“ liveblog “ Krieg im Nahen Osten ++ Israel beendet Einsatz im Westjordanland ++
4. Januar 2024Israels Armee hat einen 40-stündigen Einsatz im Westjordanland beendet. Es soll elf Festnahmen geben. Das Hamas-kontrollierte Gesundheitsministerium in Gaza meldet 14 Tote durch israelische Angriffe.
- Hunderte Palästinenser im Westjordanland festgenommen
- Offenbar mehrere Tote im Gazastreifen
- UN: 18 Reedereien leiten Schiffe wegen Angriffen im Roten Meer um
- Regierungskreise: US-Außenminister Blinken reist erneut in Nahen Osten
- Saudi-Arabien weist Gaza-Umsiedlungspläne israelischer Minister zurück
19:19 Uhr
Israel beendet Razzia im Westjordanland – elf Festnahmen
Israels Militär hat eigenen Angaben zufolge eine Razzia im Flüchtlingslager Nur Schams in Tulkarm im Nordwesten des Westjordanlands nach mehr als 40 Stunden beendet. Elf Menschen wurden bei dem Anti-Terror-Einsatz festgenommen, wie die Armee mitteilte. Was ihnen genau vorgeworfen wird, wurde nicht mitgeteilt. Hunderte Verdächtige wurden demnach befragt. Zwischenzeitlich war von Hunderten Festnahmen berichtet worden.
Mike Pence drückt Israel seine Solidarität aus
Der frühere US-Vizepräsident Mike Pence hat bei einem Besuch im Süden des Landes seine Unterstützung für Israel im Krieg mit der militant-islamistischen Hamas zum Ausdruck gebracht. Während er neben den Trümmern einer Polizeistation in der Stadt Sderot stand, die am 7. Oktober Schauplatz eines erbitterten Gefechts zwischen Hamas-Kämpfern und Polizisten war, sagte Pence, die USA stünden an der Seite Israels.
In der kommenden Woche muss sich Israel vor dem höchsten UN-Gericht, dem Internationalen Gerichtshof mit Sitz in Den Haag verantworten, nachdem Südafrika unter Berufung auf die Völkermordkonvention Klage gegen Israel eingereicht hatte. „Die Weltgemeinschaft scheint immer einen Weg zu finden, Israel zu kritisieren, besonders an Orten wie den Vereinten Nationen“, sagte Pence. „Und in dieser dunklen Stunde wollte ich meinen Teil dazu beitragen, um sicherzustellen, dass die Israelis wissen, dass die Menschen der Vereinigten Staaten mit euch sind und dass wir an eurer Seite stehen werden.“
UN-Kommissar kritisiert Aussagen zu möglicher Vertreibung
Der Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, hat Äußerungen israelischer Minister zu einer möglichen Massenvertreibung von Palästinensern aus dem Gazastreifen als „sehr verstörend“ verurteilt. UN-Vertreter Türk wies auf X (vormals Twitter) daraufhin, dass schon jetzt 85 Prozent der Menschen innerhalb des Palästinensergebietes vertrieben worden seien. „Sie haben das Recht, nach Hause zurückzukehren“, betonte er. Das internationale Recht verbiete gewaltsame Umsiedlungen und Deportationen von geschützten Personen in und aus besetzten Gebieten, so Türk.
Die rechtsextremen israelischen Minister Itamar Ben-Gvir und Bezalel Smotrich hatten sich für eine israelische Wiederbesiedlung des Gazastreifens nach dem Krieg gegen die Hamas ausgesprochen. Ben-Gvir sagte am Montag, der Krieg sei eine Gelegenheit, die „Umsiedlung der Bewohner des Gazastreifens“ zu fördern. Smotrich sagte am Sonntag, wenn Israel richtig vorgehe, werde es eine Abwanderung von Palästinensern geben, „und wir werden im Gazastreifen leben“. Neben Türk haben unter anderem die Bundesregierung sowie die Regierungen der USA und Frankreichs scharfe Kritik geübt.
Hunderte Deutsche im Libanon auf Krisenvorsorgeliste
Rund 1.000 deutsche Staatsangehörige im Libanon haben sich in der Krisenvorsorgeliste des Auswärtigen Amtes eingetragen. Das teilte das Ministerium mit. Die am 19. Oktober beschlossene Ausreiseaufforderung für den Libanon gelte fort.
Wegen der Zuspitzung der Lage an der israelisch-libanesischen Grenze hatte das Auswärtige Amt am Mittwochabend erneut deutsche Staatsangehörige aufgerufen, den Libanon so schnell wie möglich zu verlassen. Deutsche, die sich noch in dem Land aufhalten, sollten sich in der Krisenvorsorgeliste Elefand registrieren und „auf schnellstem Wege“ ausreisen, schrieb das Auswärtige Amt auf der Plattform X, vormals Twitter. Eine Eskalation an der Grenze zwischen Israel und Libanon sei nicht auszuschließen.
Tausende begleiten Beisetzung von Hamas-Anführer
An der Beisetzungsfeier des mutmaßlich von Israel getöteten Hamas-Anführers Saleh al-Aruri in der libanesischen Hauptstadt Beirut haben Tausende Menschen teilgenommen. Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen wurde der Sarg des zweithöchsten Anführers der Terrormiliz im Ausland zu einem Friedhof in dem palästinensischen Lager Schatila im Süden der Stadt gebracht. Die Teilnehmenden riefen „Freiheit für Palästina“ und „Tod für Amerika und Israel“. Sie marschierten gemeinsam zu dem Friedhof. Auch die palästinensische Fahne und Flaggen der Hisbollah und Hamas wurden in die Höhe gehalten.
Der Vize-Leiter des Politbüros der Hamas, Al-Aruri, war am Dienstagabend in Beirut getötet worden. Die Hamas und die Hisbollah geben Israel die Schuld. Israels Militär wollte Berichte über eine gezielte Tötung von al-Aruri bisher nicht kommentieren. Insgesamt kamen bei dem Angriff sieben Mitglieder der Hamas und Verbündeter ums Leben.
Israel: Hamas-Terroristen in Tunneln getötet
Die israelische Armee hat bei Kämpfen gegen die militant-islamistische Hamas im Süden des Gazastreifens nach eigenen Angaben zahlreiche ihrer Gegner in Tunneln getötet. Das hätten auch Terroristen der Hamas bestätigt, die sich in der schwer umkämpften Stadt Chan Junis ergeben hätten, teilte das Militär auf Telegram mit. Ein mehrere Hundert Meter langes Tunnelsystem sei zerstört und die Kampf- und Führungsfähigkeit der Hamas in der Region erheblich reduziert worden.
Nach Angaben von Oberst Micky Scharwit wurden in einem Tunnel im Süden allein 20 Terroristen getötet. In dem Kampfgebiet gebe es praktisch keine nicht-militärische Infrastruktur, zitierte ihn die Zeitung „Jerusalem Post“ weiter. Die Hamas nutze fast jedes Wohnhaus, Krankenhaus und fast jede Schule für den Terror.
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Stellen der palästinensischen und der israelischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Hunderte Palästinenser im Westjordanland festgenommen
Die israelische Armee hat im besetzten Westjordanland nach eigenen Angaben im Flüchtlingslager Nur Schams in der Stadt Tulkarm Hunderte Palästinenser wegen des Verdachts militanter Aktivitäten festgenommen. Sie seien zur Befragung abgeführt worden, teilte das Militär mit. Die Soldaten hätten bei dem Einsatz Häuser durchsucht, militante Infrastrukturen zerstört und zahlreiche Waffen sichergestellt.
Einwohnern zufolge wurden mindestens 120 Menschen festgenommen und drei Häuser zerstört. Darunter sei auch das Haus eines Mitglieds der Tulkarm-Brigaden, einer militanten Gruppe mit Verbindungen zur Fatah-Organisation von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas. Die Tulkarm-Brigaden erklärten, dass sich ihre Kämpfer einen Schusswechsel mit den Soldaten geliefert hätten.
13:40 Uhr
Linke fordert Behandlung verletzter Palästinenser in Deutschland
Angesichts der humanitären Notlage in Gaza fordert die Linkspartei, verwundete Palästinenser nach Deutschland und andere EU-Länder zu bringen und hier zu versorgen. Nach dem „brutalen Angriff der Terrororganisation Hamas auf den Staat Israel und seine Menschen“ leide die Zivilbevölkerung in Gaza heute „in unerträglichem Ausmaß unter den Folgen des Terrors der Hamas und der militärischen Antwort des Staates Israel“, sagte die Linken-Abgeordnete Cornelia Möhring dem „Spiegel“.
Um das „schwerste menschliche Leid“ zu lindern, fordere sie für schwer verletzte und schwer kranke Zivilisten eine humanitäre Evakuierungsaktion aus Gaza über die Nachbarländer und deren Aufnahme in Deutschland und anderen EU-Ländern, sagte sie weiter. Möhring beschäftigt sich für ihre Partei im Bundestag mit humanitärer Hilfe, globaler Gesundheit und Entwicklungspolitik.
Religionsführer in Ägypten arbeiten an gemeinsamer Position zu Gaza
Der Großimam der Kairoer Al-Azhar-Moschee, Scheich Mohammad Al-Tajjeb, und der koptisch-orthodoxe Papst Tawadros II. wollen sich gemeinsam zum Nahost-Krieg äußern. Zu diesem Zweck soll eigens ein Komitee gegründet werden, wie die Zeitung „Egypt Today“ berichtete. Das Gremium mit Vertretern von Christen und Muslimen soll den Angaben zufolge eine gemeinsame Position zur Unterstützung der Palästinenser im Gazastreifen erarbeiten.
Bei einem Treffen mit Tawadros am Mittwoch verurteilte Al-Tajjeb erneut die israelischen Angriffe und sprach von einer „Vernichtung unschuldiger Bürger“. Der internationalen Gemeinschaft warf er vor, tatenlos bei einem Völkermord zuzusehen. Der Koptenpapst äußerte sich ähnlich.
Orthodoxe Kopten stellen die größte christliche Gemeinschaft in Ägypten. Angaben über Mitgliederzahlen der altorientalischen Kirche schwanken zwischen acht und zwölf Millionen unter den rund 100 Millionen Einwohnern des Landes. Die Al-Azhar-Moschee ist die älteste Moschee Kairos und eines der bedeutendsten islamischen Gotteshäuser.
Kämpfe von Hisbollah mit Israel gehen weiter
Vor der Beisetzung des mutmaßlich von Israel getöteten zweithöchsten Anführers der islamistischen Hamas im Ausland, Saleh al-Aruri, im Libanon hat die Hisbollah erneut Israel beschossen. Die wie die Hamas mit dem Iran verbündete Schiitenmiliz teilte mit, sie habe unter anderem israelische Einheiten nahe dem Dorf Schtula beschossen und „Volltreffer“ erzielt.
Israel machte jedoch keine Angaben über mögliche Opfer. Das israelische Militär erwiderte nach eigenen Angaben den Beschuss aus dem Libanon. Ein Kampfflugzeug habe einen Beobachtungsposten der Hisbollah bei der Stadt Marun al-Ras beschossen. Zudem sei eine mit Panzerabwehrwaffen ausgerüstete Hisbollah-Einheit unter Feuer genommen worden. Die Tötung Al-Aruris am Dienstag in der libanesischen Hauptstadt Beirut hatte Befürchtungen neuen Auftrieb gegeben, dass der Gaza-Krieg auch den Libanon erfassen könnte.
Saudi-Arabien weist Gaza-Umsiedlungspläne israelischer Minister zurück
Saudi-Arabien hat die Forderungen zweier israelischer Minister zur Umsiedlung der Bevölkerung im Gazastreifen zurückgewiesen. Die Äußerungen von Bezalel Smotrich und Itamar Ben-Gvir seien extremistisch, teilt das saudi-arabische Außenministerium mit. Die beiden Minister hatten auch für eine erneute Besetzung des schmalen Küstenstreifens und den Bau von Siedlungen plädiert.
Offenbar mehrere Tote im Gazastreifen durch israelischen Angriff
Bei israelischen Angriffen auf Al-Mawasi westlich von Chan Yunis im Gazastreifen sind 14 Palästinenser getötet worden. Das sagte ein Beamter des von der Hamas geführten Gesundheitsministeriums gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Unter den Toten seien auch neun Kinder, hieß es weiter. Unabhängig überprüfen lassen sich die Angaben derzeit nicht.
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Stellen der palästinensischen und der israelischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Forderung nach einem Ende der Angriffe der Huthi-Rebellen auf Schiffe
Mitglieder des UN-Sicherheitsrates fordern die Huthi im Jemen auf, ihre Angriffe auf die Schifffahrt im Roten Meer und im Golf von Aden einzustellen. Diese seien illegal und bedrohten die regionale Stabilität, die Freiheit der Schifffahrt und die weltweite Nahrungsmittelversorgung, sagte Chris Lu, Vertreter der USA bei den Vereinten Nationen (UN).
Die mit dem Iran verbündeten Huthi, die einen Großteil des Jemen kontrollieren, haben seit dem 19. November mehrere Schiffe mit Drohnen und Raketen beschossen. Wichtige Schifffahrtslinien haben aufgrund der Angriffe ihren Betrieb durch das Rote Meer eingestellt.
Regierungskreise: US-Außenminister Blinken reist erneut in Nahen Osten
Angesichts der Furcht vor einer Ausweitung des Kriegs zwischen Israel und der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas reist US-Außenminister Antony Blinken nach Angaben aus Washington am Donnerstag erneut in den Nahen Osten. Blinken werde die Reise am Donnerstagabend antreten und in ihrem Verlauf unter anderem Israel besuchen, hieß es am Mittwochabend (Ortszeit) aus Regierungskreisen. Zu den genauen Zielen der Nahost-Reise von US-Außenminister Blinken gab es aus Washington zunächst keine weiteren Angaben. Es wäre Blinkens vierte Nahost-Reise und sein fünfter Besuch in Israel seit dem Überfall der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober. Blinken begleitete zudem US-Präsident Joe Biden bei einem Israel-Besuch Mitte Oktober.
US-Außenminister Blinken will offenbar erneut in den Nahen Osten reisen.
Bidens Wahlkämpfer warnen vor Wählerschwund durch Nahostpolitik
Angesichts der steigenden Zahl ziviler Todesopfer im Gazastreifen haben Mitarbeiter von US-Präsident Joe Biden vor deutlichen Wählerverlusten gewarnt. „Die Mitarbeiter von ‚Biden for President‘ haben gesehen, wie Freiwillige in Scharen gekündigt haben, und Leute, die seit Jahrzehnten blau (Anm. d. Red.: Farbe, die für Bidens Demokraten steht) gewählt haben, fühlen sich wegen dieses Konflikts unsicher, ob sie das jemals wieder tun werden“, schrieben 17 Mitarbeiter von Bidens Wahlkampfteam in einem anonymen Brief auf der Onlineplattform Medium. Bidens Wahlkampfteam reagierte zunächst nicht auf eine Anfrage zur Stellungnahme.
Gleichzeitig trat ein hochrangiger Beamter des US-Bildungsministeriums zurück. „Ich kann nicht schweigen, wenn diese Regierung die Augen vor den Gräueltaten gegen unschuldige Palästinenser verschließt, die von führenden Menschenrechtsexperten als Völkermordkampagne der israelischen Regierung bezeichnet werden“, begründete Tariq Habash, Sonderassistent im Bildungsministerium, seinen Schritt. Die USA und Israel weisen den Vorwurf eines Genozids im Gazastreifen zurück.
UN: 18 Reedereien leiten Schiffe wegen Angriffen im Roten Meer um
Wegen der Angriffe auf Frachtschiffe im Roten Meer leiten nach Angaben der Vereinten Nationen 18 Reedereien ihre Schiffe um und lassen sie stattdessen Afrika umrunden. Mit der Umleitung über Südafrika sollten die Angriffe auf Schiffe reduziert werden, sagte der Chef der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation (IMO), Arsenio Dominguez. Die Umleitung der Schiffe bedeute eine Verlängerung der Fahrtzeit um zehn Tage und „negative Auswirkungen auf den Handel und steigende Frachtraten“, fuhr er fort.
Hisbollah meldet neun tote Kämpfer durch israelische Angriffe
Neun Kämpfer der Hisbollah sind am Mittwoch bei israelischen Angriffen im Libanon getötet worden. Das gab die schiitische Miliz bekannt. Es handelt sich um eine der höchsten Opferzahlen innerhalb eines Tages während der seit fast drei Monaten andauernden Zusammenstöße zwischen Hisbollah und israelischen Soldaten vor dem Hintergrund des Krieges zwischen Israel und der Hamas. Die Hisbollah gab außerdem bekannt, dass sie am Mittwoch elf Angriffe auf israelische Stellungen entlang der Grenze durchgeführt habe. In vier Fällen seien Kurzstreckenraketen vom Typ Burkan eingesetzt worden.