Blockaden ab Montag Wo wegen der Bauernproteste ein Verkehrschaos droht
7. Januar 2024Autobahnblockaden, Kolonnen und Schleichfahrten: Bauern wollen ab Montag den Verkehr in ganz Deutschland lahmlegen, um gegen die Streichung von Subventionen zu protestieren. Wo was geplant ist – ein Überblick.
Obwohl die Bundesregierung die geplanten Kürzungen im Agrarbereich teilweise zurückgenommen hat, bereiten Bauern massive bundesweite Proteste ab morgen vor. Auch andere Branchen wollen sich beteiligen. Polizei und Behörden rechnen mit starken Verkehrsbeeinträchtigungen. Auch Schulen und zahlreiche andere gesellschaftliche Bereiche dürften betroffen sein.
Bundesfinanzminister und FDP-Chef Christian Lindner kritisierte die Protestpläne als unverhältnismäßig. Auch die Polizei warnt vor Verkehrsgefährdungen und Gefährdungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Bundesbehörden befürchten zudem eine Radikalisierung und Unterwanderung der Proteste.
In den einzelnen Bundesländern sind unterschiedliche Aktionen geplant. Eine Übersicht über die angekündigten Proteste:
Baden-Württemberg
Geplant ist eine Vielzahl an Aktionen, wie Kundgebungen, Traktor-Kolonnen und Mahnwachen. Das Innenministerium Baden-Württemberg warnte vor größeren Einschränkungen im Straßenverkehr am Montag – es seien fast alle Landkreise betroffen. „Die Protestaktionen sollen vor allem in Form von sogenannten Traktoren-Sternfahrten, vereinzelt auch als Aufzüge mit Traktoren auf Hauptverkehrswegen stattfinden, so dass mit starken Verkehrsbeeinträchtigungen zu rechnen ist.“ Größere Aktionen gibt es etwa in Mannheim, Heilbronn, Ravensburg Karlsruhe und Stuttgart.
In der Landeshauptstadt soll es am Montag zwischen 9 und 13 Uhr auf dem Cannstatter Wasen eine Kundgebung mit anschließendem Autokorso geben. Hier werden laut Veranstalter mindestens 150 Fahrzeuge teilnehmen. Eine weitere Protestaktion mit mehr als 1.000 Fahrzeugen soll am Freitag stattfinden.
Bayern
Für die Aktionswoche ab Montag befürchten einige Kommunen große Auswirkungen, etwa auch durch Blockaden von Autobahnauffahrten. Auch in vielen größeren Städten dürfte es zu großen Verkehrsproblemen kommen. In München wollen am Montag mehrere Tausend Landwirte auf dem Odeonsplatz protestieren. Weil die meisten mit Traktoren anreisen, ist mit erheblichen Verkehrsbehinderungen zu rechnen. Die Münchner Polizei empfiehlt, auf Autofahrten zu verzichten.
An den Protesten wollen sich laut Bayerischem Handwerkstag auch andere Branchen beteiligen, etwa Bäcker, Metzger und Müller. Der Protest der Lebensmittelhandwerker richtet sich in erster Linie gegen die Wiederanhebung der Mehrwertsteuer auf 19 Prozent für Speisen in der Gastronomie sowie gegen den Wegfall der Strom- und Gaspreisbremsen, die Erhöhung der CO2-Abgabe und die neue Lkw-Maut.
Thorsten Grimm, der stellvertretende Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) in Bayern, befürchtet durch die anstehenden Bauernproteste in der kommenden Woche eine massive Überlastung der Polizei: „Viele Aktionen schießen da nicht nur rechtlich weit übers Ziel hinaus, sie stellen in Teilen auch Verkehrsgefährdungen sowie Gefährdungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dar.“ Grimm sagte weiter: „Die Polizei schützt mit starken Einsatzkräften bayern- und bundesweit die Versammlungen und damit das Grundgesetz, was uns nächste Woche an die absolute Belastungsgrenze bringen wird.“
Berlin
Von Sonntagabend, 17 Uhr, bis Montagabend, 22 Uhr, wird die Straße zwischen dem Großen Stern und dem Brandenburger Tor gesperrt. Grund ist eine angemeldete Demo mit Traktoren, wie die Verkehrsinformationszentrale bei X mitteilte. Nach Angaben der Polizei wurde für Montag eine Kundgebung mit rund 300 Teilnehmern angemeldet. Wie viele Traktoren dabei in die Hauptstadt kommen werden, ist noch offen. Unterstützt wird die Kundgebung von der Interessenvertretung der Freien Bauern, einer Interessenvertretung, die nicht zum Deutschen Bauernverband gehört.
Brandenburg
Mit Treckern wollen Landwirte etwa im Nordwesten Brandenburgs Auffahrten zur Autobahn 24, die Hamburg mit Berlin verbindet, ab Montagmorgen blockieren. Protestaktionen sind laut Landesbauernverband auch an Supermärkten und Tankstellen sowie vor der Staatskanzlei in Potsdam vorgesehen. Das Bildungsministerium rechnet damit, dass Schüler wegen der Straßenblockaden womöglich nicht rechtzeitig zum Unterricht kommen können. Lehrkräfte sollen daher Distanzunterricht vorbereiten.
Bremen
Bauernverbände aus Niedersachsen haben zu einer Sternfahrt nach Bremen aufgerufen. Nach Einschätzung der Polizei könnten sich bis zu 2.000 Fahrzeuge auf den Weg in die Hansestadt machen.
Hamburg
Die Hamburger Polizei rechnet wegen der Trecker-Demos von Landwirten gegen Sparbeschlüsse der Bundesregierung am Montag mit erheblichen Verkehrsbehinderungen im gesamten Stadtgebiet. Jeweils 250 bis 300 Traktoren sollen nach den Plänen der Anmelder am Montagmorgen aus Schleswig-Holstein kommend in Langenhorn, Rahlstedt und Bergedorf die Landesgrenze passieren und zu einer Abschlusskundgebung in der Hamburger Innenstadt fahren, wie die Polizei mitteilte.
Da die Versammlungsbehörde fortwährend weitere Anmeldungen erhalte, müsse im gesamten Stadtgebiet sowie auf Ausweichstrecken mit erheblichen Behinderungen gerechnet werden, hieß es. „Insofern bittet die Polizei, soweit möglich, auf öffentliche schienengebundene Verkehrsmittel auszuweichen.“
Die größte hessische Protestaktion ist am Montag in Wiesbaden geplant. Dort soll eine gemeinsame Sternfahrt mit Hunderten Traktoren stattfinden. Im Verlauf der Woche sind zahlreiche weitere, regionale Aktionen in Hessen geplant, etwa in Kassel, Frankfurt, Limburg und dem Untertaunus.
In Zusammenhang mit den geplanten Bauernprotesten gibt es von deutschen Sicherheitsbehörden Befürchtungen, dass Rechtsextreme und Teilnehmer aus der „Querdenker“-Szene die Proteste unterwandern könnten. Laut einem Bericht der „Welt am Sonntag“ fand das Bundeskriminalamt entsprechende Aufrufe im Internet. Darin sei von Generalstreik und Umsturz-Randalen die Rede.
Mecklenburg-Vorpommern
Nach Informationen des Landesbauernverbands von Donnerstagvormittag wird es Protestaktionen an mehr als 50 Autobahnzufahrten geben, allerdings zeitgleich davon nur an jeder zweiten für zwei Stunden mit anschließendem Wechsel, sodass der Verkehr an den jeweils freien Anschlussstellen fließen kann. Als Zeitfenster wurde Montagmorgen, 7 bis 11 Uhr, genannt. Im Detail stimmt sich der Verband aber intern noch zu den Aktionen ab.
In mehreren Städten hat die Initiative „Unternehmeraufstand MV“ Autokorsos angemeldet, etwa in Neubrandenburg, Rostock, Güstrow, Wismar oder Schwerin. Auch in Stralsund sind laut zuständigem Landkreis Proteste angemeldet.
Die Auswirkungen für die Menschen sind laut NDR massiv: In Rostock werden viele Schulen nicht mit Essen beliefert. Außerdem fällt der Transport von Schülern mit Behinderung aus, die Müllabfuhr findet am Montag vielerorts nicht statt und einige Bürgerämter bleiben geschlossen. Der Landkreis Vorpommern-Greifswald hat über seine Sozialen Netzwerke angekündigt, den kompletten öffentlichen Personennahverkehr am Montag einzustellen. Um Lieferketten nicht zu gefährden, hob das Land das Sonntagsfahrverbot für Lkw auf.
Niedersachsen
In zahlreichen Regionen und Städten sind Blockaden, Kundgebungen und Schleichfahrten geplant, darunter Braunschweig, Cloppenburg, Cuxhaven, Göttingen oder der Heidekreis. Die Stadt Hannover und die Region sollen voraussichtlich die ganze Woche von Protestaktionen betroffen sein. Am Montag sind mehrere Kundgebungen und sogenannte Schleichfahrten sowie Straßenblockaden geplant.
Laut den niedersächsischen Polizeidirektionen kann es in zahlreichen Regionen dadurch zu Behinderungen kommen. Autofahrende müssten am Montag mit Staus und längeren Wartezeiten rechnen, warnen die Landvolk-Verbände. Betroffen sind voraussichtlich auch die Autobahnen 7 und 27 sowie der Wesertunnel.
Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens appellierte an die Landwirte, sich an Recht und Gesetz zu halten. „Nötigungen und Bedrohungen sind dabei ebenso wenig legitime Formen des Protests wie gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr“, sagte die SPD-Politikerin.
In NRW wollen die Bauern am Montag landesweit an Kreuzungen und Auffahrten den Verkehr lahmlegen. Größere Versammlung soll es in Köln, Bonn, östlich von Dortmund und Münster geben. Hier werden mehrere Hundert Zugmaschinen erwartet. Die zuständigen Polizeidienststellen warnen nach einer großen Anzahl von angemeldeten Traktorprotesten landesweit vor Verkehrsproblemen. Diese können sich den ganz Montag hinziehen und sowohl den Berufsverkehr als auch Schülerinnen und Schüler betreffen.
Unterstützung für ihr Festhalten an der Aktionswoche bekommen die Landwirte von NRW-Landwirtschaftsministerin Silke Gorißen (CDU): „Was die Bundesregierung aktuell anbietet, ist nicht akzeptabel. Ich fordere weiterhin eine vollständige Rücknahme der Streichung der Steuerbegünstigung beim Agrardiesel.“ Gorißen kündigte an, an der für den 15. Januar in Berlin geplanten Großdemo der Landwirte teilzunehmen.
Rheinland-Pfalz könnte einer der Schwerpunkte der Proteste werden. Der Bauern- und Winzerverband will am Montag in allen 14 Kreisen Demonstrationen und Kundgebungen durchführen. Der Verband rechnet mit mehr als 10.000 Teilnehmern. Es sei damit zu rechnen, dass im Großraum des Polizeipräsidiums Mainz mindestens 40 und damit so gut wie alle Autobahnauffahrten schon ab 6 Uhr blockiert würden, hieß es von der Polizei. Später sei mit Kundgebungen in Mainz, Worms und Koblenz zu rechnen.
Nach Angaben des Innenministeriums wird den Landwirten ein Rahmen für ihre Proteste gesteckt: Es gehe darum, dass Not- und Rettungswege jederzeit befahrbar sind und lediglich die rechte Autobahnspur blockiert wird. Zudem sollen Blockaden von Autobahnauffahrten maximal eine Stunde dauern.
Ein Problem: Am Montag beginnt wie in vielen Bundesländern der Unterricht nach den Weihnachtsferien wieder. Sollte der Schulweg wegen der Verkehrsprobleme nicht zumutbar sein, können Eltern ihre Kinder zuhause lassen, sollten dies der Schule aber melden. Volljährige Schüler entscheiden selbst, ob sie sich für diesen Tag bei der Schule abmelden. Das Bildungsministerium teilte mit, die Schulen würden eine großzügige Entschuldigungspraxis anwenden und diesen Tag nicht als Fehltag werten.
Die für Montag angemeldete Sternfahrt der saarländischen Bauern wird nach Einschätzung der Polizei landesweit für erhebliche Verkehrsbehinderungen und Staus sorgen. Zudem werden wohl etliche Autobahnauffahrten blockiert sein, so zum Beispiel in Freisen, Braunshausen, Waldmohr und Perl.
Am Saarbrücker Schloss ist um 14:45 Uhr die Abschlusskundgebung einer Sternfahrt geplant. Einige angrenzende Straßen werden mittags ab 12 Uhr für den Verkehr gesperrt. Dort kann es bis zum Montagabend Behinderungen geben.
Im östlichen Bundesland sind Hunderte Aktionen geplant, die massiv den Verkehr beeinträchtigen dürften. Diese reichen vom Korso mit Traktoren und mit Autos über Blockaden von Autobahnauffahrten und Verkehrsknotenpunkten bis hin zu Sternfahrten. Laut den Protestlern sollen 95 Prozent aller Autobahnauffahrten in Sachsen blockiert werden. Im Erzgebirge werden laut Landratsamt der ÖPNV und Schülerverkehr am Montag komplett eingestellt.
Am Montag sind Aktionen wie Autokorsos, eine Demonstration an der Elbbrücke in Torgau und auch Proteste an Autobahnauffahrten geplant. Am Mittwoch gibt es in Dresden eine große Kundgebung.
Der Landesbauernverband arbeitet für die Aktionswoche mit der Vereinigung Land schafft Verbindung zusammen. Unterstützung erhalten die Gruppen dabei von anderen Verbänden, wie dem Hotel- und Gaststättenverband Sachsen (DEHOGA), Fleischerinnungen oder dem Landesverband „Sächsisches Obst“. Gleichzeitig distanzieren sich die Landwirte nach eigenen Angaben von Aktionen, die von Akteuren wie den rechtsextremen „Freien Sachsen“ im Fahrwasser der Bauernproteste geplant werden.
Experten beobachten, dass Rechtsextreme gezielt um die Gunst der Landwirte kämpfen. So treten die „Freien Sachsen“ als „Kümmerer“ für die Interessen von Landwirten auf, um antidemokratische Ziele zu verfolgen, heißt es vom Kulturbüro Sachsen im MDR. Das Kulturbüro berät nach eigenen Angaben unter anderem die Kommunalpolitik, um rechtsextremistischen Strukturen eine demokratische Zivilgesellschaft entgegenzusetzen; es veröffentlicht jährlich den Bericht „Sachsen rechts unten“.
Der Zuspruch zur AfD unter Bäuerinnen und Bauern sei zudem sehr hoch. So hätten bei den letzten Landtagswahlen 34 Prozent der Landwirte die mittlerweile als gesichert rechtsextrem eingestufte AfD gewählt.
Zum Auftakt der Aktionswoche werde es zwei Kundgebungen geben, teilte der Bauernverband mit. Eine finde im Zentrum von Magdeburg, die andere im Zentrum von Halle statt. Hunderte Landwirte würden erwartet. Für die Anreise soll auch die A14 genutzt werden, wo es dadurch zu Einschränkungen kommen kann. Es sei von jeweils mehr als 200 Traktoren auszugehen. Der Bauernverband schätzt, dass sich in Magdeburg und in Halle jeweils zwischen 1.000 und 6.000 Menschen beteiligen werden.
Die Polizei empfiehlt, Halle möglichst weiträumig zu umfahren und auf unnötige Fahrten im Stadtgebiet zu verzichten. Es sei mit erheblichen Einschränkungen im Straßenverkehr zu rechnen, die sich auch auf das gesamte Stadtgebiet und die angrenzenden Landkreise auswirken werden. Bereits in den Morgenstunden sei damit zu rechnen, dass viele landwirtschaftliche Fahrzeuge aus den Landkreisen Mansfeld-Südharz, Anhalt-Bitterfeld sowie dem Burgenlandkreis, dem Salzlandkreis und dem Saalekreis nach Halle (Saale) fahren werden. Zwischen etwa 8 Uhr und 16 Uhr werden der Riebeckplatz und die angrenzenden Verkehrsflächen gesperrt.
Schleswig-Holstein
Im ganzen Land soll es an drei Tagen Demonstrationen geben, kündigte der Landesbauernverband an. Dabei werde es durch langsamfahrende Kolonnen zu Verkehrsbehinderungen kommen. Die Proteste sollen nach Angaben des Bauernverbands am Montag im Süden Schleswig-Holsteins beginnen. Kolonnenfahrten seien in den Kreisen Dithmarschen, Steinburg, Pinneberg, Segeberg, Stormarn und im Herzogtum Lauenburg geplant.
In Kiel sind am Montag mehrere Demonstrationen zwischen 9 und 18 Uhr geplant. Dafür werden der Wilhelmplatz und der Exerzierplatz gesperrt. Außerdem wurde bei den Behörden angemeldet, dass die A7-Auffahrten ab Bad Bramstedt bis zur dänischen Grenze blockiert werden sollen.
Am Mittwoch seien Aktionen in Flensburg, Ostholstein, Stormarn, Herzogtum Lauenburg und Lübeck geplant. Zum Abschluss am Freitag wollen Landwirte aus den Kreisen Plön und Rendsburg-Eckernförde nach Kiel zu einer Kundgebung fahren.
Der Thüringer Bauernverband rechnet für Montag mit 900 Traktoren, die sich aus allen Ecken des Landes auf den Weg nach Erfurt machen werden. Der Verband hat eigenen Angaben nach zwar nicht zu Blockaden von Kreuzungen oder Straßen aufgerufen, dennoch müssten sich Autofahrer und auch Fahrgäste im Erfurter Nahverkehr auf teils erhebliche Einschränkungen einstellen, hieß es seitens des Verbands und auch der Erfurter Stadtwerke. Auch in anderen Städten Thüringens wurden Versammlungen für Montag angemeldet.