*eilmeldung* Staatsmedien zur Präsidentenwahl Putin soll laut Prognosen mit 87 Prozent gewonnen haben

*eilmeldung* Staatsmedien zur Präsidentenwahl Putin soll laut Prognosen mit 87 Prozent gewonnen haben

17. März 2024 Aus Von mvp-web

Stand: 17.03.2024 19:36 Uhr

Russlands Präsident Putin ist laut Staatsmedien wiedergewählt worden. Prognosen zufolge soll er gut 87 Prozent der Stimmen erhalten haben. Gegen die dreitägige Abstimmung gibt es Manipulationsvorwürfe, es waren keine echten Oppositionskandidaten zugelassen.

In Russland steht Präsident Wladimir Putin vor einer weiteren Amtszeit. Nach Schließung der Wahllokale prognostizierten russische Staatsmedien dem Kremlchef ein Rekordergebnis von mindestens 87 Prozent der Stimmen. Das russische Staatsfernsehen erklärte den 71-Jährigen auf Grundlage von Wählernachbefragungen mehrerer kremlnaher Institute zum Sieger.

Bei der von Manipulationsvorwürfen und zahlreichen Protestaktionen begleiteten Abstimmung waren keine echten Oppositionskandidaten zugelassen. Noch am Abend werden erste Ergebnisse erwartet. Die ersten aussagekräftigen Resultate soll es am Montag geben. In der Regel stimmen aber die Prognosen mit dem am Ende verkündeten Ergebnis überein.

Autoritärerer Kurs Putins erwartet

Es wäre ein Rekord für Putin, der 2018 auf 76,7 Prozent der Stimmen kam. Er dürfte ein solches Ergebnis als Bestätigung seines antiwestlichen und autoritären Kurses präsentieren. Beobachter erwarten, dass er mit diesem Rückhalt, der Kritikern zufolge teils auf Repressionen und Zwang zurückzuführen ist, für die nächsten sechs Amtsjahre nicht nur außenpolitisch in seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine noch einmal deutlich nachlegt. Viele Russen befürchten zudem eine neue Mobilmachung Hunderttausender Reservisten.

Auch innenpolitisch könnten die Daumenschrauben im Land noch einmal deutlich stärker angezogen werden, um den an den drei Wahltagen sichtbaren Protest von Putins Gegnern zu ersticken. Angekündigt sind zudem Steuererhöhungen, mit denen die hohen Ausgaben für den Krieg und die sozialpolitischen Vorhaben finanziert werden sollen.

Menschen warten vor einem Wahlbüro in der russischen Hauptstadt Moskau.

17.03.2024

Wahlbeteiligung soll bei mehr als 70 Prozent liegen

Die Wahlbeteiligung gab die Wahlkommission mit mehr als 70 Prozent an, dem höchsten Wert jemals bei einer russischen Präsidentenwahl. Das soll dem Ergebnis zusätzlich Legitimität verschaffen. Die Zahl der Wahlberechtigten wurde mit 114 Millionen Menschen angegeben.

Unabhängige Beobachter wiesen auf systematischen Betrug hin, der hinter diesem hohen Wert für Putin stecke. So wurden seit dem ersten Wahltag am Freitag massenhaft Fälle dokumentiert, in denen etwa Angestellte staatlicher Firmen zur Stimmabgabe gedrängt wurden und teils sogar Beweisfotos von ihrem ausgefüllten Wahlschein machen mussten. Kritiker beklagten zudem, dass insbesondere das Online-Verfahren leicht manipulierbar sei. Beobachter dokumentierten auch das massenhafte Stopfen von vorab ausgefüllten Stimmzetteln in die Urnen.

Protestaktionen von Putin-Gegnern

Die Abstimmung war begleitet von verschiedenen Protestaktionen, trotz Einschüchterungsversuchen der Behörden. Heute zum Beispiel versammelten sich in vielen Städten des Landes mit den elf Zeitzonen Menschen gegen 12 Uhr Ortszeit vor ihren jeweiligen Wahllokalen zur Aktion „Mittag gegen Putin“, zu der die Opposition um den vor einem Monat im Straflager gestorbenen Alexej Nawalny aufgerufen hatte.

Putin regiert in Russland seit 1999, darunter war eine Amtszeit als Ministerpräsident. Nach einer im Jahr 2020 bestätigten Verfassungsänderung könnte Putin 2030 erneut für weitere sechs Jahre antreten.

Wahlen in Russland

Der in Russland zwischen 15. und 17. März umgesetzte Prozess einer Präsidentenwahl, bei der Wladimir Putin eine fünfte Amtszeit erreichen will, entspricht nicht demokratischen Maßstäben. Die neben Putin zugelassenen drei Kandidaten Nikolai Charitonow (Kommunistische Partei), Leonid Sluzki (rechtpopulistische LDPR) und Wladislaw Dawankow (Vize-Vorsitzender der Duma, Kandidat der wirtschaftsliberalen „Neue Leute“) zählen zur Systemopposition, echte Gegner des Kremls und des Angriffskriegs auf die Ukraine wurden nicht als Kandidaten zugelassen.
Abgestimmt werden soll auch in den besetzten Gebieten der Ukraine – unter fragwürdigen Umständen.
Einen eigentlichen Wahlkampf hatte es im Vorfeld kaum gegeben, wohl aber Berichte unabhängiger Journalisten über Druck auf Beamte und Beschäftigte staatlicher Betriebe, sich zur Abstimmung registrieren zu lassen und mindestens zehn Personen mitzubringen.
Für unabhängige Wahlbeobachter gibt es hohe Hürden, etwa wurde die Organisation „Golos“ mehrfach als „Ausländischer Agent“ gebrandmarkt und aufgelöst. Aus dem Ausland angekündigt sind vor allem Vertreter aus Staaten, die starke Sympathien für die russische Führung hegen wie Serbien beziehungsweise selbst autokratisch bis diktatorisch regiert werden (Venezuela, Myanmar, Kamerun). Aus Deutschland wollen drei Abgeordnete der AfD als „Experten für Demokratie“ einreisen.
Bei früheren Wahlen hatte es in Russland stets Meldungen und Beweisvideos von Manipulationen an den Wahlurnen, Mehrfachabstimmungen oder Anreizen wie üppigen Buffets der Regierungspartei „Einiges Russland“ in Wahllokalen gegeben. Proteste werden von Sicherheitskräften in kürzester Zeit unterbunden und ziehen meist eine Strafverfolgung nach sich.
Experten sprechen daher von einer Scheinwahl, bei der das gewünschte Ergebnis – ein Sieg Putins und eine weitere Amtszeit als Präsident – bereits feststeht und durch einen Kraftakt des Staatsapparats lediglich beschafft werden soll.

Jasper Steinlein, tagesschau.de