Angriffe in Thüringen „Es werden rote Linien überschritten“

Angriffe in Thüringen „Es werden rote Linien überschritten“

21. Februar 2024 Aus Von mvp-web

Stand: 21.02.2024 07:56 Uhr

Die Angriffe auf das Wohnhaus eines Politikers und Wahlkreisbüros in Thüringen stoßen in der Politik auf Entsetzen. Landesinnenminister Maier warnte vor „Verrohung“. SPD-Chefin Esken macht Hetze im Netz mitverantwortlich.

Politiker haben den mutmaßlichen Brandanschlag auf das Wohnhaus eines Lokalpolitikers in Thüringen und die Angriffe auf mehrere Wahlkreisbüros scharf verurteilt. SPD-Chefin Saskia Esken sagte dem Tagesspiegel: „Wer wissentlich Menschenleben gefährdet, um unliebsame Menschen zum Schweigen zu bringen, muss mit der Härte unseres Rechtsstaates verfolgt und bestraft werden.“ Sie sprach von einem „feigen Anschlag“ und machte auch die aufgeheizte Stimmung im Land und im Internet mitverantwortlich. „Wer im Netz oder auf der Straße Hass und Hetze verbreitet, der muss wissen: Aus Worten folgen Taten!“

Landesinnenminister Georg Maier warnte vor einer fortschreitenden „Verrohung“ in der Gesellschaft. „Es werden rote Linien überschritten – Gewalt wird gezielt als politisches Mittel eingesetzt“, sagte der SPD-Politiker der tageszeitung. Inzwischen finde die Entwicklung nicht mehr nur verdeckt, sondern „ganz offen“ statt. Der Staat werde dem nicht tatenlos zusehen. Es werde intensiv ermittelt, gefährdeten Menschen werde Schutz angeboten.

Bereits am Montag hatte Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) von einem „ungeheuerlichen Akt der brutalen Gewaltanwendung“ gesprochen. „Brandstiftung bedeutet, den Tod von Menschen herbeizuführen oder billigend in Kauf zu nehmen – diese Tat ist unfassbar“, erklärte er. Er erinnerte zugleich an vorherige Anschläge auf Büros von Linken und Grünen. Demokraten sollten mit „roher Gewalt“ aus den Städten „vertrieben“ werden. „Diese Verrohung wird immer heftiger.“

Der Eingangsbereich eines Hauses nach einem Brand.
20.02.2024

 

 

Polizei ermittelt

An einem Haus des SPD-Lokalpolitikers Michael Müller in Waltershausen im Landkreis Gotha war nach Angaben der Polizei am frühen Montagmorgen ein Feuer in einem Auto ausgebrochen. Zudem geriet parallel dazu die Fassade in Brand. Die Polizei ermittelt, äußerte sich bislang aber noch nicht zu etwaigen Hintergründen. Innenminister Maier sagte der „tageszeitung“, konkrete Hinweise auf ein politisches Motiv für die Brandstiftung gebe es bislang zwar nicht. „Allerdings liegt der Verdacht nahe.“

Der Lokalpolitiker sei zuletzt als Organisator einer Demokratiedemonstration in Erscheinung getreten. Zudem habe es parallel auch Angriffe auf SPD-Büros in Suhl gegeben, wo Scheiben eingeworfen worden seien.

Nach Polizeiangaben wurden in der rund 40 Kilometer von Waltershausen entfernten Stadt am Sonntagabend Fensterscheiben an zwei Partei- und Wahlkreisbüros von Unbekannten mit Steinen eingeworfen und zerstört. Bei den beiden Taten entstand demnach ein Sachschaden von rund 6000 Euro.

„Natürlich macht das Angst“

Der betroffene SPD-Politiker Müller selbst sagte der „tageszeitung“, auch er gehe von einer politisch motivierten Brandstiftung wegen der von ihm angemeldeten Demonstration gegen Rechtsextremismus aus. Er selbst sei zur Tatzeit nicht in dem Haus gewesen. Allerdings habe sich darin eine vierköpfige Familie aufgehalten. „Sie haben den Brand zum Glück schnell bemerkt. Es ist ein Holzhaus, ein paar Minuten später wäre das bestimmt ein Vollbrand gewesen.“ Nun seien die Fassade und das Auto der Gastfamilie beschädigt worden.

„Natürlich macht mir das Angst“, sagte Müller. Es sei absurd, dass er teils durch Afghanistan reise, nun aber Angst habe, in seinem eigenen Bett zu liegen.