Was Laschets Wahl zum CDU-Chef bedeutet
16. Januar 202116:56:04
Bergmannssohn Laschet hält die Rede seines Lebens und steht nun vor großen Baustellen. Friedrich Merz vergeigt zum zweiten Mal seine Rede und möchte Minister werden. Spahn schießt ein Eigentor. Die Erkenntnisse vom CDU-Parteitag.
Eine Analyse von Wenke Börnsen, tagesschau.de
Reden machen Sieger
Mit einem schlichten „Sie kennen mich“ hat schon Angela Merkel Wahlen gewonnen. Armin Laschet setzte auf die gleiche Botschaft, als er in die Kameras sagte: „Ich bin Armin Laschet. Darauf können Sie sich verlassen.“ In beiden Fällen geht es um Verlässlichkeit, Vertrauen. Merkel gewann damit die Bundestagswahl 2013, Laschet erstmal nur die Wahl zum CDU-Chef.
Laschet hielt die perfekte Rede. Keine klassische Parteitagsrede, aber dies war ja auch kein normaler Parteitag. Leere Halle, eine sterile Fernsehstudio-Atmosphäre, der Blick in die Kameras zu den Delegierten in ihren Wohnzimmern oder wo auch immer. Laschet erzählte eine Geschichte, seine ganz persönliche Geschichte. Von seinem Vater, dem Bergmann, von der Bedeutung von Verlässlichkeit unter Tage, und eben Vertrauen, das sich die Politik bei den Menschen erarbeiten müsse. Der NRW-Ministerpräsident positionierte sich geschickt als Kandidat der Mitte, als integrative Kraft und wandte sich gegen „jede Form von Polarisierung“. „Wir müssen Klartext sprechen, aber nicht polarisieren.“
Die zweite Spitze gegen Mitkonkurrent Friedrich Merz schickte Laschet gleich hinterher, als er davon sprach, dass die CDU keinen CEO, keinen Vorstandsvorsitzenden brauche, sondern einen Mannschaftskapitän. Von Merkel setzte sich Laschet nicht ab, sondern machte aus dem Vorwurf, er sei der „Weiter so“-Kandidat der Kanzlerin, einen Vorteil. Ein „Weiter so“ dürfe es nur bei der „Kontinuität des Erfolges“ geben. Die Partei müsse sich wandeln.
Der Merz Moment
Was bei Laschet das Wort Vertrauen war, war bei Merz der Begriff Führung. Sein Anspruch sei „Führung dieser Partei, aber auch Führung unseres Landes“. Er hielt die klassische Parteitagsrede, aber wie schon 2018 in Hamburg, als er knapp Annegret Kramp-Karrenbauer unterlag, war es wieder keine gute mitreißende Rede. Kaum eine Botschaft von ihm blieb hängen. Merz habe den Nerv der Delegierten nicht getroffen, meint der Berliner Politikwissenschaftler Thorsten Faas.
Es ging um Mut und Zuversicht, mehr Klimaschutz, gegen Rechtspopulismus. Es war eine Rede an seine Basis, aber nicht darüber hinaus. Und seine Worte am Schluss der Rede „Ich werde mich persönlich fordern – Sie aber auch“ klangen ein bisschen wie eine Drohung.
Eher peinlich wurde es, als Merz das Thema Frauen ansprach. Wenn es so wäre, dass er ein veraltetes Frauenbild habe, dann „hätten mir meine Töchter schon längst die gelbe Karte gezeigt und meine Frau mich vor 40 Jahren nicht geheiratet“, sagte Merz. Von einer ziemlich „unbedarften Begründung“ spricht Politikwissenschaftlerin Ursula Münch von der Akademie für Politische Bildung in Tutzing. Dieser „Ausflug ins Private bei Merz war schrecklich peinlich“.