft gebe. Auf eine kleine Anfrage aus den Reihen der Opposition habe es etwa keine Antwort auf die Frage nach den Zugriffszahlen der Webseite des Landes gegeben. Transparenz geht laut Bund der Steuerzahler anders.
Kritik scharf zurückgewiesen
Regierungssprecher Andreas Timm bezeichnete die Kritik des Steuerzahlerbundes als willkürlich und substanzlos. Sie resultiere nicht aus einem fundierten Vergleich mit anderen Bundesländern oder einem Vergleich mit der Bundesebene. Stattdessen werde ohne jede Substanz behauptet, gerade in MV seien die Kosten zu hoch, so Timm. Der Regierungssprecher vergleicht die Landespresssearbeit mit der der Bundesregierung. Diese unterhalte ein ganzes Bundespresseamt mit 470 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiterin und dazu noch einmal Pressestellen in sämtlichen Ministerien. Sie habe zudem im letzten Jahr eine Kampagne zum Energiesparen gestartet, die allein 32 Millionen Euro gekostet haben soll. Gemessen daran würden die Zahlen in Mecklenburg-Vorpommern für Personal und Sachausgaben nun wirklich gering ausfallen, so Timm.
Kritik an Drese-Podcast
Doch diese Personalkosten sind nicht die einzigen Schwarzbuchfälle aus der Kategorie „Öffentlichkeitsarbeit der Landesregierung“. Mit dabei ist auch der Podcast von Sozialministerin Stefanie Drese (SPD). 20 bis 30 Minuten pro Folge plaudern die Ministerin und ihr persönlicher Referent am Mikro – meist über persönliche Vorlieben der SPD-Politikerin wie Hunde, Grützwurst oder Röcke. Auch das eine oder andere politische Thema aus dem Ministerium findet Platz, kritische Töne bleiben dabei aus. Damit das mit der Reichweite funktioniert wanderten 8.890 Euro aus dem Landeshaushalt in die Bewerbung wie etwa in Magazinen, auf einer digitalen Anzeigetafel und mit Postkarten. Die Ausbeute: Keine der zehn Folgen hat derzeit mehr als 260 Aufrufe bei YouTube. Kritik gab es zu dem Projekt bereits vom Landesrechnungshof, jetzt folgt das Urteil der Schwarzbuchautoren: „Selbstdarstellung einer Ministerin auf Kosten der Steuerzahler“.
130.000 Euro für Danke-Aktion für Lehrkräfte
Kritik gibt es auch für eine PR-Aktion des Bildungsministeriums. Das hatte sich vorgenommen, den Lehrkräften großflächig danke zu sagen. Die Idee: Respekt zeigen und die heiß begehrten Fachkräfte in ihrem Beruf halten und für diesen weiter motivieren. Gesagt, getan. Das Ministerium startete im Sommer eine große Kampagne und ließ 60 Großplakate, Postkarten und Videos für Social Media produzieren. Da lächeln etwa Basketballer der Rostock Seawolves, der Präsident der Handwerkskammer Ostmecklenburg-Vorpommern Axel Hochschild und der Vorsitzende des Landeselternrates, Kay Czerwinski, in die Kamera. „Das ist grundsätzlich total richtig. Lehrer sein ist kein einfacher Job und das muss unterstützt und gelobt werden, aber muss man dafür 130.000 Euro ausgeben? Oder kann man das Geld nicht sinnvoller nutzen?“, fragt Sascha Mummenhoff vom Bund der Steuerzahler in MV.
Parchims neue Fahrradstation ist Fall fürs Schwarzbuch
Seit Mai dieses Jahres findet der geneigte Radtourist auf dem Parchimer Mönchhof eine öffentliche Toilette, zwölf überdachte Fahrradständer, Schließfächer und Lademöglichkeiten für E-Bikes. Seit kurzem ist das nun auch ein Schwarzbuchfall. Die Idee zur sogenannten Fahrradstation stammt aus dem Jahr 2017. Nach einem ersten Entwurf nahmen sich die Kommunalpolitiker aus Parchim vor, die Stadtkasse zu schonen und die Kosten lieber nochmal zu senken. Nach mehreren Jahren und diversen Planänderungen stand dann aber vor allem eine Kostensteigerung. Der Bund der Steuerzahler geht von Gesamtausgaben in Höhe von 1,25 Millionen Euro aus – rund 462.000 Euro zahlte die Stadt selbst. Im Schwarzbuch heißt es dazu wörtlich: „Hier wurde Steuergeld mit vollen Händen zum Fenster hinausgeworfen.“
Unverständnis aus Parchim
Die Stadt Parchim weißt die vom Steuerzahlerbund angemahnte Verschwendung entschieden zurück. Die Baumaßnahme nehme eine wichtige Rolle der Innenstadtentwicklung in der Kreisstadt Parchim ein, um Aufenthaltsqualität, Attraktivität und Verweildauer zu verbessern. Weiter heißt es in der Mitteilung der Stadt: „Hier wurden nicht 20 Fahrradständer und ein Klo gebaut, sondern eine gesamte historische Platzfläche neugestaltet“.
Schwerins Welterbe-Bewerbung laut Bund der Steuerzahler zu teuer
Einen kritischen Blick wirft der Bund der Steuerzahler auch auf Schwerins Bestrebungen, mit seinem Residenzensemble UNESCO Weltkulturerbe zu werden. Nach Angaben der Stadt wurden für die Bewerbung bis jetzt bereits 1,2 Millionen Euro ausgegeben. Zwar wurde der Großteil mit Spenden bezahlt, doch auch aus der Stadtkasse flossen 450.000 Euro in das Vorhaben. Weitere 70.000 Euro jährlich plant die Kommune künftig dafür ein. Und das, obwohl noch nicht abzusehen ist, ob es denn auch funktionieren wird. „Ja, das ist eine tolle Sache, wenn es klappt. Aber die Frage ist, was bringt es wirklich? Es gibt eigentlich nur ein Gefühl dafür, was es bringen könnte. Vielleicht bringt es mehr Tourismus, aber es ist nicht mit Fakten hinterlegt. Das stört uns“, erklärt Sascha Mummenhoff. Angesichts der angespannten Haushaltslage in der Landeshauptstadt fragen die Schwarzbuchautoren in ihrer Veröffentlichung: Geht es nicht auch eine Nummer kleiner?