Schwierige Rückkehr zur Normalität – Droht mir jetzt die Kündigung? Was Sie zum Ende der Kurzarbeit wissen müssen
2. Juni 2020Millionen Deutsche sind wegen der Corona-Krise vorübergehend in Kurzarbeit gegangen. Das bedeutet finanzielle Einbußen – soll aber die Firma und damit den Job retten. Nun kehrt langsam wieder Normalität ein. Doch was bedeutet das konkret? Fachanwalt Christoph Kurzböck klärt die wichtigsten Fragen.
Die Corona-Krise wirbelt den Arbeitsmarkt massiv durcheinander. Wie die Bundesagentur für Arbeit Ende April bekanntgab, gingen im Zuge der Krise für mehr als 10 Millionen deutsche Beschäftigte Anmeldungen für Kurzarbeit ein – mehr als dreimal so viel wie im Rekordjahr 2009. Während die einen Mitarbeiter bereits wieder an den Arbeitsplatz zurückgeholt werden, sehnen sich viele andere noch in Kurzarbeit weilende Beschäftigte eine Rückkehr zur Normalität herbei.
Da das Thema Kurzarbeit für zahlreiche Betriebe und deren Beschäftigte neu ist, besteht vielerorts Unsicherheit darüber, wie es nach der Kurzarbeit weitergehen kann. Hierbei stellen sich auch rechtliche Fragen. Die wichtigsten Antworten darauf finden Sie hier.
1. Kann mir während der Kurzarbeit gekündigt werden?
Grundsätzlich kann der Arbeitgeber auch dem Mitarbeiter, der sich in Kurzarbeit befindet, eine Kündigung aussprechen. Im Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes hat in der aktuellen Krisensituation vor allem die betriebsbedingte Kündigung an Bedeutung gewonnen. Diese setzt jedoch einen dauerhaften Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit für den Arbeitnehmer voraus.
2. Zeitpunkt der Rückkehr aus der Kurzarbeit
Ist im Arbeits-, Betriebs- oder Tarifvertrag ein bestimmter Zeitraum für die Kurzarbeit vereinbart, endet sie mit dessen Ablauf. Die Kurzarbeit endet außerdem automatisch, sobald ihre gesetzlichen Voraussetzungen, insbesondere der Arbeitsausfall, weggefallen sind. Einfach zu beurteilen sind hierbei die Fälle, in denen der Betrieb nach einer behördlich angeordneten Schließung wieder voll aufgenommen werden kann. Aber auch, wenn die Produktion aufgrund der eingetroffenen Lieferungen wieder anlaufen kann oder vielzählige Neuaufträge eingehen, kann sich der Beschäftigungsbedarf wieder erhöhen.
Kein Beispiel eines Arbeitsausfalls liegt hingegen vor, wenn der Arbeitnehmer aufgrund seines Gesundheitszustands nicht an den Arbeitsplatz zurückkehren kann oder will, etwa weil er zur Risikogruppe gehört oder seine Kinder betreuen muss. In diesen Fällen sollten Beschäftigte proaktiv auf ihren Vorgesetzten zugehen, um eine individuelle Lösung – etwa die Arbeit in einem abgetrennten Büro bzw. aus dem Homeoffice oder die Notbetreuung für die Kinder – zu finden.
3. Die Pflichten des Arbeitgebers
Holt der Arbeitgeber seine Beschäftigten wieder in den Betrieb zurück, muss er alle ihm zumutbaren Maßnahmen ergreifen, um seine Mitarbeiter möglichst effektiv vor einer Ansteckung mit COVID-19 zu schützen. Konkretisiert werden die Pflichten vor allem im „Arbeitsschutzstandard COVID-19“ des Bundesarbeitsministeriums.
Je nach Art, Größe und Lage des Arbeitsplatzes und der konkreten Gesundheitsbedrohung innerhalb des Betriebs können sich auch darüber hinausgehende Pflichten ergeben. Hierbei muss der Arbeitgeber stets berücksichtigen, dass die von ihm angeordneten Schutzmaßnahmen die Rechte der Beschäftigten nicht unverhältnismäßig beschneiden dürfen.
Dass zwischen einer noch zulässigen Fürsorgemaßnahme des Arbeitgebers und einem unverhältnismäßigem Eingriff in die Arbeitnehmerrechte oftmals ein schmaler Grat liegt, zeigt die kürzlich ergangene Unterlassungsverfügung des Arbeitsgerichts Wesels, die Amazons Betriebsrat in Rheinberg erwirkte (Beschl. v. 24.4.2020 – 2 BVGa 4/20; noch nicht rechtskräftig): Um die Einhaltung der betrieblich vorgeschriebenen Sicherheitsabstände von mindestens zwei Metern zu kontrollieren, wurden die Arbeitnehmer mit Videokameras überwacht. Die Verarbeitung der Bilder und Videos und deren Übermittlung an Dritte zu diesem Zweck erklärte das Gericht für unzulässig.
4. Die Pflichten des Arbeitnehmers
Den Arbeitnehmer trifft bei sämtlichen Schutzmaßnahmen, die der Arbeitgeber im Wege seines arbeitgeberseitigen Direktionsrechts anordnet, eine Mitwirkungspflicht. Befolgt der Arbeitnehmer die rechtmäßigen Anweisungen des Arbeitgebers nicht, kann dies unter Umständen – je nach Schwere des Verstoßes – zu einer Abmahnung bis hin zu einer Kündigung führen.
Fazit: Jetzt ist offene Kommunikation gefragt
Die derzeitige Situation hat für viele Betriebe und ihre Beschäftigen dramatische wirtschaftliche Folgen. Der gegenseitigen Rücksichtnahmepflicht von Arbeitgeber und Arbeitnehmer kommt in diesem Zusammenhang eine besonders hohe Bedeutung zu.
Nicht nur, aber auch durch die Anordnung von Kurzarbeit werden Betriebe ihrer Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern gerecht, indem sie zunächst Entlassungen verhindern. Für viele Arbeitnehmer ist jedoch die Phase während der Kurzarbeit mit einer hohen Unsicherheit verbunden. Betriebe sollten sich dieser Tatsache bewusst sein und daher auf eine intensive und frühzeitige Kommunikation mit ihren Mitarbeitern setzen.