Landtags-SPD dreht an der Lohnschraube

4. Februar 2021 Aus Von mvp-web
Stand: 04.02.2021 16:18 Uhr

Mecklenburg-Vorpommern ist bundesweit noch immer das Land mit den niedrigsten Löhnen – nirgends wird so schlecht bezahlt wie im Nordosten. Die Landtags-SPD unternimmt im Wahljahr einen Versuch, das zu ändern.

von Von Stefan Ludmann, NDR 1 Radio MV Aktuell

Knapp acht Monate vor der Landtagswahl startet die SPD-Fraktion einen neuen Vorstoß für ein Tariftreue-Gesetz in Mecklenburg-Vorpommern. Öffentliche Aufträge von Land und Kommunen sollen nur noch an Unternehmen gehen, die ihren Beschäftigten Tariflöhne zahlen. Die Sozialdemokraten haben auf ihrer Winterklausur einen Gesetzentwurf verabschiedet und wollen den jetzt gemeinsam mit der CDU in den Landtag einbringen.

„MV muss raus aus dem Lohnkeller“

Nach Ansicht der SPD muss Mecklenburg-Vorpommern endlich raus aus dem Lohnkeller. Unter dem Motto „Gute Löhne, gute Arbeit“ hat die SPD erste Vorstellungen bereits vor einem Jahr angekündigt – ebenfalls nach einer Winterklausur. Aus Basis eines Rechtsgutachtens präsentiert die Fraktion jetzt ihren Gesetzentwurf.

Nur 23 Prozent der Betriebe in MV sind tarifgebunden

Der bisher gültige Vergabe-Mindestlohn reicht den Sozialdemokraten, die seit 1998 das Land regieren, nicht mehr aus. Nach dieser Regel gibt es öffentliche Aufträge für Unternehmen nur, wenn die ihren Beschäftigten einen festgelegten Mindestlohn von 10 Euro 35 zahlen. Die Summe liegt deutlich unter den Tariflöhnen in vielen Branchen. „Ein Tariftreue-Gesetz soll der Wirtschaft Druck machen“, sagte SPD-Fraktionschef Thomas Krüger bei der Vorstellung der Pläne. Allerdings sind nur 23 Prozent aller Betriebe in Mecklenburg-Vorpommern tarifgebunden. Und die sieht der SPD-Wirtschaftsexperte Jochen Schulte bisher im Nachteil. Sie könnten wegen höherer Personalkosten bei Aufträgen nicht mithalten und hätten im Wettbewerb mit billigeren Anbietern das Nachsehen. „Das muss sich ändern“, so Schulte.

CDU lehnt Tariftreue-Gesetz ab

Seine SPD-Fraktion weiß, dass sie beim Koaltionspartner CDU auf Widerstand stößt. Deren Reaktion ließ nicht lange auf sich warten: „Wir werden dem nicht zustimmen“, erklärte Fraktionschef Wolfgang Waldmüller. Der Vorschlag der SPD komme angesichts der Corona-bedingt schwierigen Lage vieler Unternehmen „zur Unzeit“. Für die Betriebe dürfe es keine weiteren Belastungen geben. Außerdem würde eine strenge Tarifbindung viele kleinere Betriebe auf dem Land von öffentlichen Aufträgen „faktisch ausschließen“, so Waldmüller. Laut Koalitionsvertrag müssen beide Partner hinter Politik-Vorhaben stehen. Mit dem klaren Nein der CDU sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass der Gesetzentwurf noch vor der Wahl im Landtag beraten wird.

Linke ist für eine Neu-Regelung

Widerstand kommt auch aus der Wirtschaft. Gerade kleinere Betriebe könnten sich das nicht leisten. Der Geschäftsführer der Vereinigung der Unternehmensverbände, Sven Müller, warf der SPD vor, „Nebelkerzen“ zu werfen. Die SPD-Fraktion verkenne das wirkliche Leben. „Wer glaubt, durch ein Tariftreue-Gesetz mehr Tarifbindung zu erwirken, glaubt auch, dass Weihnachtsmann und Osterhase gemeinsam Urlaub machen.“ Die Linke dagegen ist für die Neu-Regelung. Beifall kam vom DGB-Nord. Sein Vizevorsitzender Ingo Schlüter meinte, Tarifverträge sicherten Beschäftigten gute Löhne und sichere Arbeitsbedingungen. Nur mit mehr Tarifbindung könne der Standort Mecklenburg-Vorpommern im Lohnwettbewerb mithalten.