„liveblog“ Krieg in Nahost 28,.01.2024 ++ Israel macht Grenzübergang zu Sperrgebiet ++
28. Januar 2024Israel hat den Grenzübergang Kerem Schalom zum militärischen Sperrgebiet erklärt. Ein britisches Kriegsschiff fing im Roten Meer eine Drohne der Huthi-Miliz ab.
- UN-Sonderberichterstatterin kritisiert Zahlungsstopp an UNRWA
- Israel erklärt Grenzübergang Kerem Schalom zu Sperrgebiet
- Guterres kündigt nach Vorwürfen gegen UNRWA Konsequenzen an
- Deal zwischen Israel und Hamas rückt näher
- Tausende demonstrieren in Israel gegen Regierung
18:54 Uhr
Drei US-Soldaten in Jordanien getötet
Drei US-Soldaten sind bei einem Drohnenangriff in Jordanien in der Nähe der syrischen Grenze getötet und viele weitere verletzt worden.
London: Britisches Kriegsschiff fängt Drohne der Huthi-Miliz ab
Ein britisches Kriegsschiff hat laut dem Verteidigungsministerium in London im Roten Meer eine Drohne der jemenitischen Huthi-Miliz abgefangen. Die „HMS Diamond“ habe die Drohne mit ihrem Sea-Viper-Raketensystem im Roten Meer abgeschossen, ohne dass es zu Schäden oder Verletzungen gekommen sei, hieß es in einer Mitteilung des Ministeriums. „Diese unerträglichen und illegalen Angriffe sind völlig inakzeptabel und es ist unsere Pflicht, die Freiheit der Schifffahrt im Roten Meer zu schützen“, erklärte das Verteidigungsministerium.
Die Huthi äußerten sich nicht zu einem Angriff. Die vom Iran unterstützte Miliz greift seit November Handelsschiffe vor der jemenitischen Küste an, nach eigenen Angaben, um die militant-islamistische Hamas im Kampf gegen Israel zu unterstützen. Viele Angriffsziele haben jedoch keine eindeutigen Verbindungen zu Israel.
15:42 Uhr
Nach anhaltenden Protesten: Israel erklärt Gaza-Übergang zu Sperrgebiet
Nach anhaltenden Protesten von Geisel-Angehörigen gegen die Einfuhr von Hilfsgütern in den Gazastreifen hat Israel den Grenzübergang Kerem Schalom am Sonntag zum militärischen Sperrgebiet erklärt. Der Zutritt zum umliegenden Gebiet sei nur noch mit schriftlicher Erlaubnis möglich, teilte die Armee mit. Damit wollte das Militär Demonstranten daran hindern, weiterhin die Einfuhr von Lastwagen in den Küstenstreifen zu blockieren. Die Veranstalter der Proteste kündigten jedoch nach Medienberichten an, sie wollten ihre Aktionen fortsetzen. Sie sind gegen die Einfuhr von Hilfsgütern, solange Geiseln im Gazastreifen festgehalten werden. Israel hatte den Übergang Kerem Schalom Mitte Dezember geöffnet, um die Einfuhr von mehr Hilfsgütern in das umkämpfte Gebiet zu ermöglichen.
CIA-Chef offenbar mit Vertretern aus Katar und Ägypten zusammengetroffen
Im Bemühen um eine Feuerpause und die Freilassung von Geiseln aus der Gewalt der Hamas im Gazastreifen ist der Chef des US-Auslandsgeheimdienstes CIA, William Burns, in Paris mit Vertretern Israels, Katars und Ägyptens zusammengekommen, hieß es laut der Nachrichtenagentur AFP. Burns traf demnach Verhandlungskreisen zufolge am Sonntag in der französischen Hauptstadt mit seinen israelischen und ägyptischen Kollegen sowie dem katarischen Regierungschef Mohammed bin Abdelrahman al-Thani zusammen. Vertreter der vier Länder standen auch mit den französischen Behörden in Kontakt. Ziel des Treffens ist es demnach, eine Vereinbarung voranzubringen, die eine Waffenruhe im Krieg zwischen Israel und der islamistischen Hamas und die Freilassung der von ihr festgehaltenen Geiseln im Gazastreifen umfasst.
UN-Sonderberichterstatterin kritisiert Zahlungsstopp an UNRWA
Die UN-Sonderberichterstatterin für die Palästinensergebiete, Francesca Albanese, hat den Zahlungsstopp mehrerer Länder an das UN-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) als möglicherweise rechtswidrig kritisiert. Die Entscheidung der Länder, darunter die USA und Deutschland, werde „rechtliche Verantwortung nach sich ziehen“ und könne „das Ende des internationalen Rechtssystems“ bedeuten, erklärte Albanese im Onlinedienst X, vormals Twitter. Albanese kritisierte, die Länder bestraften mit ihrem Zahlungsstopp „kollektiv Millionen von Palästinensern zum kritischsten Zeitpunkt“ und verletzten damit „wahrscheinlich ihre Verpflichtungen gemäß der Völkermordkonvention“.
Hamas: 26.422 Menschen im Gazastreifen getötet
Nach Angaben der von der radikalislamischen Terrororganisation Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde im Gazastreifen sind dort in den vergangenen 24 Stunden 165 Palästinenser getötet worden. Damit erhöhe sich die Zahl der Getöteten seit Beginn der israelischen Offensive auf mindestens 26.422.
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Stellen der palästinensischen und der israelischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Erneut heftige Kämpfe im Süden des Gazastreifens
Die heftigen Kämpfe im Gazastreifen gehen weiter. Vor allem im Bereich von Chan Yunis im Süden des Küstengebiets gab es nach Angaben der israelischen Armee erneut „intensive Gefechte“. In einer Mitteilung hieß es unter anderem: „Die Truppen haben Terroristen ausgeschaltet und große Mengen an Waffen gefunden.“
Angesichts massiver israelischer Angriffe sind Tausende von Zivilisten aus dem Gebiet von Chan Yunis in Richtung Rafah an der Grenze zu Ägypten geflüchtet. Der israelische Militärsprecher veröffentlichte einen weiteren Aufruf in arabischer Sprache. Darin wurden Einwohner von vier Vierteln in Chan Yunis erneut zur Flucht in eine designierte Region am Mittelmeer aufgerufen. Außerdem nannte der Militärsprecher drei jeweils vierstündige Zeitfenster für heute, Montag und Dienstag. Taktische Kampfpausen in der Zeit sollten Menschen in Rafah ermöglichen, sich mit Proviant einzudecken. Hilfsorganisationen warnen immer wieder vor einer Hungersnot in dem blockierten Gebiet. Die israelische Armee teilte zudem mit, Truppen hätten im Norden des Gazastreifens „einen Terrortunnel entdeckt und zerstört, Terroristen ausgeschaltet und Waffen in dem Gebiet gefunden“.
Graue Flächen: Bebaute Flächen im Gazastreifen, Schraffur: Israelische Armee
Guterres kündigt nach Vorwürfen gegen UNRWA Konsequenzen an
Nach den schweren Vorwürfen gegen Beschäftigte des UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA hat UN-Generalsekretär António Guterres rasche Konsequenzen angekündigt. „Jeder UN-Mitarbeiter, der in Terrorakte verwickelt ist, wird zur Rechenschaft gezogen werden, auch durch strafrechtliche Verfolgung“, sagte er laut einer Mitteilung der Vereinten Nationen. Eine Untersuchung durch das UN-Büro für interne Aufsichtsdienste sei unverzüglich eingeleitet worden.
Christian Wagner, ARD Tel Aviv, zu möglichen Konsequenzen nach Vorwürfen gegen UNRWA und neuen Plänen für Geisel-Abkommen
Wegen der mutmaßlichen Beteiligung von zwölf ihrer mehreren Tausend Beschäftigten am Massaker der Hamas in Israel am 7. Oktober ist UNRWA unter massiven Druck geraten. Deutschland und acht weitere Länder kündigten an, ihre Zahlungen an die Hilfsorganisation im Gazastreifen vorerst einzustellen. Guterres sagte, von den zwölf Beschuldigten seien neun sofort identifiziert und entlassen worden. Ein Mitarbeiter sei für tot erklärt worden, die Identität der beiden anderen werde derzeit geklärt. Die Verdächtigen sollten auch strafrechtlich verfolgt werden, „die verabscheuungswürdigen angeblichen Handlungen dieser Mitarbeiter“ müssten Konsequenzen haben.
Guterres wies darauf hin, dass die derzeitige Finanzierung des UNRWA nicht ausreiche, um die zwei Millionen Zivilisten im Gazastreifen im Februar zu unterstützen. Er appellierte an die Staaten, die ihre Beiträge ausgesetzt haben, die Kontinuität der Arbeit des UNRWA zu gewährleisten. Die Zehntausenden Mitarbeiter sollten nicht bestraft werden. „Die dringenden Bedürfnisse der verzweifelten Bevölkerungsgruppen, denen sie dienen, müssen erfüllt werden.“ Guterres sagte, er sei selbst entsetzt über die Anschuldigungen.
Deal zwischen Israel und Hamas rückt näher
In den Verhandlungen über eine Freilassung weiterer israelischer Geiseln aus der Gewalt der islamistischen Terrororganisation Hamas rückt einem Bericht zufolge eine mögliche Übereinkunft näher. US-Verhandler hätten einen Entwurf auf Grundlage von Vorschlägen Israels und der Hamas ausgearbeitet, der heute in Paris besprochen werde, berichtete die „New York Times“ in der Nacht unter Berufung auf US-Regierungskreise. Der Deal könnte demnach vorsehen, dass die Hamas mehr als 100 Geiseln freilässt und Israel dafür sein militärisches Vorgehen im Gazastreifen für etwa zwei Monate einstellt. Verglichen mit der siebentägigen Feuerpause im November, während der Geiseln und in Israel inhaftierte Palästinenser ausgetauscht wurden, würden die Kampfhandlungen nun deutlich länger ruhen.
In einer ersten Phase sollten die Kämpfe für 30 Tage pausieren, hieß es in dem Bericht. In dieser Zeit solle die Hamas weibliche, ältere und verletzte Geiseln freilassen. Parallel dazu sollten beide Seiten über eine zweite Phase verhandeln, in der als Geiseln genommene israelische Männer und Soldaten für weitere 30 Tage Feuerpause freigelassen würden. Die Verhandler seien „vorsichtig optimistisch“, berichtete die Zeitung. Jedoch gibt es noch unklare Punkte, etwa wie viele inhaftierte Palästinenser Israel freilassen muss. Die Hoffnung der US-Regierungsbeamten sei aber, dass Israel die Kämpfe nach einer zweimonatigen Feuerpause nicht in der Art wie jetzt wieder aufnehmen werde.
Tausende demonstrieren in Israel gegen Regierung
In Tel Aviv demonstrierten am Samstag tausende Menschen, die den Rücktritt von Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu verlangten. Sie warfen ihm vor, seine Mitverantwortung an den Umständen, die zum Massaker der Hamas führten, zu leugnen.
Unterdessen schwor dieser seine Landsleute erneut auf einen Sieg über die Hamas ein. „Wenn wir die Hamas-Terroristen, diese neuen Nazis, nicht eliminieren, ist das nächste Massaker nur eine Frage der Zeit“, sagte er in Tel Aviv. Die Hauptlehre aus dem Holocaust sei, dass „es nur wir sind, die da sind, um uns zu verteidigen“.
Israels Außenminister fordert Rücktritt von UNRWA-Chef Lazzarini
Israels Außenminister hat nach den Vorwürfen, zwölf Mitarbeiter des UN-Palästinenserhilfswerk seien in das Hamas-Massaker vom 7. Oktober verwickelt gewesen, den Rücktritt des UNRWA-Chefs gefordert. „Herr Lazzarini, bitte treten sie zurück“, schrieb Israel Katz in der Nacht auf der Online-Plattform X . Zuvor hatte UNRWA-Leiter Philippe Lazzarini gewarnt, die Hilfe der Organisation in Gaza stehe nach dem vorläufigen Abbruch von Zahlungen mehrerer Staaten vor dem Aus.
Israels Regierungssprecher Eylon Levy warf dem UNRWA zudem vor, eine „Front der Hamas“ zu sein. „Es deckt die Hamas buchstäblich“, schrieb er auf X.