Wo nachjustiert werden soll
18. Januar 202117:54:47
Der Lockdown wird Deutschland auch in den Februar begleiten – doch wo wird nachjustiert? In der Debatte vor dem morgigen Bund-Länder-Treffen sind nächtliche Ausgangssperren, eine FFP2-Maskenpflicht sowie mehr Homeoffice.
Beim Bund-Länder-Treffen zu den Corona-Maßnahmen morgen wird es nicht um Lockerungen, sondern um weitere Beschränkungen gehen – daran lassen die Beteiligten im Vorfeld keinen Zweifel. Mehrere Maßnahmen sind im Gespräch – etwa eine bundeseinheitliche nächtliche Ausgangssperre oder eine Pflicht zum Tragen von FFP2-Masken in bestimmten Bereichen des öffentlichen Lebens. Zudem soll darüber diskutiert werden, inwieweit das Arbeiten im Homeoffice ausgeweitet werden kann.
Gesundheitsminister Jens Spahn bestätigte, dass Ausgangssperren „offenkundig Teil der Debatte“ seien. Nächtliche Ausgangssperren gelten bereits in mehreren Bundesländern. Die Frage ist nun, ob es auch einer bundesweiten Regelung bedarf. Die Ausgangssperren verfolgen das Ziel, die privaten Kontakte – und damit die Ansteckungsmöglichkeiten – weiter zu reduzieren.
Debatte über bundesweite Ausgangssperre
Gegen eine einheitliche Ausgangssperre gibt es allerdings Widerstand in den Ländern: Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil wies gegenüber der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ darauf hin, dass die Infektionszahlen in seinem Land vergleichsweise niedrig seien: „Deshalb halte ich aktuell landesweite nächtliche Ausgangssperren nicht für gerechtfertigt“, sagte der SPD-Politiker.
Auch Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller lehnt weitere Einschränkungen im privaten Bereich ab. Konkret zu Ausgangssperren sagte Müller, er sei momentan dagegen, „es verbindlich für alle zu regeln, auch für die, die niedrige Infektionszahlen haben“.
Saarlands Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) sagte hingegen, es solle offen über eine „bundesweite und bundeseinheitliche Verschärfung“ der bisherigen Maßnahmen diskutiert werden. Gerade im öffentlichen Bereich könne noch mehr getan werden, sagte er der Nachrichtenagentur dpa. Dazu gehörten neben Ausgangsbeschränkungen das Tragen von FFP2-Masken und mehr Homeoffice-Möglichkeiten.
Altmaier will Unternehmenshilfen aufstocken
Für eine Weiterführung des derzeitigen Lockdowns sprachen sich Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier und Bundesfinanzminister Olaf Scholz aus. Bund und Länder müssten die Weichen so stellen, „dass wir in den nächsten Wochen die Infektionswelle endgültig brechen und ein erneutes Hochschießen der Dynamik bis Ostern verhindern“, sagte Altmaier der „Rheinischen Post“.
Zudem kündigte der Wirtschaftsminister an, die Corona-Hilfen für Unternehmen aufstocken zu wollen. Die maximale monatliche Fördersumme pro Unternehmen solle „auf bis zu 1,5 Millionen Euro“ steigen, sagte Altmaier der Zeitung. Zugleich solle der Zugang zu dem Geld vereinfacht werden. So solle es künftig nur noch ein einziges Kriterium geben, damit ein Unternehmen für einen bestimmten Monat Hilfe beantragen kann, „und zwar ein Umsatzminus von mindestens 30 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat.“
Heil: Mehr Homeoffice, mehr Schutz am Arbeitsplatz
Zum Thema Homeoffice-Pflicht hat Arbeitsminister Hubertus Heil bereits eine Regelung ausgearbeitet, um den Druck auf die Arbeitgeber zu erhöhen. Über seine Vorschläge werde in der morgigen Runde beraten, teilt Heil mit. Rechtsgrundlage dafür sei das Arbeitsschutzkontrollgesetz. Zum einen wolle er den Aufruf für mehr Homeoffice „mit mehr Verbindlichkeit versehen“. Die Verlagerung der Arbeit nach Hause müsse dort angeboten werden, „wo immer es geht und betrieblich auch darstellbar ist“.
Zum anderen würden die Regeln für den Schutz am Arbeitsplatz verschärft. Dabei gehe es um Hygiene, Abstände oder auch Testungen.
Esken: Mehr Homeoffice ist möglich
Nach Angaben von SPD-Chefin Esken arbeiten derzeit 15 Prozent der Beschäftigten im Homeoffice. „Wir hatten in der ersten Welle 27 Prozent. Man sieht also, dass deutlich mehr möglich ist“, sagte sie. Wo dies nicht möglich sei, müsse man mindestens wöchentlich testen und Masken auch am Arbeitsplatz tragen.
Auch Bremens Regierungschef Andreas Bovenschulte setzt auf mehr Homeoffice. Im ARD-Morgenmagazin sagte er: „Wir sollten eine Regelung bekommen, dass überall da, wo es möglich ist, Homeoffice angeboten werden muss.“ Auch der Idee, FFP2-Masken im öffentlichen Raum stärker einzusetzen, könne er viel abgewinnen.
Spahn: Jetzt nicht nachlassen
Mindestens noch zwei Wochen, wohl aber noch länger wird der Lockdown andauern, so klingt es bei Spahn durch. Zwar zeigte er sich angesichts der leicht sinkenden Infektionszahlen erfreut und sprach von „ersten Erfolgen“. Er machte aber zugleich deutlich, dass es verkehrt sei, jetzt nachlässig zu werden: „Es ist besser, wenn wir jetzt zusammen noch die nächsten zwei, drei, vielleicht vier Wochen die Zahlen deutlich runterbringen, Kontakte reduzieren.“
Schon vor einigen Wochen sei man „auf dem Weg runter“ gewesen, erinnerte Spahn – „und dann baute sich die nächste Welle schon wieder auf.“
Sorge vor Virus-Mutationen
Zudem bereiten die zahlreichen Virus-Mutationen der Bundesregierung Sorgen. Varianten, die zunächst in Südafrika und Großbritannien aufgetaucht waren, wurden mittlerweile auch hierzulande in mehreren Bundesländern nachgewiesen. Zumindest die Variante B.1.1.7. verbreitet sich schneller als das Ursprungsvirus. Die Bundesregierung verpflichtet deshalb jetzt Labore, gezielt nach hochansteckenden Mutationen des Coronavirus zu suchen.
Das RKI registrierte nach einigen Nachmeldungen rund 8800 neue Fälle, deutlich weniger als vor einer Woche. Bundesweit liegt die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen nun bei 134,4. Der Höchststand lag am 22. Dezember bei 197,6. Die Sieben-Tage-Inzidenz geht damit zwar erneut zurück, ist aber immer noch weit von dem Zielwert von 50 entfernt, den Bund und Länder ausgegeben haben, um das Virus unter Kontrolle zu bringen und das Gesundheitssystem zu entlasten.