Corona-Selbsttests: Skepsis und Zustimmung

4. März 2021 Aus Von mvp-web
Stand: 04.03.2021 17:42 Uhr

Nun sollen sie kommen: Selbsttests sollen ihren Teil dazu beitragen, öffentliches Leben wieder Zug um Zug möglich zu machen. Einfache Tests, für die niemand eine medizinische Vorbildung braucht, um sie durchzuführen. Und die nach einer Viertelstunde ein Ergebnis liefern.

Noch sind sie höchsten im Internet zu bestellen. Aber Discounter wollen diese Tests schon ab kommenden Sonnabend zum Verkauf anbieten, Drogeriemärkte und Supermärkte wollen nachziehen. Können diese Tests bei der Öffnung von Schulen, Geschäften oder Restaurants helfen, wie die Politik es plant? Experten fürchten, die Fehlerquote dieser Selbsttests könnte zu hoch sein. Professor Dr. Karsten Becker, Direktor des Friedrich-Loeffler-Intituts für Medizinische Mikrobiologie der Universitätsmedizin Greifswald, ist skeptisch, was Schnelltests und Selbsttests angeht. “Schnelltests sind nicht so sicher wie die PCR-Testungen, die durch ein Labor ausgewertet werden”, sagt Becker.

Appell an die Eigenverantwortung

Er gibt außerdem zu bedenken, dass es noch mehr unbhängige Untersuchungen und Studien zu den Eigenschaften der Schnelltests geben sollte. Soll heißen: “Ein positives Schnelltestergebnis sollte unbedingt durch einen PCR-Test bestätigt werden”, meint der Experte. Natürlich kommt es bei den Schnelltests auch auf die Eigenverantwortung der Menschen an. Sie müssen sich korrekt verhalten, wenn ihr Schnelltest ihnen eine Corona-Infektion anzeigt. Das bedeutet, sich in häusliche Isolation zu begeben und das Ergebnis so schnell wie möglich mit einem PCR-Test bestätigen zu lassen.

Rostock geht Sonderweg

Um Schulen offen zu halten, will die Hansestadt Rostock einen eigenen Weg gehen. Sie hat mit dem in Rostock ansässigen Medizin-Unternehmen Centogene ein Pilotprojekt vereinbart. Zwei Mal wöchentlich sollen Schüler getestet werden, begonnen wird in der kommenden Woche mit den Abschlussklassen von 25 Schulen. Der Test der Firma Centogene ist allerdings ein klassischer PCR-Test, der im Labor untersucht wird. Die Schüler können den Test selber durchführen und sich registrieren. Sie erfahren nach Angaben des Unternehmens nach 36 Stunden das Ergebnis. Rostocks Oberbürgermeister Claus Ruhe Madsen (parteilos) sieht das Pilotprojekt als Teil der Strategie, schrittweise zu öffnen. “Mit dem Rostocker Schulprojekt möchten wir in dieser wichtigen Phase der Pandemie eine Blaupause für eine sichere Öffnung unserer Schulen aufzeigen und durch datenbasiertes Handeln erneute Schulschließungen möglichst verhindern.“, sagt Madsen.

Schweriner OB zurückhaltend

Wie es mit möglichen Schnelltests – durchgeführt durch medizinisch geschultes Personal oder gar Selbsttests – in Mecklenburg-Vorpommern funktionieren soll, darüber herrscht noch keine Klarheit. In den Kommunen des Landes wartet man zum Teil auf Vorgaben des Landes. Ein anderer Teil arbeitet nach eigener Aussage mit Hochdruck an einer Umsetzung einer möglichen Schnelltest-Strategie. Schwerins Oberbürgermeister Rico Badenschier (SPD) hat sich auch dem NDR gegenüber immer wieder kritisch zu Selbsttests geäußert. Er fürchtet, sie könnten durch falsche Ergebnisse eine vermeintliche Sicherheit geben. Der Landrat des Landkreises Rostock, Sebastian Constien (SPD),  begrüßt die Festlegungen auf Schnelltests. Die Strategie zur Umsetzung müsse aber beim Land liegen, meint Constien.

Gewerkschafter will Tests für Arbeitnehmer

Vom DGB Nord kommt die Forderung, Schnelltests auch für Betriebe einzuführen. DGB-Nord-Vize Ingo Schlüter meint: “Beschäftigten, die in Präsenz arbeiten, müssen kostenlose Tests angeboten werden.” Die Kosten müssten vom Arbeitgeber getragen werden. “Wer weitere Öffnungen will, muss auch für den größtmöglichen Schutz seiner Beschäftigten sorgen”, so der Gewerkschafter. Und die Industrie und Handelskammer Rostock sieht noch einigen Klärungsbedarf. Präsident Matthias Belke meint, gerade kleine Betriebe stünden vor großen finanziellen und personellen Herausforderungen bei einem Restart nach dem Lockdown: “Wir empfehlen der Landesregierung daher, die geforderten Testkapazitäten auch für die betriebliche Testung kostenfrei und im erforderlichen Umfang vorzuhalten.”