Kommunalpolitik Oberbürgermeisterwahl in Pirna: AfD-Kandidat Lochner gewinnt
18. Dezember 202317. Dezember 2023, 20:32 Uhr
Im zweiten Wahlgang hat Pirna am Sonntag einen neuen Oberbürgermeister gewählt. Der parteilose Tim Lochner sicherte sich den Sieg. Er ließ sich von der AfD als Kandidat aufstellen, die in Sachsen als gesichert rechtsextremistisch gilt. Damit hat zum ersten Mal ein Kandidat der AfD eine Oberbürgermeisterwahl in Deutschland gewonnen.
- Beim zweiten Wahlgang wurde AfD-Kandidat Tim Lochner zum neuen Oberbürgermeister von Pirna gewählt.
- Im Interview sprach Lochner davon, die Rathausmitarbeiter auf Loyalität prüfen zu wollen.
- Der Kandidat der Freien Wähler sorgt sich über das Erstarken der AfD.
Tim Lochner ist der neue Oberbürgermeister von Pirna. Er wurde von der AfD für die Wahl aufgestellt. Mit einem deutlichen Vorsprung sicherte er sich mit 38,5 Prozent laut vorläufigem Wahlergebnis den Sieg. CDU-Politikerin Kathrin Dollinger-Knuth holte 31,4 Prozent der Stimmen, Ralf Thiele für die Freien Wähler 30 Prozent.
Im Dezember war der AfD-Landesverband Sachsen vom Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft worden. Damit hat Lochner nach eigener Aussage kein Problem. Er wiederholte nach der Wahl im MDR SACHSEN-Interview eine Aussage, die er zuvor schon traf: „Wenn wir einen Ausländeranteil in gewissen Stadtteilen haben von nachweislich 38 Prozent in den Grundschulen und Kitas, dann ist das für mich schon ein Austausch der einheimischen Bevölkerung.“
Lochner will Rathausmitarbeiter auf Loyalität prüfen
Als erste Amtshandlung als neuer Oberbürgermeister will Lochner den Dienstwagen abschaffen und stattdessen mit seinem Privatauto fahren. „Das ist meine allererste Festlegung“, sagte er. Die Dinge, die jetzt auf ihn zukommen werden, wolle er mit Ruhe und Gelassenheit angehen. „Ich werde die Mitarbeiter im Rathaus versuchen, möglichst einzeln kennenzulernen – und auf Loyalität prüfen.“ AfD-Landeschef Jörg Urban bezeichnete Lochner als absolut respektablen Kandidaten für eine Oberbürgermeisterwahl. Er habe gezeigt, dass die AfD ganz deutlich vorn liegen könne.
Bildrechte: Daniel FörsterIch werde die Mitarbeiter im Rathaus versuchen, möglichst einzeln kennenzulernen – und auf Loyalität prüfen.
Der Tischlermeister Lochner trat bereits 2017 bei der Oberbürgermeisterwahl an, scheiterte damals aber klar gegen den bisherigen parteilosen Amtsinhaber Klaus-Peter Hanke. Dieser trat bei der aktuellen Wahl aus Altersgründen nicht wieder an. Warum Lochner dieses Mal Erfolg hatte, begründet er mit seiner Bekanntheit in der Stadt. „Es lag daran, weil ich meinen Kopf seit 20 Jahren in der Öffentlichkeit repräsentiere. Ich habe einen Handwerksbetrieb“, sagte er. „Und in einer 40.000-Einwohner-Stadt kennt eigentlich jeder einen Handwerksmeister.“
53,8 Prozent Wahlbeteiligung
Insgesamt haben nach Angaben der Stadt 53,8 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben. Im ersten Wahlgang Ende November waren es 50,3 Prozent der knapp 32.000 Wahlberechtigten. Im ersten Wahlgang hatte keiner der fünf Kandidierenden die erforderliche Mehrheit erreicht.
Breite Unterstützung für CDU-Kandidatin
„Es ist ein Stückchen Enttäuschung da. Wir hätten uns ein anderes Ergebnis gewünscht, aber ich akzeptiere das als Demokratin“, sagte Dollinger-Knuth nach der Wahl MDR SACHSEN. „Wir werden jetzt kritische Opposition im Stadtrat sein und die AfD muss jetzt liefern.“
Bildrechte: Daniel FörsterWir werden jetzt kritische Opposition im Stadtrat sein und die AfD muss jetzt liefern.
Dollinger-Knuth hatte für den zweiten Wahlgang breite Unterstützung erhalten. Die OB-Kandidaten der ersten Wahlrunde in Pirna, Ralf Wätzig (SPD) und André Liebscher (parteilos), sagten der CDU-Kandidatin ihre Unterstützung zu und verzichteten auf eine erneute Kandidatur. Zuletzt riefen auch die Grünen und der Stadtverband der Linken zur Wahl Dollinger-Knuths auf. „Wir sind enttäuscht gewesen, dass sich die Freien Wähler unserem Bündnis nicht angeschlossen haben“, sagte die Politikerin.
Thiele sorgt sich über Erstarken der AfD
„Es macht mir Sorgen, dass sich der Trend in Deutschland verstärkt und die AfD erstarkt – vor allem so stabil erstarkt“, sagte Ralf Thiele von den Freien Wählern MDR SACHSEN. Dieser Bundestrend sei schade. Man werde sehen, was der AfD-Oberbürgermeister für die Stadt bedeuten wird. „Das erste Gefühl ist, dass das Image der Stadt leidet, Investoren möglicherweise abspringen oder junge Leute vielleicht die Stadt meiden“, sagte er.
Bildrechte: Daniel FörsterWir werden alles daran setzen müssen, dass wir die AfD Lügen strafen, dass ein AfD-Oberbürgermeister nicht schalten und walten kann, wie er gerne will.
„Wir hätten unter anderen Bedingungen diese Wahl gewinnen können. Ich hatte nach dem ersten Wahlgang angeboten, miteinander zu reden“, so Thiele. Diese Gespräche seien nicht zustande gekommen. „Ich stand zur Verfügung und hätte mir eine Unterstützung durch die CDU und die anderen Partner gewünscht.“ Nun werde man alles daran setzen müssen, dass ein AfD-Oberbürgermeister nicht schalten und walten könne, wie er wolle.
AfD-Kandidat auch im ersten Wahlgang vorn
Die CDU-Fraktionsvorsitzende im Pirnaer Stadtrat, Kathrin Dollinger-Knuth, war bei der OB-Wahl in Pirna Ende November auf 20 Prozent der Stimmen gekommen. Am besten hatte mit 33 Prozent Tim Lochner abgeschnitten, der von der AfD aufgestellt worden war. Zweitplazierter war Ralf Thiele von den Freien Wählern mit gut 23 Prozent.