Hitzige Debatte um Asylpolitik im Landtag
10. November 2023Nach monatelangem Ringen haben sich Bund und Länder in der Nacht zu Dienstag auf eine neue Verteilung der Kosten für die Versorgung von Flüchtlingen geeinigt. Kontrovers diskutiert wurden die Beschlüsse nun im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern.
Drei Fraktionen, ein Thema: AfD, CDU und FDP hatten jeweils eigene Anträge zur aktuellen Asyl- und Migrationspolitik in den Landtag in Schwerin eingebracht – bereits lange vor den Ergebnissen der Ministerpräsidenten-Konferenz in Berlin. Trotzdem bestimmten die Beschlüsse vom Beginn der Woche die teils hitzig geführte dreistündige Debatte am Freitag.
AfD: Zukunft verspielt
Den Anfang machte die AfD. Ihr Abgeordneter Jan-Phillip Tadsen bezeichnete die Bund-Länder-Beschlüsse als „kosmetische Änderungen“. Durch „Symptombekämpfung“ werde die „Zukunft Deutschlands und Mecklenburg-Vorpommerns verspielt“, sagte der AfD-Politiker. In ihrem Antrag zielte seine Fraktion besonders auf die Seenotrettung im Mittelmeer. Sie forderte, diese nicht mehr zu finanzieren, stattdessen müsse es – wie von Italien gefordert – eine militärisch abgesicherte Seeblockade geben. Positive Worte fand Tadsen lediglich in Richtung Christdemokraten: „Man kann anerkennen, dass die CDU in ihrem Antrag heute von Transitzonen und einer Asylwende spricht und eine Sprache auferlegt, die in unsere Richtung zeigt“, so Tadsen. „Und deswegen sind wir auf dem richtigen Weg, die Mehrheitsverhältnisse hier auch mit weiterem Zuspruch der Bürger nach vorne zu bringen“.
FDP sieht Beschlüsse als Fortschritt
Auf die Kritik der CDU-Opposition in Bund und Land holte FDP-Fraktionschef Réne Domke, dessen Partei in der Ampel mitregiert, mit einer Gegenfrage aus: „Was ist denn passiert unter einem Bundesinnenminister Horst Seehofer?“ In 16 Jahren Regierungsverantwortung der CDU sei jahrelang „nichts passiert, was Migration steuert“, so Domke. Nun gäben sich die Christdemokraten als „Law-und-Order-Partei“. Der FDP-Fraktionschef kritisierte insbesondere die aus seiner Sicht fehlende Transparenz in der Asyl- und Migrationspolitik, die die Bevölkerung verunsichere. Er forderte deshalb ein öffentlich zugängliches Informationssystem, in dem etwa die Zahl der Geflüchteten in Erstaufnahmeeinrichtungen, die Dauer der Verfahren und Zahl der Rückführungen möglichst regional einsehbar seien. Die Beschlüsse der Ministerpräsidenten-Konferenz bezeichnete Domke als „Fortschritt“, aber natürlich brauche es Zeit bis diese Wirkung zeigten.
Schwesig lobt gemeinsame Lösung
Lobende Worte fand auch der SPD-Fraktionsvorsitzende Julian Barlen – für die Ergebnisse in Berlin, aber auch die Ministerpräsidentin: Manuela Schwesig sei „allen voran eine treibende Kraft für einen menschlichen und zugleich ordnungspolitisch realistischen Umgang mit dieser Lage“. Auch Schwesig selbst ergriff in der knapp dreistündigen Debatte das Wort: 22 Minuten lang erklärte sie die Ergebnisse der Ministerpräsidentenkonferenz. Sie hätten gezeigt, dass man im „großen Meinungsspektrum der Demokraten“ zu gemeinsamen Lösungen kommen könne. Ihr politisches Ziel formulierte Schwesig in ihrer Rede klar: „Wer das Asylrecht in Deutschland erhalten will, muss auch dafür sorgen, dass es akzeptiert wird von der Mitte unserer Bevölkerung“, so die Ministerpräsidentin. Wenn nicht für alle Platz sei, und das sei Realität, könne der Platz nicht mit jemandem besetzt werden, „der hier Straftaten begeht“.
Grüne zweifeln an Maßnahmen
Deutlich kritischer als die Ampel-Parteien SPD und FDP kommentierten die Grünen im Landtag die Ergebnisse des Gipfels. „Aus Sicht meiner Fraktion atmen die Beschlüsse den Geist der Abschottungspolitik der 90er Jahre“, sagte die Abgeordnete Constanze Oehlrich. Sie zweifelte an der Wirksamkeit einiger Maßnahmen: „An dem Umstand, dass Menschen zu uns kommen, ändern Grenzkontrollen rein gar nichts“, so Oehlrich. Auch den von der CDU geforderten Transitzentren widersprach sie vehement. Asylsuchende dürften dort nicht festgehalten werden. Das sei nicht mit europäischem Recht vereinbar.
Linke kritisiert Debatte
Die Linken-Abgeordnete Steffi Pulz-Debler übte grundsätzliche Kritik an der Debatte der vergangenen Monate. Darin würden Migration und Flucht skandalisiert. Es gebe einen „Überbietungswettbewerb in Sachen Asylrechtsverschärfung“. Geflüchtete würden zum „Sündenbock“ der verfehlten Sozialpolitik der vergangenen Jahre gemacht. Deutlich sprach sie sich auch gegen die von der AfD geforderte Seeblockade im Mittelmeer aus. Seenotrettung sei Pflicht, so Pulz-Debler: „Man lässt Menschen nicht ertrinken. Punkt.“