Agrardiesel-Subventionen enden Bauern wollen mit Traktor-Demo in Berlin protestieren
18. Dezember 2023Die Traktoren rollen wieder nach Berlin: Der Deutsche Bauernverband will am Montag gegen die Sparpläne der Bundesregierung demonstrieren. Die ersten Traktoren sind bereits am Sonntagabend in Berlin angekommen.
- Bauerndemo am Montag von 8 bis 12:30 in Berlin angekündigt
- Zahlreiche Traktoren vor dem Brandenburger Tor erwartet
- Kundgebung gegen Streichung von Agrardiesel-Subventionen
Zahlreiche Traktoren mischen sich am Montag wieder unter den Berliner Berufsverkehr: Der Deutsche Bauernverband (DVB) hat zu einer Kundgebung vor dem Brandenburger Tor aufgerufen. Der Grund: Die von der Bundesregierung geplanten Streichungen der Agrardiesel-Subvention und der Kfz-Steuerbefreiung für die Landwirtschaft.
Der DBV erwartet trotz der kurzfristigen Anmeldung der Demonstration und der Weihnachtzeit eine hohe Beteiligung. Die Kundgebung soll laut Polizei von 8 bis 12:30 Uhr auf dem Platz des 18. März stattfinden. Erwartet werden demnach rund 3.000 Teilnehmende.
Das Pestizid Glyphosat ist seit Jahren stark umstritten. Es steht im Verdacht, kebserregend und schädlich für die Umwelt zu sein. Die EU-Kommission hat am Donnerstag dennoch beschlossen, den Stoff für zehn weitere Jahre zuzulassen.
Erste Traktoren haben Berlin erreicht
Die ersten Landwirte sind am Sonntag bereits mit ihren Traktoren nach Berlin aufgebrochen. Auf dem Weg blockierte am Sonntagvormittag etwa ein Traktor-Tross die Elbbrücke zwischen Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Am Sonntagabend erreichten die ersten von ihnen Berlin. Im Westen über die Heerstraße fuhren rund 30 Traktoren hupend im Fahrzeugkorso in die Stadt ein.
Die Landesverbände organisieren nach eigenen Angaben Busse, Auto- und Traktorenkorsos nach Berlin. Laut Verkehrsinformationszentrale kann es Montag zwischen 7 und 15 Uhr auf der Straße des 17. Juni zu Verkehrseinschränkungen zwischen Großer Stern und Brandenburger Tor kommen.
Bis zu 3.000 Teilnehmende bei Demo in Berlin erwartet
DBV-Präsident Joachim Rukwied forderte die Ampel-Koalition auf, die Pläne zu den Streichungen zurückzuziehen. Ansonsten habe die Landwirtschaft keine Zukunft. „Wenn diese Pläne nicht zurückgenommen werden, wird es heftigen Widerstand geben“, drohte Rukwied. „Die Bauern werden ihren Unmut auch mit einer großen Zahl an Traktoren in Berlin zeigen.“
Die Streichungen sind Teil der Haushaltskonsolidierung der Bundesregierung nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Die Abschaffung der Vergünstigung auf die Kraftfahrzeugsteuer für die Forst- und Landwirtschaft soll nach Angaben aus Kreisen des Bundesfinanzministeriums 480 Millionen Euro jährlich einbringen. Zum Einsparpotenzial der Abschaffung der Steuerbegünstigungen beim Agrardiesel gab es zunächst keine näheren Angaben.
Brandenburg muss für mehr Klimaschutz ein Viertel seiner trockengelegten Moore wieder vernässen. Moorschützer fordern, dass es noch mehr sein sollten. Landwirte hingegen fürchten, ihre Wiesen für Viehfutter zu verlieren.
Der Präsident des Landesbauernverbandes Brandenburg sieht mit den Sparplänen katastrophale Auswirkungen auf den ländlichen Raum zukommen. Die Produktion von deutschen Lebensmitteln sei in Gefahr. Allein für Brandenburg gehe es um 50 Millionen Euro, die in der Landwirtschaft eingespart werden sollen, sagte Henrik Wendorff. „Wir haben schon vor dem Haushaltskompromiss viele Kürzungen hinnehmen müssen, deswegen sagen wir jetzt: Das Fass ist am Überlaufen. Wir schaffen uns ab.“ [Hintergrund bei tagesschau.de]
Rukwied wandte sich in einem Video-Aufruf an die Bauern und sprach von „einer Milliarde“ Euro Einbußen für die Landwirte und nannte dies „inakzeptabel“. „Kommen Sie nach Berlin“, forderte er zum Schluss des Videos auf.
FDP-Fraktionschef deutet Umdenken an
Am Sonntagabend gab es bereits erste Signale aus der Bundesregierung, die auf ein Umdenken hindeuten könnten. FDP-Fraktionschef Christian Dürr sagte der Deutschen Presse-Agentur, die Deutschen Landwirte bräuchten „faire Wettbewerbsbedingungen im europäischen Vergleich“. Es würde zu oft von „angeblich klimaschädlichen Subventionen gesprochen, ohne auf die sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Abschaffung zu schauen“, so Dürr. Gemeinsam mit ihren Koalitionspartnern in der Bundesregierung hatte sich der Bundesfinanzminister Christian Lindner von Dürrs Partei FDP auf die Streichung von Diesel-Subventionen als Teil der Maßnahmen gegen das Haushaltsloch verständigt.
Auch Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) dürfte sich zeitnah noch einmal zu den Plänen äußern: Nach Informationen der „Bild“ plant Özdemir, an der Großdemonstration am Montag teilzunehmen und dort eine Rede zu halten. Die Zeitung beruft sich auf Ministeriumskreise.
Landwirtschaftsminister kritisiert Bundespolitik
Auch Brandenburgs Landwirtschaftsminister Axel Vogel (Bündnis 90/Die Grünen) hat die geplanten Streichungen kritisiert. Dies sei ein unerwarteter Schlag für die brandenburgischen Landwirtschaftsbetriebe, teilte Vogel mit. Diese stünden ohnehin schon unter starkem Wettbewerbsdruck. Dies gelte insbesondere für Betriebe, die in einem stärkeren Ausmaß auf mechanische Bodenbearbeitung mit landwirtschaftlichen Nutzfahrzeugen angewiesen seien, weil sie auf den Einsatz von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln ganz oder teilweise verzichten.
Unbestritten sei, dass klimaschädliche Subventionen abgebaut werden müssten, heißt es. Dafür brauche es aber Vorlauf und Zeit für Gespräche mit den landwirtschaftlichen Berufsverbänden. Vor allem müssten neben der Fortgeltung der Steuerbefreiung für Biodiesel weitere Anreize und sofort wirksame flankierende Maßnahmen zur Energieeinsparung und zum Umstieg auf klimafreundliche Energieträger und Bewirtschaftungsverfahren in der Landwirtschaft auf den Weg gebracht werden.