Friedrich Merz – Der Polarisierer

Friedrich Merz – Der Polarisierer

15. Januar 2021 Aus Von mvp-web

Für Friedrich Merz ist es der zweite Anlauf im Rennen um den CDU-Vorsitz. Seine Chancen sind nicht schlecht. Doch in seiner politischen Karriere stand er sich oft selbst im Weg.

Von Franka Welz, ARD-Hauptstadtstudio

In seinem ersten politischen Leben lief es zunächst wie geschmiert für Friedrich Merz. Mitten in der CDU-Spendenaffäre übernahm er den Unionsfraktionsvorsitz von Wolfgang Schäuble. Einen Neuanfang sollte das verkörpern. Nach nur zwei Jahren musste Merz diesen Posten allerdings nach der verlorenen Bundestagswahl räumen. Damals für eine gewisse Angela Merkel. Es war der Beginn einer über Jahre gepflegten Kränkung.

Rückzug in die Wirtschaft

2009 setzte er den Schlussstrich: „Ich möchte ganz einfach nach 20 Jahren hauptamtlicher politischer Tätigkeit wieder zurück in meinen Beruf“, sagte er. Genauer gesagt: die Nebensache wieder zur Hauptsache machen. Denn der gelernte Rechtsanwalt Merz war schon als Abgeordneter zahlreichen Nebentätigkeiten nachgegangen.

Auf den Rückzug aus der aktiven Politik folgte eine Reihe teils umstrittener Aufsichtsratsposten, unter anderem beim Axa-Konzern, der Flughafen Köln/Bonn GmbH oder bei der deutschen Sparte des weltgrößten Vermögensverwalters BlackRock. Für die einen war das gelebte Wirtschaftskompetenz, für die anderen eine eher verdächtige Nähe zum großen Geld.

Merz polarisiert

Merz aber bleibt sich treu. Er polarisiert gestern wie heute. Im Jahr 2000 geriet er auch unionsintern in die Kritik, weil er die Themen Ausländer und Einwanderung für wahlkampftauglich hielt und eine politische Nebelkerze zündete, die bis heute brennt. „Es geht im Wesentlichen darum, dass die hier in Deutschland lebenden Ausländer auch bereit sind, sich einer deutschen Leitkultur anzuschließen.“

Leitkultur: Auch 20 Jahre später haben zwar viele eine Meinung dazu, aber wofür der Begriff genau steht, weiß noch immer niemand. Nun wäre es unfair, jemanden auf Aussagen zu reduzieren, die er vor 20 Jahren getätigt hat.

Merz sagt über sich selbst, er sei mit den Jahren liberaler geworden, irritierte allerdings im Dezember erneut, als er mit Blick auf das Thema Armutsgefährdung in Deutschland meinte, man müsse auch mal sagen, dass „wenn wir die Zuwanderung in den Jahren 2015, 2016 in die Sozialsysteme nicht gehabt hätten, hätten wir heute eine Million Hartz 4-Empfänger weniger“.

Klare Kante

Was seine Anhänger – nicht nur im Hochsauerland – als klare Kante feiern, irritiert viele außerhalb wie innerhalb der CDU. Denn Merz bedient damit – vermutlich ungewollt – ein bei Rechtsextremen beliebtes Motiv.

Wer Merz deshalb eine geistige Nähe zur AfD unterstellt, tut ihm jedoch unrecht. Man kann ihm glauben, wenn er sagt, er verachte die AfD und beschwört, „wir brauchen auch den politischen Wettbewerb um die richtigen Ideen in der politischen Mitte und ich möchte nicht, dass wir sie nicht den Rändern überlassen“.

Riskante Politik

Dass Merz durch den wiederholten Schritt an den rechten Rand der politischen Mitte diese Mitte selbst polarisiert, ist allerdings mindestens riskant.

Mit 65 Jahren will der Mann, der einst im Europaparlament angefangen hat, es also noch einmal wissen. Ob Merz der Sprung an die CDU-Spitze gelingt, dürfte auch davon abhängen, wie viele in der Partei sein Verständnis der politischen Mitte teilen, denn Mitte ist kein fester Ort, sondern vor allem ein Zeitpunkt.

2018 zog Friedrich Merz im Wettbewerb um die Nachfolge Angela Merkels noch den Kürzeren gegen Annegret Kramp-Karrenbauer. Nun soll es im zweiten Anlauf klappen.