Corona-Debatte im Bundestag „Zu spät, zu wenig, zu langsam“
27. Januar 2021Stand: 27.01.2021 18:55 Uhr
Mit deutlichen Worten hat die Opposition im Bundestag die Corona-Politik der Regierung kritisiert. Das Impfen komme nicht voran und es fehle eine Perspektive.
Von Lothar Lenz, ARD-Hauptstadtstudio
Michael Theurer ist ein Liberaler. Wann immer die Bundesregierung im Zuge der Pandemie-Bekämpfung Freiheitsrechte einschränken will, hebt er mahnend den Zeigefinger. „Reiseverbote zu fordern, den Flugverkehr einzustellen – das ist doch ein Doktern an Symptomen“, ruft er ins Plenum des Bundestages. „Wir haben doch gehört, dass Einreisende aus Risikogebieten getestet werden müssen. Warum funktioniert denn das nicht?“
Die Antwort auf seine Frage liefert Theurer gleich mit: Weil die Kontrollen im Alltag viel zu schleppend umgesetzt würden – und zwar so schleppend, wie jetzt auch die Impfkampagne begonnen habe. Das Fazit des FDP-Abgeordneten lautet: „Zu spät, zu wenig, zu langsam.“
„Was sind das denn bitte schön für Zustände?“
Auch Jan Korte von der Linkspartei äußert Kritik an der Corona-Impfkampagne. Seine Großmutter sei 94 Jahre alt und habe noch immer keinen Impftermin erhalten. Korte fordert, die mit staatlicher Unterstützung entwickelten Impfstoffe freizugeben, damit auch andere Hersteller sie produzieren können. Dass es Engpässe in den Krankenhäusern gebe, liege an der Privatisierung im Gesundheitswesen: „Im Jahre 2020 sind allen Ernstes 21 Kliniken in Deutschland geschlossen worden“, sagt Korte. „Was sind das denn bitte schön für Zustände?“
Für die Grünen fordert Kordula Schulz-Asche eine Ausstiegsperspektive aus dem Lockdown. Die Menschen seien mürbe von immer neuen und uneinheitlichen Beschränkungen. Zugleich räumt Schulz-Asche aber ein, dass die Zahl der Neuinfektionen noch zu langsam sinke.
AfD fordert Rücktritt des gesamten Kabinetts
Völlig andere Töne schlägt die AfD an – wie zuletzt so oft beim Thema Corona. Es sei alles Panikmache, lässt sich die These des AfD-Abgeordneten Armin Paul Hampel zusammenfassen. „85 Prozent der Infizierten sind von dieser Krankheit gar nicht oder nur leicht bedroht“, so Hampel. „15 Prozent der Infizierten sind gefährdet, ein geringer Teil von ihnen an Leib und Leben.“ Und genau diese sehr alten Menschen habe die Bundesregierung seit zehn Monaten alleingelassen, kritisiert er – und fordert gleich das gesamte Bundeskabinett zum Rücktritt auf.
Für die Unionsfraktion lenkt Carsten Linnemann das Augenmerk auf ganz andere Betroffene der Pandemie: die Unternehmer in den Branchen, die praktisch stillstehen. Zu ihnen zählten Messebau, Künstler, Gastronomie oder Schausteller. „Diese Unternehmer sagen zu mir: Wir möchten gar nicht Bittsteller sein – wir möchten wieder arbeiten und brauchen eine Perspektive“, berichtet Linnemann. „Und über diese Perspektive müssen wir reden.“
Hilde Mattheis, Gesundheitspolitikerin der SPD, richtet erneut eine verhaltene Kritik an den Bundesgesundheitsminister: Die Beschaffung der Impfstoffe müsse effektiver und transparenter werden, fordert sie. Mattheis lobt aber auch, dass die Pandemie eine große Solidarität in weiten Teilen der Gesellschaft ausgelöst habe.