Panne bei Lieferung von Corona-Impfstoff von AstraZeneca in MV

Panne bei Lieferung von Corona-Impfstoff von AstraZeneca in MV

16. Februar 2021 Aus Von mvp-web
Stand: 16.02.2021 18:52 Uhr

In Mecklenburg-Vorpommern hat es offenbar eine Panne mit dem Corona-Impfstoff von AstraZeneca gegeben. In einigen Fällen ist er möglicherweise zu kalt geliefert worden.

7.200 Impfdosen von AstraZeneca sind am Montag in Mecklenburg-Vorpommern angekommen. Der Impfstoff muss im Bereich von plus zwei bis plus acht Grad ausgeliefert werden. In einigen Fällen soll die Temperatur bei der Auslieferung an die Impfzentren niedriger gewesen sein, erklärte das Gesundheitsministerium. Daraufhin wurden Impfungen vorsorglich ausgesetzt.

Gesundheitsminister Harry Glawe (CDU) forderte eine rasche Aufklärung. Krankenhäuser und Impfzentren seien informiert. Viele Fragen sind noch offen, beispielsweise ob und wenn ja, wie viele der Dosen bereits verimpft wurden. Mit der zuständigen Stelle für Arzneimittelüberwachung werde nun auch geklärt, ob der Impfstoff trotz der möglicherweise zu kühlen Lagerung weiter verwendet werden kann. Bis dahin befindet er sich – wie es heißt – in Quarantänelagerung.


Drosten: AstraZeneca ist kein zweitrangiger Corona-Impfstoff

Stand: 16.02.2021 17:30 Uhr

In der neuen Folge des NDR Info Podcasts Coronavirus-Update stellt der Virologe Christian Drosten klar: Es gebe keinen Grund, den Corona-Impfstoff von AstraZeneca als zweitrangig zu betrachten. Deutschland müsse alles daran setzen, so schnell wie möglich in der Breite zu impfen.

von Marc-Oliver Rehrmann

Ist der Corona-Impfstoff von AstraZeneca besser als sein Ruf? „Ja, das kann ich ohne Zögern sagen“, betont Drosten. „Wenn ich mir die öffentliche Diskussion in Deutschland anschaue, ist da vieles falsch verstanden worden.“ Die Kommunikation vonseiten der Impfstoff-Entwickler sei nicht glücklich verlaufen. Die Universität Oxford, die den Impfstoff mitentwickelt hat, habe zu früh zu kleine Daten-Häppchen veröffentlicht, aus denen dann voreilige Schlüsse gezogen worden seien. Der Impfstoff von AstraZeneca sei sehr gut, unterstreicht Drosten.

In Deutschland ist der Einsatz des Impfstoffs von AstraZeneca zunächst nur für die Altersgruppe von 18 bis 64 Jahre empfohlen. Die Daten der Hersteller reichen nicht aus, um die Wirksamkeit der Impfung in der Altersgruppe ab 65 Jahre beurteilen zu können, hatte die Ständige Impfkommission dazu mitgeteilt.

Auch auf den Impfstoff von AstraZeneca bauen

Drosten zeigt sich sicher, dass der Impfstoff von AstraZeneca dennoch ein wichtiger Baustein im Kampf gegen die Corona-Pandemie ist. „Wir haben in Deutschland die Chance, frühzeitig aus dieser Pandemie herauszukommen. Das kann im zweiten Quartal plötzlich Schlag auf Schlag gehen“, sagt Drosten. Aber das könne nur gelingen, wenn die Politik bei ihrer Impf-Strategie auch auf den Impfstoff von AstraZeneca baue – und nicht nur auf das Vakzin von Biontech/Pfizer.

„So schnell wie möglich in der Breite impfen“

„Wir müssen alles daran setzen, so schnell wie möglich in der Breite zu impfen“, sagt der Virologe der Berliner Charité. Die vorhandenen Impfstoffe seien extrem gut. „Es gibt immer ein Haar in der Suppe, und manche schauen da mit einem Vergrößerungsglas drauf – das sollte man nicht tun. Man sollte eher überlegen, was man selbst beitragen kann im Kampf gegen die Pandemie.“

Zwei gute Gründe für eine Corona-Impfung

Aus Sicht des Virologen sprechen zwei Punkte dafür, sich für eine Corona-Impfung zu entscheiden: „Zum einen ist ganz klar: Wenn ich mich impfen lassen, brauche ich keine Angst mehr vor einem schweren Verlauf der Krankheit zu haben. Ich lasse mich aber auch impfen, weil ich weiß, dass meine Impfung der gesamten Bevölkerung hilft, wenn ich das Virus nicht mehr weitergebe.“

Schon die erste Impfung hat „erstaunlichen Schutzeffekt“

Drosten verweist an dieser Stelle auf Daten aus Israel, wo bereits ein sehr großer Teil der Bevölkerung zumindest die erste Impfdosis erhalten hat. Dort zeigt sich: Wenn etwa die Hälfte einer Altersgruppe auch nur mit einer Dosis versehen ist, nimmt die Zahl der Neuinfektionen in dieser Altersgruppe insgesamt deutlich ab. „Das ist ein erstaunlicher Schutzeffekt“, so Drosten.

In Israel wird nur der Biontech-Impfstoff verwendet. Aber hinsichtlich der Wirkung ergibt sich beim AstraZeneca-Produkt kein wesentlich anderes Bild. „Die Daten, die für die Vakzine von Biontech/Pfizer und AstraZeneca vorliegen, sind sehr ermutigend. Man kann vermuten, dass die Übertragbarkeit durch die Impfung insgesamt verhindert wird.“

Die Viruslast nimmt bei Geimpften offenbar stark ab

Auch zu der Frage, ob Geimpfte das Virus noch an Mitmenschen weitergeben können, gibt es neue Erkenntnisse aus Israel. „Man kann sich als Geimpfter ja weiterhin mit dem Coronavirus infizieren. Aber die Frage ist, wie schwer diese Infektion bei Geimpften noch ausfällt“, sagt Drosten. Zwei Studien aus Israel legen nun den Schluss nahe, dass die Viruslast bei Geimpften nicht mehr so hoch ist wie bei Nicht-Geimpften. Das heißt: Im Labor sind bei den geimpften Patienten nach einer Ansteckung nur so wenig Viren nachzuweisen, dass sich sagen lässt: Der Patient ist dank der Impfung praktisch nicht mehr ansteckend.

Müssen Impfstoffe an die Mutationen angepasst werden?

Das Auftreten von Coronavirus-Mutationen muss nach Auffassung von Drosten vorerst keine Auswirkungen auf das hiesige Impf-Programm haben. Zudem sollte sich niemand durch Berichte über die Coronavirus-Mutationen von einer Impfung abhalten lassen. „Es wäre eine komplett falsche Überlegung, erst mit einer Impfung abzuwarten, bis ein upgedateter Biontech-Impfstoff vorliegt, bevor ich AstraZeneca nehme“, stellt der Virologe klar. Besser sei, sich sofort impfen zu lassen, wenn man an der Reihe ist.

„Für Deutschland würde ich im Moment bei der derzeitigen Verteilung von Mutanten gar nicht davon ausgehen, dass man in allzu naher Zukunft so ein Update bei den Impfstoffen bräuchte. Wir werden sehr gut mit den jetzt verfügbaren Impfstoffen klarkommen.“


Johnson & Johnson beantrag Impfstoff-Zulassung

Inzwischen hat der US-Hersteller Johnson & Johnson in der EU eine Zulassung für seinen Corona-Impfstoff beantragt. Die europäische Arzneimittelbehörde will das Vakzin bis Mitte März prüfen und darüber entscheiden. Es wäre der vierte Corona-Impfstoff mit einer bedingten Marktzulassung für die Europäische Union. Das Vakzin von Johnson & Johnson hätte eine Besonderheit: Voraussichtlich reicht eine Dosis zur Immunisierung. Alle übrigen derzeit genutzten Impfstoffe müssen zweimal gespritzt werden.