„liveblog“ Krieg in Nahost 27.01.2024 ++ Huthi melden Luftangriff auf Hafen im Jemen ++
27. Januar 2024Die USA und Großbritannien haben nach Angaben der Huthi-Miliz einen Hafen im Jemen bombardiert. Der Chef der Weltgesundheitsorganisation hat vor den akuten Versorgungsengpässen in der Nasser-Klinik gewarnt.
- Huthi melden Luftangriff von USA und Großbritannien auf Hafen
- WHO warnt vor akuten Versorgungsengpässen in Nasser-Klinik
- Nach Raketenangriff durch Huthi: Feuer auf Tanker gelöscht
- PLO-Generalsekretär: UNRWA-Finanzierungsstopp sofort aufheben
14:49 Uhr
Tanker-Besatzung löscht Brand nach Raketenangriff der Huthi
Nach einem Raketenangriff der Huthi-Miliz hat die Besatzung eines Tankers im Golf von Aden den Brand an Bord gelöscht. Der Einsatz auf der „Marlin Luanda“ habe mehrere Stunden gedauert, teilte der in Singapur ansässige Handelskonzern Trafigura mit. Von den 27 Besatzungsmitgliedern sei niemand verletzt worden. „Das Schiff befindet sich nun auf dem Weg in einen sicheren Hafen“, erklärte Trafigura. Die indische Marine teilte mit, ihr Lenkwaffenzerstörer „INS Visakhapatnam“ habe die Besatzung der „Marlin Luanda“ bei der Brandbekämpfung unterstützt. Das Schiff, das von einer britischen Firma verwaltet wird, hat russisches Rohbenzin geladen, das für Singapur bestimmt ist.
Der Militärsprecher der Huthi, Jahja Sari, reklamierte den Angriff auf die“Marlin Luanda“ in einer aufgezeichneten Erklärung am Freitagabend für die Miliz und bezeichnete sie als britisches Ölschiff. Er kündigte an, solche Angriffe würden fortgesetzt.
Schulze mahnt Aufklärung von Vorwürfen gegen UNRWA an
Nach Vorwürfen gegen das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA hat Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze Aufklärung angemahnt.“Ich erwarte eine umfassende, gründliche und transparente Untersuchung“, schrieb die SPD-Politikerin auf der Internetplattform X, ehemals Twitter. Mitarbeiter des UN-Hilfswerks werden verdächtigt, an dem Angriff auf Israel am 7. Oktober beteiligt gewesen zu sein. Es sei wichtig, dass UNRWA unmittelbar Konsequenzen gezogen und die Betroffenen entlassen habe, schrieb Schulze. Zugleich erklärte sie: Das Hilfswerk spiele „eine zentrale und lebenswichtige Rolle in der Versorgung der palästinensischen Bevölkerung in Gaza“.
Nahost und Ukraine Thema: Biden empfängt Scholz am 9. Februar
US-Präsident Joe Biden empfängt nach Angaben des Weißen Hauses den deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz am 9. Februar in Washington. Beide Politiker wollten ihre entschiedene Unterstützung der Ukraine bei der Verteidigung gegen den von Russland begonnenen Angriffskrieg unterstreichen und über die Lage im Nahen Osten beraten, teilte das US-Präsidialamt mit. Zudem wollten sich Biden und Scholz in Vorbereitung des NATO-Gipfels in Washington abstimmen. Themen der Gespräche über die Lage im Nahen Osten seien Bemühungen zur Vermeidung einer Eskalation des Konflikts, die feste Unterstützung Israels zur Selbstverteidigung und eine Ausweitung lebensrettender Schritte und des Schutzes von Zivilisten im Gazastreifen, teilte das Weiße Haus weiter mit.
Treffen im Weißen Haus am 9. Februar geplant: US-Präsident Biden und Bundeskanzler Scholz wollen unter anderem über die Ukraine und die Lage in Nahost sprechen.
Berichte über schwere Kämpfe um Stadt Chan Yunis
Im Gazastreifen haben sich die Kämpfe zwischen dem israelischen Militär und palästinensischen Gruppen erneut auf das Gebiet um Chan Yunis konzentriert. Einwohner der Stadt im Süden des Küstenstreifens berichteten von schwerem Luft- und Panzerbeschuss. Die radikalislamische Hamas erklärte, ihre Kämpfer würden Panzer mit Panzerabwehrraketen angreifen. Auch die mit der Hamas verbündete Extremistengruppe Islamischer Dschihad teilte mit, ihre Kämpfer hätten israelische Streitkräfte in der Gegend angegriffen und Raketen auf Israel abgefeuert.
Offenbar Tote bei Beschuss an israelisch-libanesischer Grenze
Bei israelischem Beschuss an der israelisch-libanesischen Grenze sind nach Angaben der militanten Hisbollah-Miliz vier ihrer Kämpfer gestorben. Drei Menschen seien am Freitagabend zudem verletzt worden, als die israelische Armee im Süden des Landes mit Kampfflugzeugen angegriffen habe, hieß es aus libanesischen Sicherheitskreisen und von der Hisbollah. Die Jets hätten das Gebiet mit Luft-Boden-Raketen angegriffen, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur NNA.
PLO-Generalsekretär: UNRWA-Finanzierungsstopp sofort aufheben
Der Generalsekretär der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) hat die Aussetzung der Zahlungen einiger Länder für die UN-Hilfsorganisation für Palästinenser (UNRWA) kritisiert. Der Finanzierungsstopp berge große politische und humanitäre Risiken, erklärte Hussein al-Scheich auf X. „Wir fordern die Länder, die die Einstellung ihrer Unterstützung für die UNRWA angekündigt haben, auf, ihre Entscheidung sofort rückgängig zu machen.“ Länder wie Italien hatten nach den Vorwürfen, UNRWA-Mitarbeiter seien an dem Hamas-Massaker vom 7. Oktober auf Israel beteiligt gewesen, ihre Finanzierung für die Organisation ausgesetzt.
Hamas melden 26.257 getötete Palästinenser
Das Hamas-geführte Gesundheitsministerium im Gazastreifen meldet den Tod von mindestens 26.257 Palästinensern durch israelische Angriffen seit dem 7. Oktober. 64.797 Menschen seien verletzt worden. In den letzten 24 Stunden wurden demnach 174 Palästinenser bei israelischen Angriffen getötet und 310 verletzt, so das Ministeriums weiter. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen.
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Stellen der palästinensischen und der israelischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Italien setzt Finanzierung von UN-Hilfswerk aus
Italien setzt die Finanzierung des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) aus. Das teilte Außenminister Antonio Tajani auf X mit. Offenbar reagiert Italien damit auf Vorwürfe, einige UNRWA-Mitarbeiter seien an dem Massenmord an etwa 1.200 Menschen beim Überfall am 7. Oktober auf Israel beteiligt gewesen. Einige von Italiens Verbündeten hätten die gleiche Entscheidung getroffen, erklärt Tajanai. Zugleich versicherte der Minister: „Wir engagieren uns für humanitäre Hilfe für die palästinensische Bevölkerung und schützen die Sicherheit Israels.“
UN-Sicherheitsrat tagt zur Entscheidung von Gerichtshof
Nach der Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs (IGH) zum israelischen Militäreinsatz im Gazastreifen wird der UN-Sicherheitsrat in der kommenden Woche über mögliche weitere Schritte beraten. Das Gremium werde auf Antrag Algeriens am kommenden Mittwoch tagen, teilte der Ratsvorsitz mit. Ziel ist es nach Angaben des algerischen Außenministeriums, der Entscheidung des höchsten UN-Gerichts „verbindliche Wirkung“ zu geben.
Der IGH hatte in einer vorläufigen Entscheidung Israel aufgefordert, alles dafür zu tun, dass es bei seinem Militäreinsatz gegen die Terrororganisation Hamas im Gazastreifen nicht zu einem „Völkermord“ kommt. Zudem verlangten die Richter von Israel, dringend benötigte humanitäre Hilfe für die Zivilisten in das Palästinensergebiet zuzulassen. Eine sofortige Waffenruhe ordneten sie aber nicht an, wie Südafrika gefordert hatte. Die Entscheidung der Richter sei dennoch eine „klare Botschaft“, dass es einen Waffenstillstand brauche, um alle Vorgaben des Gerichts zu erreichen, erklärte der palästinensische UN-Botschafter Rijad Mansur.
Auswärtiges Amt „besorgt“ über Berichte zu UN-Mitarbeitern
Angesichts der möglichen Beteiligung einiger Mitarbeiter des UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA am Hamas-Massaker in Israel ist das Auswärtige Amt eigenen Angaben nach „zutiefst besorgt“. Das Ministerium begrüße, dass UNRWA-Generalkommissar Philippe Lazzarini die Betroffenen entlassen und eine Untersuchung der „schwerwiegenden Vorwürfe“ angekündigt habe, teilte das Ministerium mit. Sie müsse gründlich und vollständig sein. Lazzarini müsse der Belegschaft des UN-Hilfswerks klarmachen, „dass alle Formen von Hass und Gewalt völlig inakzeptabel sind und nicht toleriert werden.“
Lazzarini hatte zuvor mitgeteilt, das Israel dem UNRWA Informationen über die mutmaßliche Beteiligung mehrerer Mitarbeiter am Hamas-Terror übermittelt habe. Der UNRWA-Generalkommissar sowie UN-Generalsekretär António Guterres drohten auch mit strafrechlichten Konsequenzen. Die Vereinigten Staaten setzten vorübergehend die Bereitstellung zusätzlicher Mittel für das UN-Hilfswerk aus.
Baerbock berät mit jordanischem Außenminister
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock ist vor dem Hintergrund des Nahost-Krieges mit ihrem jordanischen Kollegen Aiman al-Safadi zu einem Arbeitstreffen zusammengekommen. Bei dem Gespräch in der Hauptstadt Amman dürfte es um die humanitäre Krise im Gazastreifen und die Perspektiven für die Zeit nach einem Ende des Krieges gehen. Details und mögliche Ergebnisse sollten nicht bekanntgegeben werden.
Baerbock plädiert für eine Zweistaatenlösung, wonach ein unabhängiger, demokratischer und entmilitarisierter Palästinenserstaat friedlich an der Seite Israels existieren soll. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu lehnt das bisher ab.
Huthi melden Luftangriff von USA und Großbritannien auf Hafen
Die USA und Großbritannien haben nach Angaben der Huthi-Miliz im Jemen zwei Luftangriffe auf den Hafen von Ras Isa am Roten Meer geflogen. Weitere Einzelheiten berichtete der Huthi-TV-Sender Al-Masira zunächst nicht.
Am Freitag war der Tanker „Marlin Luanda“ im Roten Meer nach Angaben des Betreibers Trafigura im Roten Meer von einer Rakete getroffen worden. Ein Feuer brach demnach aus, die Löscharbeiten halten dem Betreiber zufolge an. Trafigura zufolge gab es keine Verletzten.
US-Streitkräfte zerstören Huthi-Rakete im Jemen
US-Streitkräfte haben nach eigenen Angaben eine Schiffsabwehrrakete der militant-islamistischen Huthi im Jemen zerstört. Das Geschoss sei auf das Rote Meer gerichtet und bereit zum Start gewesen, teilte das Zentralkommando der Vereinigten Staatenauf dem Onlineportal X mit. Die US-Streitkräfte hätten die Rakete, die im von der Miliz kontrollierten Gebiet gestanden habe, als Gefahr für US-Kriegsschiffe und Handelsschiffe auf der für den Welthandel wichtigen Schifffahrtsroute eingestuft, hieß es zur Begründung des Angriffs.
Die Huthi-Miliz nimmt seit Beginn des Krieges zwischen Israel und der islamistischen Terrororganisation Hamas immer wieder Schiffe im Roten Meer ins Visier. Die Huthi agieren aus Solidarität mit der Hamas und richten ihre Attacken vor der jemenitischen Küste auf Frachter mit angeblicher israelischer Verbindung.
++ WHO-Chef warnt vor Kollaps von Nasser-Klinik ++
09:05 Uhr
Israel meldet elf getötete Hamas-Kämpfer
Israelische Truppen haben nach eigenen Angaben in den vergangenen 24 Stunden mindestens elf Hamas-Kämpfer in Chan Yunis getötet. Es seien Milizionäre getötet worden, die versucht hätten, die Soldaten mit Sprengkörpern anzugreifen, teilte das Militär mit. Andere hätten mit Gewehren und panzerbrechenden Granaten auf Soldaten geschossen.
US-Militär meldet weiteren Angriff auf Schiff im Roten Meer
Angaben des US-Militärs zufolge soll erneut ein Schiff im Roten Meer beschossen worden sein. Die USA machten für den Angriff auf den Öltanker „Marlin Luanda“ im Golf von Aden erneut die jemenitische Huthi-Miliz verantwortlich. Es seien Schäden am Schiff entstanden, habe aber keine Verletzten gegeben.
USA und Katar drängen erneut auf Freilassung von Geiseln
US-Präsident Joe Biden und der Emir von Katar, Scheich Tamim bin Hamad al-Thani, haben erneut betont, dass „der Schlüssel zu einer längeren Feuerpause“ im Gazastreifen darin bestehe, dass die Terrormiliz Hamas die restlichen Geiseln freilasse. „Ein zu verhandelndes Abkommen zur Freilassung der Geiseln“ habe zentrale Bedeutung, hieß es in einer vom Weißen Haus in Washington D.C. veröffentlichten Erklärung. Durch eine Feuerpause könne sichergestellt werden, dass „zusätzliche, lebensrettende humanitäre Hilfe die Zivilisten im gesamten Gazastreifen erreicht“.
WHO-Chef warnt vor akuten Versorgungslücken in Nasser-Klinik
Der Chef der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus, hat davor gewarnt, die Nasser-Klinik in Chan Yunis im Gazastreifen stehe kurz vor dem Kollaps. Treibstoff, Nahrung und Vorräte gingen zur Neige. Wegen der schweren Kämpfe rund um die Stadt seien hunderte Patienten und Klinikmitarbeiter geflohen. Die Lieferung von Nachschub sei „schwierig“. Derzeit befinden sich ihm zufolge 350 Patienten und 5.000 Vertriebene in der Klinik.
Auch die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen warnte, die wesentliche medizinische Versorgung in dem Krankenhaus sei zusammengebrochen. Die Klinik sei die größte noch funktionierende Gesundheitseinrichtung im Gazastreifen.
Erneut Beschuss an Grenze zwischen Israel und Libanon
Sowohl die schiitische Hisbollah-Miliz als auch das israelische Militär haben erneute Gefechte an der israelisch-libanesischen Grenze gemeldet. Israel teilte mit, zwei Stellungen der vom Iran gestützten Gruppierung in Beit Lif und Deir Ammar im Süden des Libanons angegriffen zu haben, nachdem von dort Geschosse auf israelisches Gebiet abgefeuert worden seien.
Die Hisbollah gab an, vier ihrer Kämpfer seien bei den Gefechten getötet worden, zudem habe es drei Verletzte gegeben.
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Stellen der palästinensischen und der israelischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.