Waffen für die Ukraine Scholz bleibt beim Nein zu “Taurus”
21. Februar 2024Die Ampelfraktionen haben einen Antrag zu Waffenlieferungen an die Ukraine vorgelegt. Trotz seines Nein zu “Taurus” will der Kanzler den Antrag unterstützen – obwohl darin von “weitreichenden Waffensystemen” die Rede ist.
Einen Tag vor der Abstimmung über zwei Ukraine-Anträge im Bundestag debattiert die Ampelkoalition weiter über eine Lieferung von “Taurus”-Marschflugkörpern. Bundeskanzler Olaf Scholz will dem Ampel-Antrag zustimmen. Dieser beinhaltet eine “Lieferung von zusätzlich erforderlichen weitreichenden Waffensystemen” – eine “Taurus”-Lieferung versteht der Kanzler darunter allerdings nicht.
“Was die Lieferung eines besonderen Waffensystems angeht, bleibt er bei seiner Position”, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit, ohne den Begriff “Taurus” auszusprechen. Scholz lehnt eine Lieferung der weitreichenden Marschflugkörper bisher ab.
Hebestreit betonte nochmal, dass es drei Kriterien für die Waffenlieferungen gebe: Deutschland und die NATO dürften nicht Kriegspartei werden, man stimme sich eng mit den internationalen Partnern – vor allem den USA – ab und die Regierung unterstütze die Ukraine mit dem Material, dessen Abgabe nötig und verantwortbar unter deutschen Sicherheitsinteressen sei.
Union will “Taurus” – Strack-Zimmermann auch
Anders als SPD, Grüne und FDP in ihrem Papier verlangen CDU und CSU in einem eigenen Antrag explizit auch die Lieferung von “Taurus”-Systemen. Sie fordern die Bundesregierung auf, “die Ukraine durch unverzügliche Lieferung von erbetenen und in Deutschland verfügbaren Waffensystemen (u.a. TAURUS) sowie Munitionssorten im Kampf gegen Russland zu unterstützen und dabei europäische Führung und Koordinierung zu übernehmen”.
Strack-Zimmermann will mit der Union stimmen
Die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die sich ebenfalls für eine “Taurus”-Lieferung ausspricht, will neben dem Ampel-Antrag auch die Beschlussvorlage der Union unterstützen – das wäre ein ungewöhnlicher Vorgang.
Hebestreit deutete zumindest Verärgerung beim Kanzler über das Vorgehen der FDP-Abgeordneten an. Die Fraktionsspitzen müssten entscheiden, ob es sich mit Blick auf die übliche Fraktionsdisziplin in einer Koalition hier um eine Gewissensfrage handele. “Meines Erachtens hat niemand entschieden, dass das eine Gewissensfrage in dem Sinne ist”, fügte er hinzu. Der Kanzler habe seine Meinung, die wolle er aber nicht nennen. Ansonsten müssten jede Abgeordnete und jeder Abgeordnete die Verantwortung für ihr Handeln übernehmen.
Kritik an Strack-Zimmermann äußerte die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic. Sie könne das Verhalten wenig nachvollziehen, sagte sie. Was die FDP-Politikerin, die Spitzenkandidatin ihrer Partei für die Europawahl im Juni ist, mit dieser Ankündigung “jetzt konkret für sich selbst damit verbindet, darüber kann ich nur spekulieren”, sagte Mihalic. Sie fügte hinzu: “Ich würde ihr da zu einem anderen Abstimmungsverhalten raten.”
Der Antrag lässt Spielraum
Der Grünen-Europapolitiker Anton Hofreiter sagte dem “Spiegel”, es sei vollkommen klar, dass die Formulierung aus dem Koalitionsantrag auf die “Taurus”-Marschflugkörper abziele. “Ich erwarte vom Kanzler, dass er umsetzt, was ihm die Ampelfraktionen auftragen. Die Konsequenz dieses Antrags kann nur sein, dass er den ‘Taurus’ freigibt.”
Der SPD-Außenpolitiker Nils Schmid sagte dagegen im “Tagesspiegel”: “Der Bundestag fordert die Regierung nicht ultimativ auf, jetzt sofort Marschflugkörper zu liefern, schließt aber für die Zukunft nichts aus, wenn die Regierung zu einer anderen Abwägung als im Augenblick gelangen sollte.” Scholz lehne zwar bisher eine “Taurus”-Lieferung ab, habe diese aber nicht für alle Zeit ausgeschlossen. “Diese Position findet sich jetzt auch im eng mit dem Kanzleramt abgesprochenen Antrag wieder.”
Der raketenförmige Taurus KEPD-350 hat nach Herstellerangaben eine Reichweite bis 500 Kilometer, Piloten müssen also für das Abfeuern nicht in den feindlichen Luftraum eindringen. Die rund fünf Meter langen und fast 1400 Kilogramm schweren Flugkörper sind mit einem eigenen Triebwerk und vier voneinander unabhängigen Navigationssystemen ausgestattet. Im autonomen Tiefflug sollen sie in einer Höhe von weniger als 50 Metern nur schwer von der gegnerischen Flugabwehr getroffen werden können.