*faq* Bahn, Flughäfen, ÖPNV Wer, wo, wann, wie lange – Streiks im Überblick
11. März 2024Wer dieser Tage unterwegs sein muss, begibt sich unfreiwillig auf einen Abenteuertrip. Ob Bahn, Flugzeug oder ÖPNV – überall streikt gerade garantiert jemand. Auch diese Woche. Ein Überblick.
Die Ausgangslage
Lokführer, Flughafen-Sicherheitspersonal, Flugbegleiter, Busfahrer – gefühlt streikt gerade ständig irgendjemand im Verkehrssektor. Deutschland Streikland. Ganz so dramatisch ist es natürlich nicht, aber aufgrund der vielen Arbeitskämpfe in verschiedenen Bereichen kann leicht der Überblick verlorengehen. Vor allem Menschen, die einfach nur von A nach B kommen wollen, haben es in diesen Wochen schwer. Wer, wann, wo, wie lange und warum – ein kleiner Leitfaden bzw. Leidfaden:
Stillstand bei der Bahn
Die Lokführergewerkschaft GDL hat zum inzwischen sechsten Streik in der laufenden Tarifauseinandersetzung aufgerufen. Im Güterverkehr begann er um 18 Uhr und soll 24 Stunden dauern. Es kommt zu „erheblichen Einschränkungen“, teilte ein Bahn-Sprecher mit. „Die Cargobetriebe werden seither flächendeckend bestreikt.“
Im Personenverkehr soll es am Dienstagfrüh um 2 Uhr losgehen und ebenfalls 24 Stunden dauern. Für Reisende dürfte daher am Dienstag wenig nach Plan laufen. Zumal die GDL diesen jüngsten Streik erst kurzfristig angekündigt hatte und der Bahn daher wenig Zeit bleibt für einen Notfahrplan. Es soll aber ein Grundangebot geben, das auch bereits auf der Website des Konzerns abrufbar ist. Auch die Bahn hat inzwischen eine gewisse Streik-Routine. Bei den vorigen GDL-Streiks bot die Bahn rund 20 Prozent des sonst üblichen Fernverkehrs an. Im Regionalverkehr waren die Auswirkungen unterschiedlich. Es gelten die Streik-üblichen Kulanzregeln der Bahn.
Wie lange dauert das noch?
Unklar. Verhandelt wird derzeit nicht. Zwar lud die Bahn die Gewerkschaft um Claus Weselsky zu neuen Gesprächen ein, aber die lehnte ab. Die GDL fordert erst ein verbessertes Angebot der Bahn, bevor sie wieder zurück an den Verhandlungstisch kommt. Das wiederum lehnte die Bahn ab und verwies auf das Kompromisspapier der Moderatoren, das den Forderungen der GDL vor allem beim Knackpunkt Wochenarbeitszeit sehr nahe kommt. Eine formelle Schlichtung könnte den Knoten lösen, doch das wiederum lehnt die GDL ab.
Die GDL hatte zuletzt „Wellenstreiks“ angedroht, also Arbeitsniederlegungen ohne große Ankündigung und variierend in der Dauer. Das würde den Tarifkonflikt weiter eskalieren. Die Bahn hält das für „unverhältnismäßig“ und zieht vor Gericht. Ausgang offen.
Ausstand bei der Lufthansa
Die Kabinengewerkschaft UFO ruft ebenfalls zum Streik auf – und zwar die etwa 19.000 Flugbegleiter der Lufthansa und der Lufthansa Cityline. Es geht um die Tage Dienstag und Mittwoch. Bestreikt werden jeweils von 4.00 bis 23.00 Uhr am Dienstag alle Abflüge von Frankfurt am Main und am Mittwoch alle Abflüge von München, wie UFO mitteilte. Nach Angaben der Lufthansa werden von dem Streik voraussichtlich rund 120.000 Passagiere betroffen sein. Rund 1.000 Flüge fallen demnach aus.
Zusätzlich verkompliziert wird der Tarifkonflikt bei der Lufthansa durch die Konkurrenz von UFO und ver.di. Die 1992 gegründete Unabhängige Flugbegleiter-Organisation (UFO) vertritt als Spartengewerkschaft ausschließlich Flugbegleiter und Flugbegleiterinnen vorrangig bei Condor und im Lufthansa-Konzern. In einzelnen Flugbetrieben konkurriert sie mit der DGB-Gewerkschaft ver.di, die ebenfalls das fliegende Personal organisieren will.
Die Lufthansa befindet sich in mehreren Bereichen in Tarifkonflikten. Am vergangenen Wochenende hatten die Beschäftigten der Frachttochter Lufthansa Cargo ihre Arbeit niedergelegt. Davor waren Lufthansa Technik, Lufthansa Aviation Training und Lufthansa Technical Training bestreikt worden. Das hatte für Reisende kaum Folgen, für den Konzern hingegen schon.
Streiks an Flughäfen
Zu neuen Streiks an Flughäfen hat ver.di für diese Woche bislang nicht aufgerufen. Zuletzt waren in Frankfurt und Hamburg und in Düsseldorf sogar ohne Ankündigung das Sicherheitspersonal in den Ausstand getreten. Auch Personal- und Frachtkontrolleure am Flughafen Köln-Bonn streikten.
Hinzu kam der von ver.di angekündigte Warnstreik des Lufthansa-Bodenpersonals. Dieser führte vor allem in Frankfurt und München zu erheblichen Einschränkungen im Luftverkehr. Da in Frankfurt und Hamburg auch die Luftsicherheitskräfte streikten, konnte hier niemand einchecken.
Wie lange dauert das noch?
Schwer zu sagen, weil die Lage so unübersichtlich ist. Für das Bodenpersonal der Lufthansa wollen Konzern und ver.di am 13. und 14. März weiter verhandeln. Bei der Kabinengewerkschaft UFO wird nach der Urabstimmung jetzt erstmal gestreikt, die Lufthansa forderte zu Verhandlungen auf.
Streiks im Öffentlichen Nahverkehr
Zuletzt hatten in fast allen Bundesländern Warnstreiks im ÖPNV für erhebliche Verkehrsbehinderungen gesorgt. Ver.di verhandelt derzeit in 14 Bundesländern mit den Verkehrsunternehmen über neue Tarifverträge. Im Saarland gibt es inzwischen einen Abschluss. Auch in anderen Bundesländern dürfte es in den nächsten Wochen Abschlüsse geben. Die Fronten gelten nicht überall als verhärtet.
Und was wird aus den Osterferien?
Ob über Ostern das Reisen mit Zug oder Flugzeug wieder ohne Streik-Chaos möglich ist, steht in den Sternen. Wer keine Lust auf Abenteuerurlaub hat, sollte besser zu Hause bleiben. Das gilt insbesondere für Bahnreisen. GDL-Chef Weselsky hatte Streiks über Ostern nicht ausgeschlossen.