Vor Bund-Länder-Beratungen Wirtschaft fordert „klare und planbare Perspektive“
26. Februar 2021Stand: 26.02.2021 13:24 Uhr
Die Schulen werden schrittweise geöffnet – was Geschäfte und Restaurants betrifft, weiß niemand, wie es weitergeht. Vor den Beratungen von Wirtschaftsminister Altmaier mit seinen Länderkollegen machen die Verbände nun Druck – und fordern von der Politik eine klare Perspektive.
Angesichts des wochenlangen Lockdowns warnen Wirtschaftsverbände Bund und Länder vor schweren wirtschaftlichen Folgen und dringen auf ein konkretes Öffnungskonzept. In einer vom Bundeswirtschaftsministerium verfassten „Gesprächsgrundlage“ für die Beratungen der Wirtschaftsminister von Bund und Ländern heißt es, viele Unternehmen erhofften sich Hinweise auf eine konkrete zeitliche Perspektive, damit mehr Planbarkeit und Berechenbarkeit möglich würden.
Zuvor hatten mehr als 40 Verbände Öffnungskonzepte an Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) übersandt. Der wochenlange Lockdown mit der Schließung etwa der Gastronomie und vieler Einzelhandelsgeschäfte war zuletzt von Bund und Ländern noch einmal bis zum 7. März verlängert worden.
„Drastische Verschärfung ihrer wirtschaftlichen Lage“
Im Papier des Wirtschaftsministeriums werden wesentliche Feststellungen und Vorschläge der Verbände zusammengefasst. Die lange Dauer des derzeitigen Lockdowns habe erhebliche Auswirkungen auf betroffene Unternehmen und führe teilweise zu einer „drastischen Verschärfung ihrer wirtschaftlichen Lage“, heißt es in dem Papier. Dies führe in vielen Fällen „zu einer Bedrohung ihrer wirtschaftlichen Existenz und zu der Gefahr eines längerfristigen Substanzverlustes der deutschen Volkswirtschaft: Arbeitsplatzverluste, Insolvenzen, weniger Ausbildungsplätze, rückläufige Zahl von Neugründungen, Attraktivitätsverlust vieler Innenstädte wären die Folge.“
Die Verbände fordern eine „klare und planbare Perspektive“ für die Öffnung der geschlossenen Unternehmen. „Die große Mehrheit der Verbände spricht sich für ein branchenübergreifendes Öffnungskonzept aus.“ Damit solle verhindert werden, dass einzelne Bereiche benachteiligt würden. Antigen-Schnelltests und Selbsttests müssten zudem eine wichtige Rolle spielen, um Öffnungen zu ermöglichen. Neben der generellen Verfügbarkeit komme es dabei auch auf die reibungslose und schnelle Durchführung an.
RKI: „Selbsttests sind keine Wunderwaffe“
Das Robert Koch-Institut warnte jedoch vor einer Überschätzung von Selbsttests in der Pandemie-Bekämpfung. „Selbsttests sind keine Wunderwaffe“, sagte RKI-Präsident Lothar Wieler bei einer Pressekonferenz mit Gesundheitsminister Spahn. Die Erwartung, dass man sich für bestimmte Situationen „freitesten“ könne, sei nicht hundertprozentig zu erfüllen. Ein negatives Ergebnis sei eine Momentaufnahme und schließe eine Infektion nicht aus: „Man kann trotzdem infiziert sein und andere anstecken“, betonte er. Deshalb sei es wichtig, sich und andere auch weiter durch Abstandhalten, Maskentragen, Hygiene und Lüften zu schützen.
Söder: „Eine generelle Öffnungshektik hilft niemandem“
Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder mahnte angesichts möglicher Lockerungen zu „Vernunft und Vorsicht“ und warnte vor vorschnellen Öffnungen: „Wir dürfen angesichts der Mutation keinen Blindflug starten. Eine generelle Öffnungshektik hilft niemandem.“
Weil: Mehr Freiheiten für Getestete
Derweil gab sich Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) optimistisch, dass im Kampf gegen die Corona-Pandemie in absehbarer Zeit eine Wende gelingen könne: „Wir befinden uns gerade in einer extrem schwierigen Phase, die uns allen sehr viel abverlangt“, sagte Weil der „Braunschweiger Zeitung“. „Impfungen und Schnelltests werden uns in den nächsten Monaten aber ein ganzes Stück voranbringen, davon bin ich überzeugt.“
Weil regte an, in der nicht nur geimpften Menschen, sondern auch aktuell Getesteten mehr Freiheiten zu geben. „Wir können nicht nur an die einstweilen wenigen Glücklichen, die geimpft sind, denken.“ Es sei klar, dass man weiter Maske tragen, Abstand halten und Hygienekonzepte beachten müsse. Dennoch eröffne sich mit Impfen, Testen und Schutzmaßnahmen wieder deutlich mehr Spielraum, sagte der Ministerpräsident.