“ liveblog “ Krieg im Nahen Osten ++ Hamas-Terroropfer verklagen Sicherheitsorgane ++
2. Januar 2024Überlebende des Hamas-Überfalls vom 7. Oktober auf das Musikfestival verklagen die israelischen Sicherheitsbehörden auf Schadensersatz. Israel bombardierte nach eigenen Angaben Ziele in Syrien und im Libanon.
- Israel bombardiert Ziele in Syrien und Libanon
- Sicherheitsminister Gvir fordert israelische Siedlungen in Gaza
- UN-Menschenrechtsbüro sieht Anzeichen für Kriegsverbrechen
12:43 Uhr
Terror-Überlebende klagen gegen israelischen Sicherheitsapparat
Der Terrorangriff der Hamas vom 7. Oktober auf das Supernova-Musik-Festival im südisraelischen Kibbutz Re’im mit mindestens 360 Toten hätte nach Meinung von Überlebenden weitgehend verhindert werden können. 42 von ihnen reichten am Montag eine Schadensersatzklage gegen den israelischen Inlandsgeheimdienst Schin Bet, die Armee, die Polizei sowie das israelische Verteidigungsministerium ein, wie israelische Medien berichteten. In der ersten Zivilklage dieser Art fordern die Kläger am Tel Aviver Bezirksgericht Schadensersatz in Höhe von umgerechnet 50 Millionen Euro. Sie werfen den staatlichen Sicherheitsorganen Fahrlässigkeit und grobe Versäumnisse vor.
Gesundheitsbehörde: 207 Tote in Gaza binnen 24 Stunden
In den vergangenen 24 Stunden sind im Gazastreifen nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde 207 Menschen durch israelische Angriffe getötet worden. 338 Menschen seien in diesem Zeitraum verletzt worden. Seit Beginn des Krieges wurden demnach insgesamt 22.185 Palästinenser getötet, mehr als 57.000 wurden verletzt.
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Israelische Armee ermittelt gegen eigenen Soldaten
In Israel hat die Armee im Zusammenhang mit der Tötung eines festgenommenen Palästinensers im Gazastreifen Ermittlungen gegen einen ihrer Soldaten eingeleitet. Der Soldat werde verdächtigt, den Palästinenser erschossen zu haben, als sich dieser wegen Terrorismusverdachts in israelischem Gewahrsam befand, teilte die Armee mit.
Der Palästinenser war den Angaben zufolge als „mutmaßlicher Terrorist“ in der Stadt Gaza gefangen genommen und befragt worden. Dann wurde er laut Armee unter „Aufsicht eines Soldaten“ gestellt, der dann das Feuer auf den Mann eröffnet haben soll. Die Militärpolizei ermittelt demnach nun zu den Umständen, unter denen der Schuss abgegeben wurde.
Israel setzt offenbar Angriffe im Gazastreifen fort
Israel setzt seine Angriffe im gesamten Gazastreifen offenbar fort. Augenzeugen berichteten laut der Nachrichtenagentur AFP am Dienstag von nächtlichen Raketenangriffen auf die Stadt Rafah im Süden und von Granatenbeschuss des Flüchtlingslagers Dschabalia im Norden des von der radikalislamischen Hamas kontrollierten Palästinensergebiets. Kämpfe wurden zudem aus Flüchtlingslagern im Zentrum des Gazastreifens sowie im südlich gelegenen Chan Junis gemeldet.
Maersk erwägt Transporte durch das Rote Meer trotz Huthi-Angriffs
Die dänische Reederei Maersk will trotz des jüngsten Angriffs von Huthi-Rebellen auf einen ihrer Frachter im Roten Meer die Route bald wieder nutzen. Dabei habe die Sicherheit der Besatzung, der Schiffe und der Ladung oberste Priorität, teilte das Unternehmen am Dienstag mit. Maersk stützt sich auf die multinationale Sicherheitsinitiative OPG, die den Seehandel durch das Rote Meer und den Golf von Aden ermöglichen soll. Für jedes einzelne Schiff sollen die Pläne aktualisiert werden, je nach Entwicklung der Sicherheitslage könne man den Schiffsverkehr erneut umleiten. Der Konzern hatte am Sonntag alle Fahrten über das Rote Meer für 48 Stunden ausgesetzt, nachdem die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen das Containerschiff Maersk Hanghzou angegriffen hatten. US-Hubschrauber wehrten die Attacke ab.
Bewaffnete Palästinenser bei Militäreinsatz Israels getötet
Israelische Soldaten haben bei Einsätzen im besetzten Westjordanland Armeeangaben zufolge fünf militante Palästinenser getötet. Bei einem Anti-Terror-Einsatz im palästinensischen Dorf Assun seien vier bewaffnete Kämpfer getötet worden, die aus einem Haus auf die Soldaten geschossen hätten, teilt das israelische Militär mit. Bei dem Schusswechsel sei ein israelischer Soldat verwundet worden. Bei einer Razzia zur Beschlagnahmung von Waffen in der Stadt Kalkilia hätten Soldaten einen Bewaffneten erschossen, der das Feuer auf sie eröffnet habe. Von palästinensischer Seite gab es zunächst keine Stellungnahme.
Syrien: Sachschaden durch israelischen Angriff
Syrien bestätigt israelische Angriffe im Großraum Damaskus. Der Luftangriff habe „einigen Sachschaden“ verursacht, meldet die staatliche Nachrichtenagentur SANA.
Israelischer Einsatz verlagert sich offenbar nach Süden
Bewohner der Gebiete östlich und nördlich von Chan Yunis im südlichen Gazastreifen berichten über verstärkte israelische Luftangriffe und Beschuss durch Panzer.
In Gaza-Stadt, im Norden des Küstenstreifens, berichten Einwohner hingegen von einem israelischem Teilabzug. Aus dem Bezirk Sheikh Radwan seien israelische Panzer nach zehntägigen Kämpfen abgezogen worden.
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Stellen der palästinensischen und der israelischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
UN-Menschenrechtsbüro sieht Anzeichen für Kriegsverbrechen
Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, sieht Anzeichen für Kriegsverbrechen und womöglich auch Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Nahost-Krieg.
Der Österreicher nennt auf der Seite der Palästinenser den Hamas-Überfall auf Israel am 7. und 8. Oktober, das wahllose Abfeuern von Geschossen auf Israel und das militärische Agieren aus zivilen Einrichtungen heraus. Zu Israel sagte Türk der Nachrichtenagentur dpa: „Wenn man sich anschaut, wie Israel darauf reagiert hat, da habe ich schwere Bedenken, was die Einhaltung sowohl der Menschenrechte als auch des internationalen humanitären Rechts betrifft.“
Türk rief Deutschland und andere Staaten auf, von Israel die Einhaltung des humanitären Völkerrechts zu fordern und die Vereinten Nationen gegen massive Kritik auch aus israelischen Regierungskrisen klar zu verteidigen.
Israel bombardiert Ziele in Syrien und Libanon
Die israelische Armee hat nach eigenen Angaben Ziele in Syrien und im Libanon angegriffen – dies sei eine Reaktion auf Raketenbeschuss aus den beiden Nachbarstaaten gewesen. Von Syrien aus seien fünf Raketen nach Israel geflogen und in offenem Gelände niedergegangen. Israelische Kampfflugzeuge hätten daraufhin die Abschussorte angegriffen.
Zudem habe ein Kampflugzeug „terroristische Infrastruktur“ der Hisbollah-Miliz im Libanon getroffen. Von dort aus seien am Montag Raketen in Richtung einer nordisraelischen Siedlung abgefeuert wurden, teilte die Armee weiter mit.
Ben Gvir fordert israelische Siedlungen in Gaza
Nach dem ultrarechten israelischen Finanzminister Bezalel Smotrich hat auch der rechtsextreme Sicherheitsminister Itamar Ben Gvir eine Rückkehr jüdischer Siedler in den Gazastreifen gefordert. Die Wiedererrichtung von Siedlungen sei „eine korrekte, gerechte, moralische und humane Lösung“, sagte Ben Gvir bei einem Treffen seiner Partei Jüdische Kraft. „Dies ist eine Gelegenheit, ein Projekt zu entwickeln, das die Bewohner des Gazastreifens ermutigt, in andere Länder der Welt auszuwandern“, sagte Ben Gvir. Sowohl Smotrich, Chef der Partei Religiöser Zionismus, als auch Ben Gvir leben in Siedlungen im besetzten Westjordanland.
Israel hatte sich 2005 nach 38 Jahren Besatzung aus dem Gazastreifen zurückgezogen. Aus dort abgehaltenen Wahlen ein Jahr später ging die Hamas als Siegerin hervor. Nach bewaffneten Auseinandersetzungen mit der rivalisierenden Fatah von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas übernahm sie 2007 schließlich die Kontrolle über den Gazastreifen.