„Richtig scheiße gelaufen“: Scholz rastet wegen Impf-Debakel aus und greift von der Leyen an
4. Februar 2021
Ethikrat lehnt Sonderrechte für Geimpfte weiter ab
10.05 Uhr: Der deutsche Ethikrat lehnt Sonderrechte für Geimpfte weiterhin ab. Das teilte der Rat am Donnerstag auf einer Pressekonferenz mit.
Kipping will Lehrer und Erzieherinnen früher impfen lassen
09.12 Uhr: Linken-Chefin Katja Kipping fordert, Beschäftigte in bestimmten Berufen früher gegen Corona impfen zu lassen. „Es ist überhaupt nicht erklärbar, warum Pflegekräfte in der ambulanten Pflege nicht zusammen mit den Kolleginnen und Kollegen im Krankenhaus zu den ersten gehören, die geimpft werden“, sagte Kipping der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ vom Donnerstag. Auch sei es ein Fehler, dass Erzieherinnen und Lehrkräfte bei der Impfung keine Priorität hätten.
Es sei „absurd“, so Kipping, dass Schulen und Kitas geschlossen sind, man es aber nicht für dringend erachte, „Lehrkräfte, die täglich vor Hunderten Menschen sprechen müssen, zu impfen“. Aus ihrer Sicht war es falsch, die Impfstrategie nicht im Bundestag zu diskutieren. „Hätte man die Vorschläge einer transparenten Debatte unterzogen“, wären offensichtliche Fehler aufgefallen, sagte Kipping.
Beim Thema Impf-Debakel platzte Vizekanzler Scholz der Kragen: „Richtig scheiße gelaufen“
Donnerstag, 4. Februar, 06.38 Uhr: Am Montagabend im Corona-Kabinett riss Vizekanzler Olaf Scholz endgültig der Geduldsfaden. Entnervt über das Impf-Debakel soll er im Kanzleramt auf die EU-Kommission und deren Präsidentin Ursula von der Leyen losgegangen sein. Das will die „Bild“ von mehreren Kabinettsmitgliedern erfahren haben.
Demnach sei die Impfstoff-Bestellung „richtig scheiße gelaufen“, wütete Scholz in Richtung EU-Kommission. Persönlich habe er wenig Lust darauf, „dass sich der Scheiß jetzt wiederholt“ bei der Impfkampagne hierzulande.
Schließlich scheute er auch nicht davor zurück, von der Leyen beim Namen zu nennen und ihr die Schuld für das Impf-Debakel zuzuweisen. Denn „was in Brüssel“ mit der EU-Kommission und von der Leyen vor sich gehe, „sei die nächste Sauerei“.
Wie die „Bild“ berichtet, habe Bundeskanzlerin Angela Merkel den Vizekanzler schimpfen lassen. Als der Name der EU-Kommission-Präsidentin fiel, soll sie die Wuttirade allerdings beendet haben.
Mittlerweile sei Merkel jedoch die einzige Politikerin, die die EU-Kommissionspräsidentin verteidige, hieß es in hochrangigen Unionskreisen. Angeblich würde von der Leyen seit einigen Tagen im politischen Dunstkreis von Brüssel und Berlin nach Parteikollegen suchen, die ihr im Impf-Debakel den Rücken stärken und sich öffentlich zu ihr bekennen könnten.
Bis auf Merkel und den CDU-Europa-Abgeordneten Peter Liese fühlte sich laut „Bild“-Informationen dazu aber noch niemand bemüßigt.
Der mit Kraftausdrücken gespickte Angriff von Scholz auf die EU-Kommission und von der Leyen überraschte auch SPD-Co-Vorsitzende Saskia Esken. „Tatsächlich muss man sagen: Olaf Scholz geht nicht oft auf die Art und Weise aus sich raus“, sagte sie in der RTL-Sendung „Guten Morgen Deutschland“. „Da ist schon einiger Ärger zusammengekommen.“
Bereits Ende Januar, noch vor dem Impfgipfel, hatte Scholz die EU hinsichtlich der Impfstoff-Beschaffung kritisiert. „Es wäre gut gewesen, Europa hätte mehr Impfstoff bestellt. Viel weiter über den eigenen Bedarf hinaus“, sagte er im Gespräch mit der „Süddeutschen Zeitung“. Schon vor gut einer Woche sah er von der Leyen in der Schuld. „Wenn die Kommission von uns weitere Finanzmittel erbeten hätte, hätten wir auch der EU zusätzliches Geld überwiesen.“
Schwesig widerspricht Merkel: Bestimmt nicht alles richtig gelaufen bei Impfstrategie
23.03 Uhr: Mecklenburgs-Vorpommerns Regierungschefin Manuela Schwesig (SPD) hat der Einschätzung der Kanzlerin Angela Merkel (CDU) widersprochen, wonach bei der Impfstoff-Bestellung durch die EU „im Großen und Ganzen nichts schief gelaufen“ sei. „Wenn andere Länder schneller impfen können als wir, ist bestimmt nicht alles richtig gelaufen“, sagte Schwesig dem „Spiegel“.
„Es ist schon ein großes Problem, dass wir die Älteren nicht schneller impfen können.“ Hoffnungen auf baldige Lockerungen des Lockdowns in der Corona-Pandemie erteilte Schwesig eine Absage. Erst bei einer Inzidenz von deutlich unter 50 Neuinfizierten pro 100 000 Einwohnern in sieben Tagen könne es „größere Öffnungen“ geben. Sie sei aber skeptisch, dass dies bis Mitte Februar in ganz Deutschland erreicht werden könne. Sie schlug deshalb vor, regional vorzugehen: „Wo die Zahlen niedrig sind, kann man früher lockern.“
Am Mittwoch kommender Woche wollen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten darüber entscheiden, ob der zunächst bis zum 14. Februar befristete Lockdown verlängert wird. Auf die Frage, ob dann auch eine Strategie von Bund und Ländern komme, die den Weg aus dem Lockdown aufzeige, sagte Schwesig: „Wir brauchen diesen Perspektivplan mit Öffnungsschritten, und ich hoffe, dass wir nächste Woche dafür eine Einigung finden.“