Vor Bund-Länder-TreffenHarter Shutdown soll 3 Wochen dauern – was das bedeutet
18. Januar 202117:18:00
Die Corona-Tragödie in Irland soll Deutschland eine Warnung sein. Und das heißt: Der Shutdown geht in die nächste Stufe. Schon am Dienstag will Angela Merkel mit den Regierungschefs der Länder neue Verschärfungen vereinbaren. Was kommt? Immer wieder sickern neue Informationen durch. Der Wasserstand.
Ein Bild sagt mehr als 1000 Minister-Worte: Wer sich nicht lange mit der verheerenden Wirkung der neuen Virus-Mutation befassen will, kann sich einfach die Entwicklung in Irland ansehen. Im Kanzleramt haben sie das getan. Angela Merkel (CDU) und ihre Leute kennen diese Kurve, die geradezu senkrecht nach oben geht. Sie wollen eine solch desaströse Entwicklung in Deutschland unbedingt verhindern.
Wie FOCUS Online am Montag aus Regierungskreisen erfuhr, soll der derzeit geltende Lockdown um drei Wochen verlängert werden. Dies ist der momentane Stand der Diskussionen zwischen dem Kanzleramt und den Ländern vor der am Dienstag stattfindenden Konferenz zwischen Kanzlerin Merkel und den Länderchefs.
Zudem ist vorgesehen, dass künftig im öffentlichen Nahverkehr und im Einzelhandel die Pflicht besteht, entweder eine FFP2- oder eine OP-Maske zu tragen. Weiterhin sollen Betriebe explizit aufgefordert werden, Home-Office zu ermöglichen. Ein wichtiges Ziel: Den öffentlichen Nahverkehr zu entlasten. Diskutiert wird auch eine bundesweite nächtliche Ausgangssperre.
Zurück zu „Level 5“
Irland soll eine Warnung sein. Das heißt: Deutschland macht weiter dicht. Denn: Irland hatte Corona eigentlich im Griff, so schien es. Doch um die Monatswende November/Dezember wurde hoffnungsfroh eine Lockerung eingeleitet. Dann aber kam die dritte Welle, die das Land erfasste. Die Infektionszahlen explodierten geradezu.
Um die Lage wieder unter Kontrolle zu kriegen, rief die Regierung in Dublin am 30. Dezember um Mitternacht „Level 5“ aus: Läden dicht, Schulen dicht – und auf den Baustellen wurden die Arbeiten eingestellt. Alle Beschäftigten, bei denen es irgendwie geht, arbeiten daheim. Und Zuhause dürfen keine Gäste empfangen werden. Auch keine Verwandten. Seither gehen die Zahlen wieder etwas zurück.
„Deutschland soll kein zweites Irland werden“
In Deutschland wird am Dienstag das nächste digitale Corona-Spitzentreffen von Bund und Ländern stattfinden. Die Zeit drängt. Denn die neue Mutation, die vereinzelt auch in Deutschland nachgewiesen wurde, könnte sich als pandemischer Brandbeschleuniger erweisen. Wie ein Blick nach Irland und England zeigt. „Deutschland soll kein zweites Irland werden“, lautet der feste Vorsatz in Berliner Regierungskreisen.
Bereits am Montag wird sich Merkel mit den Regierungschefs und -chefinnen der Länder sowie einer Reihe von Expertinnen und Experten digital treffen. Mit von der Partie werden nach Informationen von FOCUS Online nicht nur der Chef des Robert-Koch-Instituts, Lother Wieler, der Charité-Virologe Christian Drosten und Michael Meyer-Hermann vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig sein. Auch Rolf Apweiler, der deutsche Direktor des European Bioinformatics Institute (EBI) in Hinxton bei Cambridge wird zugeschaltet sein – wegen Irland.
Homeoffice als wichtiger Hebel
Die Kanzlerin, ihr Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) und Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) haben schon lange die Büros und andere Arbeitsplätze als Virus-Tummelplatz ausgemacht. Arbeitergeber wurden zuletzt geradezu angebettelt, wo es auch nur irgendwie geht, Homeoffice-Möglichkeiten zu schaffen.
Auch am Dienstag wollen Merkel und ihre Kolleginnen und Kollegen der Länder mit Nachdruck an Arbeitgeber und Arbeitnehmer appellieren – wieder einmal. Die Bundesregierung wolle ihrerseits noch einmal offen prüfen, was die Politik tun kam, um Arbeiten zu Hause zu pushen, hieß es am Montag in Regierungskreisen. Bayern hat bereits angekündigt, über steuerliche Anreize Homeoffice zu fördern.
Unter Regierungsleuten gilt es als durchaus realistisch, dass eine Pflicht eingeführt wird, sollten alle Appelle nicht helfen. Angepeilte Zielmarke: Die Hälfte der Beschäftigten sollte es mindestens sein, die zu Hause bleibt. Debattiert wird etwa eine Art Home-Office-Pflicht light. Demnach sollen Unternehmen gegebenfalls verpflichtet werden, Home Office anbieten zu müssen.
Eine entsprechende Anordnung soll rechtlich möglich sein, habe eine Prüfung des Bundesarbeitsministeriums ergeben, heißt es aus Regierungskreisen. Offen ist aber, wie diese überprüft wird und was passiert, wenn Angebote nicht genutzt werden. Eine unmittelbare Pflicht für Arbeitnehmer sei dagegen rechtlich nicht umsetzbar.
Beteuerungen zu Schule und Kita als Sackgasse
In Berlin setzt sich bei immer mehr Verantwortlichen die Erkenntnis durch: Die Beteuerungen, dass Kita und Schule „wenn es irgendwie geht“ offen bleiben sollten, hat kommunikativ in die Sackgasse geführt. Es gab seit dem Sommer zwar diesen Willen, auch in den Ländern. Doch haben politische Wünsche und epidemiologische Wirklichkeit gerade wenig miteinander zu tun.
Und so umschleichen Regierungsvertreter aus Bund und Ländern seit Wochen die harte Botschaft, dass eine Rückkehr zu mehr Präsenz fürs erste eine Illusion ist. Nur: Wie sag ich’s meinem Kinde? Oder eben: „meinen“ Eltern?