Übung mit etwa 90.000 Soldaten NATO kündigt größtes Manöver seit Jahrzehnten an
19. Januar 2024Es wird die größte Übung seit Ende des kalten Krieges: Mit etwa 90.000 Soldaten will die NATO ab Februar knapp vier Monate lang trainieren. Hintergrund ist unter anderem der russische Angriff auf die Ukraine.
Die NATO will für ein Manöver etwa 90.000 Soldaten mobilisieren. Die rund vier Monate dauernde Übung mit dem Namen „Steadfast Defender“ werde das größte Manöver des Verteidigungsbündnisses seit Jahrzehnten sein, erklärte US-General Christopher Cavoli nach einem Treffen des NATO-Militärausschusses in Brüssel.
Die Vorbereitungen sollen nach Angaben des Oberbefehlshabers der NATO-Streitkräfte in Europa bereits in der kommenden Woche beginnen. Der Start des eigentlichen Manövers ist dann für Februar vorgesehen. Trainiert werden soll bis Mai insbesondere die Alarmierung und Verlegung von nationalen und multinationalen Landstreitkräften, wie Cavoli weiter erläuterte: „Die Allianz wird ihre Fähigkeit demonstrieren, den euro-atlantischen Raum durch eine Verlegung von US-Truppen zu verstärken.“ Die Übung werde ein klarer Beleg für den Zusammenhalt, die Stärke und die Entschlossenheit des Bündnisses zum gegenseitigen Schutz sein, so Cavoli.
„Wenn sie uns angreifen, müssen wir bereit sein“
Die Ankündigung kommt gut vier Wochen vor dem zweiten Jahrestag der russischen Invasion in der Ukraine am 24. Februar. „Wir bereiten uns auf einen Konflikt mit Russland und Terrorgruppen vor“, sagte der Vorsitzende des NATO-Militärausschusses, der niederländische Admiral Rob Bauer, nach zweitägigen Beratungen im Brüsseler Hauptquartier des Verteidigungsbündnisses. „Wenn sie uns angreifen, müssen wir bereit sein.“
Nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa ist das Szenario der Übung ein russischer Angriff auf alliiertes Territorium, der zum Ausrufen des sogenannten Bündnisfalls nach Artikel 5 des NATO-Vertrags führt. Letzterer regelt die Beistandsverpflichtung in der Allianz und besagt, dass ein bewaffneter Angriff gegen einen oder mehrere Alliierte als ein Angriff gegen alle angesehen wird.
An der Militärübung nehmen alle 31 Bündnisländer und der Beitrittsanwärter Schweden teil. Die Bundeswehr wird sich nach eigenen Angaben unter anderem mit einem vierstufigen Manöver mit dem Namen „Quadriga 2024“ an „Steadfast Defender“ beteiligen. Bis Ende Mai sollen mehr als 12.000 Soldaten im Einsatz sein und insbesondere Fähigkeiten zur schnellen Verlegung von Kräften an die NATO-Ostflanke trainieren.
Von Mitte Mai an wird beispielsweise die zehnte Panzerdivision auf verschiedenen Wegen Soldaten mit Gefechtsfahrzeugen nach Litauen verlegen und dort in einem Gefecht ihre Fähigkeit zum Kampf zeigen. Der NATO-Staat im Baltikum gehört zu den Ländern, die sich wegen ihrer Lage besonders bedroht von Russland fühlen.
Übungsraum in Ostflanke der NATO
Der Übungsraum bei „Steadfast Defender“ erstreckt sich von Norwegen bis hin in Länder wie Rumänien. Zudem wird es nach Bundeswehrangaben einen maritimen Übungsanteil mit Verlegung von Kräften aus Nordamerika nach Europa geben. Insgesamt sollen an der Übung neben den rund 90.000 Soldaten auch mehr als 1.000 Gefechtsfahrzeuge sowie Dutzende Kampfflugzeuge und Marineeinheiten teilnehmen.
Konkret nennen Militärs unter anderem Panzer, Flugzeugträger sowie Jets vom Typ F-35. Neben Deutschland ist beispielsweise auch Großbritannien ein wichtiger Truppensteller für die Übung. Das Verteidigungsministerium in London kündigte jüngst an, dass sich rund 20.000 britische Soldaten der See-, Luft- und Landstreitkräfte beteiligen werden.
Größtes Luftwaffenmanöver erst vergangenes Jahr
Im Juni 2023 hatte die NATO über deutschem Luftraum bereits das groß angelegte Luftwaffenmanöver „Air Defender“ abgehalten. Es war die größte Verlegeübung von Luftstreitkräften seit Gründung der NATO vor fast 75 Jahren. An ihr hatten 250 Flugzeuge und rund 10.000 Soldatinnen und Soldaten aus 25 Ländern teilgenommen. Die Bundesregierung und die Bundeswehr zogen danach eine positive Bilanz.
Die bislang größte NATO-Übung seit dem Ende des Kalten Krieges war 2018 mit Schwerpunkt in Norwegen organisiert worden. An ihr waren rund 51.000 Soldatinnen und Soldaten beteiligt. Die letzten NATO-Manöver, die größer waren als die nun geplante Übung, fanden vor der Auflösung der Sowjetunion im Jahr 1991 statt. Damals gab es unter anderem noch die Manöverreihe „Return of Forces to Germany“. An ihr waren 1988 beispielsweise rund 125.000 Soldaten beteiligt.