“ liveblog “ Krieg im Nahen Osten 07.10.23 – Tag 79 ++ Israel greift erneut Ziele im Libanon an ++
23. Dezember 2023Israels Armee hat eigenen Angaben zufolge erneut Hisbollah-Ziele im Libanon angegriffen. Irans Revolutionsgarden drohen mit einer Blockade des Mittelmeers und anderer Wasserwege.
- Israels Armee greift erneut Ziele im Libanon an
- Irans Revolutionsgarden drohen mit einer Blockade des Mittelmeers
- USA verschärfen Ton gegenüber Iran
14:52 Uhr
Demo in Berlin für „Solidarität mit Palästina“
Hunderte Menschen haben in Berlin für ein Ende des Kriegs im Nahen Osten demonstriert. Unter dem Motto „Solidarität mit Palästina“ zogen die Demonstranten vom Halleschen Tor in Kreuzberg zum Brandenburger Tor. Die Versammlung verlaufe friedlich, sagte ein Polizeisprecher. Teilnehmer der Demonstration trugen Palästinensertücher und Plakate, auf denen die Bombardierung des Gazastreifens als Kriegsverbrechen verurteilt und Freiheit für Palästina und den Gazastreifen gefordert wurde.
Außerdem wurden palästinensische Flaggen und Fahnen der Linke geschwenkt. In Sprechchören forderten die Demonstranten „Stoppt den Mord, stoppt den Krieg, stoppt den Gaza-Genozid“. Zu der Demonstration hatte der Bezirksverband Neukölln der Partei Die Linke aufgerufen. In dem Aufruf wird die Bundesregierung aufgefordert, sich für einen sofortigen und dauerhaften Waffenstillstand und für die Aufhebung der Blockade des Gazastreifens einzusetzen. Zudem müsse die humanitäre Versorgung der Zivilbevölkerung ermöglicht werden.
Annäherung zwischen Ägypten und dem Iran
Ägypten und der Iran erwägen laut einem iranischen TV-Bericht die Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Die Präsidenten beider Länder hätten in ihrem ersten Telefongespräch überhaupt auch die Entwicklungen im Gazastreifen erörtert, hieß es am Samstag in dem Bericht. Der iranische Präsident Ebrahim Raisi habe seinen ägyptischen Amtskollegen Abdel Fattah al-Sisi angerufen.
Die beiden Staatsoberhäupter trafen sich zum ersten Mal vergangenen November am Rande des arabisch-islamischen Sondergipfels in Riad in Saudi-Arabien. „Raisi sagte, der Iran sei bereit, alle seine Kapazitäten zur Verfügung zu stellen, um den Völkermord des zionistischen Regimes zu stoppen und den Palästinensern Hilfe zukommen zu lassen“, berichtete das Staatsfernsehen in der Islamischen Republik. Die Beziehungen zwischen Ägypten und dem Iran waren in den vergangenen Jahrzehnten angespannt.
Kämpfe im Norden des Gazastreifens
Einen Tag nach der UN-Forderung nach Hilfen für den Gazastreifen konzentrierten sich die Kämpfe zwischen Israels Armee und der radikal-islamischen Hamas auf den Norden der Enklave. Über der Stadt Dschabalia, in der sich auch das größte Flüchtlingslager des Gazastreifens befindet, hing am Samstag dichter Rauch.
Bewohner berichteten von anhaltenden Luftangriffen und Beschuss durch Panzer, die weiter in die Stadt vorgedrungen sein sollen. Die Al-Kassam-Brigaden bestätigten die Kämpfe und gaben an, fünf Panzer abgeschossen zu haben. Im Süden Israels ertönten Sirenen, die vor möglichen Raketenangriffen aus dem Gazastreifen warnten.
Guterres sieht Waffenruhe als Bedingung
Der nach zähem Ringen verabschiedeten Resolution des UN-Sicherheitsrats zu Gaza muss nach Aufrufen von UN-Generalsekretär António Guterres eine sofortige Feuerpause folgen. Eine humanitäre Waffenruhe sei der einzige Weg, um den Menschen in Gaza zu helfen, erklärte Guterres bei X, vormals Twitter.
„Ich hoffe, dass die heutige Sicherheitsratsresolution helfen kann, die Lieferung von dringend benötigter Hilfe zu verbessern“, erklärte Guterres am Freitagabend. Weiter rief er die Hamas im Gaza-Streifen auf, die noch festgehaltenen israelischen Geiseln sofort und bedingungslos freizulassen. Nichts könne die entsetzlichen Terrorangriffe der Hamas auf Israel und die Entführung von rund 250 Menschen rechtfertigen, betonte Guterres.
11:55 Uhr
Arabische Liga kritisiert UN-Resolution
Die Arabische Liga hat die UN-Resolution zum Gaza-Krieg als überfällig und ungenügend kritisiert. Die Resolution sei „nicht genug, um die israelische Maschine der Aggression zu stoppen“, zitierte das ägyptische Fernsehen den Generalsekretär Ahmed Abul Gheit. Zwar sei sie ein „Versuch, eine Hungersnot in dem Küstenstreifen abzuwenden und Menschen in einer katastrophalen Lage zu retten, vor allem Frauen und Kinder“. Nötig seien aber nicht nur Hilfsgüter für den Gazastreifen, sondern ein „Schutz von Zivilisten vor dem ständigen Bombardement“ sowie die Umsetzung einer anhaltenden Waffenruhe, erklärte Abul Gheit. Die Blockade einer sofortigen Waffenruhe sei „eine Lizenz zum Töten“.
Israels Militär meldet 200 festgenommene Terroristen
Israelische Einsatzkräfte haben im Gazastreifen innerhalb einer Woche Armeeangaben zufolge mehr als 200 Mitglieder palästinensischer Terrororganisationen festgenommen. Die Terroristen der Hamas und des Islamischen Dschihads seien für Befragungen nach Israel gebracht worden, hieß es vom Militär.
„Einige der Akteure stellten sich freiwillig“, teilte die Armee mit. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen. Insgesamt seien bislang mehr als 700 Mitglieder von Terrororganisationen in dem Küstengebiet festgenommen worden.
Zivilschutzbehörde in Gaza meldet 76 Tote
Bei einem israelischen Luftangriff in der Stadt Gaza sind nach Darstellung der örtlichen Zivilschutzbehörde 76 Mitglieder einer Familie getötet worden. Der Angriff am Freitag auf ein Gebäude gehöre zu den bislang folgenschwersten Angriffen, sagte ein Sprecher der Behörde, Mahmud Bassal. Unter den Toten seien Frauen und Kinder.
Einer der Getöteten soll ein langjähriger Angestellter des UN-Entwicklungsprogramms gewesen sein. „Die UN und Zivilisten in Gaza sind kein Ziel“, sagte der Leiter des Entwicklungsprogramms, Achim Steiner. „Dieser Krieg muss enden.“
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Stellen der palästinensischen und der israelischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Israel greift erneut Hisbollah-Ziele im Libanon an
Israels Militär hat eigenen Angaben zufolge erneut Ziele der Hisbollah im Südlibanon angegriffen. Soldaten hätten im Nachbarland in der Nacht und am Morgen unter anderem ein Militärgelände der Schiitenmiliz attackiert, teilte die Armee mit. Sie meldete zudem Artillerieangriffe auf das libanesische Grenzgebiet.
Die libanesische Nachrichtenagentur NNA berichtete von drei israelischen Luftangriffen im Südlibanon. Es gibt bislang keine Berichte über Angriffe der Hisbollah auf Ziele in Israel. Die israelische Armee äußerte sich auf Anfrage dazu zunächst nicht.
Iranische Revolutionsgarden drohen mit Blockade der Mittelmeers
Die iranischen Revolutionsgarden drohen nach einem Bericht der iranischen Nachrichtenagentur Tasnim mit der Blockade des Mittelmeers. Die USA und ihre Verbündeten sollten sich auf die Schließung des Mittelmeeres, der Straße von Gibraltar und anderer Wasserwege einstellen, falls die Verbrechen im Gazastreifen fortgesetzt würden, zitiert Tasnim Brigadegeneral Mohammad Resa Naqdi.
Der Iran hat keinen direkten Zugang zum Mittelmeer. Er ist unter anderem mit der Terrororganisation Hamas im Gazastreifen, der Hisbollah-Miliz im Libanon und den Huthis im Jemen verbündet.
Ärzte ohne Grenzen halten UN-Resolution für „fast bedeutungslos“
Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) hat die Resolution des UN-Sicherheitsrats zum Gaza-Krieg als völlig unzureichend kritisiert. „Diese Resolution wurde so weit abgeschwächt, dass deren Wirkung auf das Leben von Zivilisten in Gaza nahezu bedeutungslos sein wird“, teilte MSF mit. Der Text bleibe „schmerzhaft weit“ hinter dem zurück, was angesichts der Krise im Gazastreifen notwendig sei: „eine sofortige und anhaltende Waffenruhe“, teilte Avril Benoit, MSF-Exekutivdirektorin in den USA, mit.
Chemikalien-Tanker von Drohne vor Indiens Küste getroffen
Ein Frachter ist nach Angaben der britische Firma für Schifffahrtssicherheit Ambrey im Arabischen Meer von einer Drohne getroffen worden. Die Besatzung des unter liberianischer Flagge fahrenden Chemikalien-Tankers habe den daraufhin entstandenen Brand löschen können. In den Frachter, der einen nicht näher erläuterten israelischen Bezug habe, sei Wasser eingedrungen. Das Schiff habe sich rund 200 Kilometer südwestlich von indischen Hafen Veraval befunden. Die indische Marine habe sich eingeschaltet.
Schuster: Keine Auswanderung jüdischer Menschen aus Deutschland
Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, beobachtet trotz der steigenden Zahl antisemitischer Vorfälle keine Auswanderung von Jüdinnen und Juden aus Deutschland. Auf die Frage, ob jüdische Gemeindemitglieder Deutschland den Rücken kehrten, sagte Schuster der „Rheinischen Post“: „Nein, eine Auswanderung jüdischer Menschen aus Deutschland sehe ich definitiv nicht.“
Es gebe immer wieder Menschen, die aus religiösen Gründen nach Israel umzögen, „aber aus politischen Gründen können wir das nicht feststellen – im Gegensatz zu Frankreich, wo es eine deutliche Abwanderung von Juden gibt.“
Israels Armee: Weitere Terroristen im Gazastreifen getötet
Israels Militär hat eigenen Angaben zufolge bei Angriffen im Gazastreifen wieder Dutzende Terroristen getötet. Die Armee habe ein Haus, das als Hamas-Hauptquartier diente, aus der Luft angegriffen und die Mitglieder der Terrororganisation dabei eliminiert, teilte die Armee mit. Zuvor hätten Bodentruppen das Feuer eröffnet, um die Terroristen dazu zu bringen, sich in das Gebäude zurückziehen.
Auch weitere Häuser in der Umgebung, die die Hamas den Angaben nach als militärische Standorte nutzte, hätten Soldaten zerstört. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.
Im Süden der Stadt Gaza fanden israelische Einsatzkräfte den Angaben nach zudem Mörsergranaten, Sprengsätze und Raketen in einem Kindergarten. Das Militär veröffentlichte ein Foto der Waffen.
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Stellen der palästinensischen und der israelischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Klein: Juden in Deutschland so bedroht wie seit Holocaust nicht mehr
Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, hat sich besorgt zur Sicherheitslage von Juden und Jüdinnen in Deutschland geäußert. Der Überfall der Hamas auf Israel sei „eine Zeitenwende auch für die Sicherheit der Juden in Deutschland“ gewesen, sagte er den Funke-Zeitungen. „Seit dem Holocaust sind Juden in Deutschland nicht mehr in so großer Gefahr gewesen wie heute.“
Bei der Hamas handle es sich um eine „aktive Terrororganisation“, die so viele Juden wie möglich töten wolle und von Teilen der Bevölkerung offen unterstützt werde. „Wir müssen befürchten, dass der Arm der Hamas bis nach Deutschland reicht“, sagte Klein. Unter Jüdinnen und Juden in Deutschland gebe es „große Unruhe“.
Guterres gedenkt getöteter UN-Mitarbeiter in Gaza
UN-Generalsekretär Antonio Guterres hat den im Gaza-Krieg getöteten Mitarbeitern der Vereinten Nationen Tribut gezollt. „136 unserer Kollegen in Gaza sind binnen 75 Tagen getötet worden“, schrieb Guterres auf der Online-Plattform X. So etwas sei in der Geschichte der UN noch nie dagewesen. „Die meisten unserer Mitarbeiter sind mit Gewalt aus ihren Häusern vertrieben worden“, schrieb der Generalsekretär. Er spreche ihnen und den Tausenden humanitären Helfern seine Anerkennung aus, die ihr Leben für die Zivilisten im Gazastreifen riskierten.
Bericht: Über 1.000 antisemitische Straftaten seit Hamas-Angriff
Mehr als 1.000 Straftaten mit antisemitistischem Hintergrund hat das Bundeskriminalamt (BKA) laut Medienberichten seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel registriert. Dabei handele es sich vor allem um Schmierereien an Synagogen sowie das Verbrennen von Israel-Flaggen, wie die „Welt am Sonntag“ berichtet. Die Zahl der antisemitischen Straftaten liege damit etwa doppelt so hoch wie im letzten Quartal des vergangenen Jahres (2022: 506).
Die Behörden gehen jedoch für dieses Jahr noch von steigenden Zahlen aus, da Ermittlungen bei den Staatsschutz-Dienststellen noch laufen, wie es hieß. Zudem hätten auch in den Sozialen Medien Hass, Hetze, Gewaltaufrufe und Morddrohungen gegen Israel sowie Jüdinnen und Juden zugenommen.
Biden „untröstlich“ über den Tod eines Amerikaners
US-Präsident Joe Biden ist „untröstlich“ über den Tod eines Amerikaners, der vermutlich von der palästinensischen Islamistengruppe Hamas bei einem Angriff auf Israel getötet worden ist.
„Jill (Biden) und ich sind untröstlich über die Nachricht, dass der Amerikaner Gadi Haggai am 7. Oktober von der Hamas getötet worden sein soll. Wir beten weiterhin für das Wohlergehen und die sichere Rückkehr seiner Frau Judy“, so der US-Präsident in einer vom Weißen Haus veröffentlichten Erklärung. Haggais Frau wird nach Angaben der israelischen Zeitung Haaretz immer noch im Gazastreifen als Geisel gehalten.
Ex-Außenminister Gabriel hält Deutschlands Einfluss im Nahen Osten für begrenzt
Der frühere Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) hält Deutschlands Einfluss als möglicher Vermittler im Nahen Osten für begrenzt. Deutschland und Europa spielten im Nahost-Krieg „praktisch keine Rolle“, sagte Gabriel der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. „Wir sind nur Zuschauer.“
Dass Deutschland und Frankreich in der UN-Generalversammlung unterschiedlich abstimmten, zeige für viele, „dass man aus Europa nichts zu erwarten hat, weil wir wie so oft uneinig sind“, erklärte der SPD-Politiker. „Wir hatten im arabischen Raum mal einen sehr guten Ruf als fairer Vermittler, obwohl alle wussten, dass und warum wir an der Seite Israels stehen“, erklärte der Vorsitzende der Atlantik-Brücke. „Mein Eindruck ist, dass wir gerade dabei sind, diesen guten Ruf zu verlieren.“
USA verschärfen Ton gegenüber Iran nach Huthi-Angriffen auf Schiffe im Roten Meer
Die USA haben angesichts der Angriffe der jemenitischen Huthi auf Handelsschiffe im Roten Meer den Ton gegenüber dem Iran verschärft. „Wir wissen, dass der Iran maßgeblich an der Planung der Einsätze gegen Handelsschiffe im Roten Meer beteiligt war“, sagte die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrats, Adrienne Watson. Washington habe „keinen Grund zu der Annahme, dass der Iran versucht, die Huthis von diesem rücksichtslosen Verhalten abzubringen“.
Laut vom Weißen Haus veröffentlichten US-Geheimdienstinformationen hat Teheran den Huthis Drohnen und Raketen sowie taktische Geheimdienstinformationen zur Verfügung gestellt. Die visuelle Analyse habe eine nahezu identische Übereinstimmung zwischen iranischen und den von den Huthis gestarteten Drohnen und Raketen ergeben, erklärte das Weiße Haus. Zudem seien die Huthis auf die vom Iran bereitgestellten Überwachungssysteme auf See angewiesen.