Erstes Bundesland erlässt Sonderregeln für Geimpfte – dabei ist wichtigste Frage bisher unklar

13. Januar 2021 Aus Von mvp-web

17:38:55
Sachsen-Anhalt hat als erstes deutsches Bundesland Sonderrechte für Menschen mit Corona-Impfung eingeführt. Die Quarantänepflicht nach Reisen in ausländische Risikogebiete entfällt für sie. Infektionstechnisch scheint das fragwürdig.

Wer aus einem Corona-Risikogebiet nach Deutschland einreist, muss in Quarantäne – und neuerdings auch ein maximal 48 Stunden altes, negatives Testergebnis vorlegen. Zumindest dann, wenn die Einreise aus einer besonders von der mutierten Coronaversion B.1.1.7 betroffenen Region oder einem Land mit sehr hohen Inzidenzzahlen erfolgt. Einreisende aus anderen Gebieten müssen künftig binnen 48 Stunden nachweisen, dass sie nicht infiziert sind.

So sieht es die neue Reiseverordnung des Gesundheitsministeriums vor, die das Kabinett am Mittwoch beschlossen hat. Noch am Donnerstag soll sie in Kraft treten und die Ausbreitung potenziell hochansteckender Virusmutationen aus dem Ausland verhindern, erklärt Gesundheitsminister Jens Spahn. Auslandsreisen in Risikogebiete passten nicht zur Pandemielage. „Wer trotzdem darauf nicht verzichten will, muss sich künftig bei seiner Rückkehr testen lassen.“

Brisant dabei: Ein zuvor kursiertes Entwurfpapier soll Berichten nach zunächst eine Ausnahmeklausel von der Quarantänepflicht für bereits Geimpfte sowie die Menschen vorgesehen haben, die nachweislich schon eine Sars-CoV-2-Infektion hinter sich haben. In der jetzt beschlossenen Fassung ist davon keine Rede.

Was jetzt in Sachsen-Anhalt gilt

Sachsen-Anhalt allerdings hat diesbezüglich offenbar bereits Nägel mit Köpfen gemacht – und seine Einreisebestimmungen modifiziert. Schon seit Freitag gilt dort eine Ausnahme von der Quarantäne für Menschen, die

  • „mindestens 14 Tage vor der Einreise eine Impfung gegen das Coronavirus vollständig abgeschlossen haben“ oder
  • „ein ärztliches Zeugnis über eine bei Einreise mindestens 21 Tage und höchstens sechs Monate zurückliegende (…) bestätigte Infektion“ vorlegen können, wie es wörtlich heißt.

Das Land von Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) ist damit das erste Bundesland, das Sonderregeln für Geimpfte und Corona-Genesene in Abgrenzung zum Rest der Bevölkerung einführt. Bundeskanzlerin Merkel und auch Gesundheitsminister Spahn hatten zuletzt wiederholt betont, es werde keine Privilegien für Geimpfte geben.

Sonderregeln für Geimpfte sind umstritten

Patientenschützer Eugen Brysch nennt das Vorgehen Sachsen-Anhalts verwunderlich. „Damit ist absehbar, dass schon die Pläne der Bundesregierung und das Vorpreschen von Sachsen-Anhalt für große Verwirrung in der Bevölkerung sorgen werden“, sagte der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz der „Rheinischen Post“.

Zudem sei die Regelung auch epidemiologisch hoch gefährlich. „Denn kein Experte kann heute verbindlich einschätzen, ob Geimpfte immun sind oder das Virus sogar weitergeben können.“ Nicht einmal der Hersteller verspreche das.